Stolpersteine Auch ohne Spuren unvergessen
Zu letzten Mal lud Joachim Gremmes zum Setzen von Stolpersteinen ein. An fünf Orten erinnern die Mahnmale an jüdische Schicksale in Burg.
Burg l Sie sind klein, haben eine Kantenlänge von gerade einmal zehn Zentimetern. Doch die Wirkung der würfelförmigen Stolpersteine ist groß. Sie werden vor Häusern in den Gehweg eingelassen, erinnern so an jüdische Familien, die dort lebten, dann deportiert, verschleppt, ermordet wurden. Joachim Gremmes hat diese Initiative von Gunter Demnig 2003 aufgegriffen, um an jüdisches Leben, jüdische Schicksale in Burg zu erinnern. 27 Stolpersteine sind seitdem gesetzt worden.
Zum vorerst letzten Mal lud Gremmes am Sonnabend zum Verlegen von Stolpersteinen ein. „Ich habe noch sechs oder acht Namen, aber keine weiteren Informationen, das reicht nicht“, erklärte er den rund 20 Zuhörern. Sie standen vor dem ersten von fünf Häusern, an denen sieben Stolpersteine eingelassen werden sollten. Schon jetzt sei es schwierig gewesen, an Angaben heranzukommen. Währen der in der Anfangszeit sogar mit Verwandten in Haifa, New York oder Bremen in Kontakt getreten sei, würden die Nachrichten nun immer spärlicher.
Der Schuhmacher Isaak Sass wohnte in der Nachstraße 5. Er wurde am 17. Februar 1890 in Westpommern geboren. Das Datum seiner Deportation ist unbekannt. Am 18. Juni 1943 kam er in dem Arbeitserziehungslager in Watenstedt-Hallendorf ums Leben.
„Auch Kinder interessieren sich schon für das Thema“, sagte Maria Kamphans im Gespräch mit der Volksstimme. Sie ist Religionslehrerin an der Evangelischen Grundschule und bespricht das Thema Juden in Burg und ihre Schicksale in der dritten und vierten Klasse. „Ich finde es wichtig, damit rechtzeitig anzufangen, bevor sie als Jugendliche rechte Tendenzen verfolgen“, sagte sie.
Esther und Heinrich Strumpfmann lebten in der Hainstraße 9. Sie war Händlerin aus Warschau, wurde am 10. Oktober 1881 geboren. Außer ihrer Deportation ist nichts weiter über ihr Schicksal bekannt, über ihren Ehemann gibt es gar keine Informationen.
„Das jüdische Leben hatte keine große Bedeutung in Burg“, sagte Gremmes im Gespräch mit der Volksstimme. Es habe eine Hochzeit im späten 19. Jahrhundert gegeben, zu jener Zeit sei auch die Synagoge errichtet worden. Doch schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Nutzung als Synagoge aufgegeben, das Gebäude verkauft. „Das religiöse Zentrum war Genthin“, erklärte Gremmes.
Sacharja Sandbank war in der Kleinen Brahmstraße 8 zu Hause. Der Kaufmann aus Galizien wurde am 2. Juli 1905 geboren, am 28. Oktober 1938 im Rahmen der „Polenaktion“ nach Bentschen abgeschoben. Sein weiteres Schicksal und das seiner Familie sind unbekannt.
Dankbar ist Gremmes für das gute Miteinander mit der Stadt Burg. So habe der Stadtrat der Verlegung von Stolpersteinen zugestimmt, auch wenn es Stimmen gegeben habe, die meinten, man solle für das Geld lieber Bürgersteige absenken. „Es kostet die Stadt aber überhaupt nichts, es ist alles aus Spenden finanziert“, erläuterte er. Ein Stolperstein kostet 120 Euro.
Auch Burgs Bürgermeister Jörg Rehbaum (SPD) war dabei, hatte bei der Begrüßung davon gesprochen, wie schwer es ihm gefallen sei, seiner Tochter zu erklären, was damals in Deutschland passiert ist. „Man kann es nicht erklären, man kann es nur verachten“, sagte er.
Markt 28 war die Adresse von Georg Kamm. Er wurde am 25. September 1861 im polnischen Lublinitz geboren. Von Berlin aus wurde er am 6. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Im Ghetto Theresienstadt starb er am 29. Februar 1944. Über das Schicksal seiner Familie ist nichts bekannt.
Auf ihrem Weg wurde die Gruppe von zwei Polizisten begleitet. Schmährufe habe es in den Jahren nur aus der Distanz gegeben, erinnerte sich Gremmes. Allerdings seien Stolpersteine im Breiten Weg geschändet, „Lüge“ in schwarzer Schrift darüber geschmiert worden. Geisteshaltungen, die er nie verschwunden glaubte, doch jetzt würden sie vermehrt offen geäußert.
Die letzte Station war Markt 24, die Adresse von Lydia und Joachim Bogatz. Sie wurde am 27. November 1897 in Westpreußen geboren, irgendwann deportiert, Näheres ist nicht bekannt. Das Schicksal des Kaufmanns Joachim Bogatz ist gänzlich unbekannt, als Letztes gibt es einen Eintrag im Einwohnerbuch von 1934.