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  7. Green-Card-Lotterie gewonnen: Auswanderin (43) erzählt über neues Leben in den USA

Karriere mit Hindernissen Green-Card gewonnen: Wie eine Sachsen-Anhalterin ihr Leben in den USA neu erfand

Auswanderung in die USA: Kerstin Stiller wagt den Schritt, verlässt Deutschland und findet sich in einem neuen Leben wieder. Von der Green Card bis zur Karriere als Maschinenbauingenieurin: Für die 25-Jährige geht ein amerikanischer Traum in Erfüllung.

Von Thomas Pusch Aktualisiert: 18.09.2024, 16:14
Charlie Brown von den Peanuts traf Kerstin Stiller im Freizeitpark Kings Dominion in Doswell.
Charlie Brown von den Peanuts traf Kerstin Stiller im Freizeitpark Kings Dominion in Doswell. Foto: Kerstin Stiller

Schermen/Richmond. - Die USA waren schon immer der Traum von Kerstin Stiller aus Schermen. Mittlerweile lebt sie seit 18 Jahren im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dass ihr Auswanderer-Traum Wirklichkeit geworden ist, hat sie dem Zufall und viel Durchhaltevermögen zu verdanken. 

Während ihres Studiums des Industriedesigns an der Hochschule Magdeburg-Stendal wird Kerstin Stiller klar, dass die Berufsaussichten in Deutschland nicht gerade rosig sind. „Die Professoren an der FH haben gesagt, dass im Schnitt 150 bis 300 Bewerber auf eine freie Stelle kommen würden“, erzählt sie der Volksstimme.

Raumschiff Enterprise entdeckte sie im Air and Space Museum in Washington DC,
Raumschiff Enterprise entdeckte sie im Air and Space Museum in Washington DC,
Foto: Kerstin Stiller

Green-Card-Lotterie als Türöffner in die USA

Au Pair in den USA, das könnte doch etwas zum Überbrücken sein. Doch sie geht noch einen Schritt weiter, nimmt an der Green-Card-Lotterie teil – und gewinnt. Das verschafft ihr 2003 die Aussicht auf den ständigen Aufenthalt in den USA, inklusive Arbeitserlaubnis.

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Doch zunächst schließt sie ihr Studium ab. Parallel versucht sie, einen geeigneten Job in Amerika zu finden.

Das Foto zeigt sie in ihrem Haus im kleinen Kunststudio.
Das Foto zeigt sie in ihrem Haus im kleinen Kunststudio.
Foto: Kerstin Stiller

Die ersten Hürden im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Als Erstes landet die damals 25-Jährige im Freizeitpark Busch Gardens in Williamsburg im Bundesstaat Virginia. Dort arbeitet sie als Ride Operator. Ihr Job ist an verschiedenen Positionen rund um die Fahrgeschäfte, vom Helfen beim Ein- und Aussteigen bis zum Überprüfen, schauen, ob die Sicherheitsbügel richtig sitzen. Kein Job fürs Leben.

Im zweiten Jahr verschlägt es sie auf einen Golfplatz. Dort verkauft sie Eis, Snacks, alkoholische Getränke und Zigarren. Auch das ist noch nicht ihr Traumjob. Dort kommt es aber zu einer Begegnung, die sie in die richtige Richtung führt.

Von Job zu Job: Auf der Suche nach der richtigen Karriere

„Durch Kontakte hatte ich eine Stelle als Technische Zeichnerin bekommen“, erzählt sie. Die Firma IBS Corporation of America in Chesapeake wird ihr neuer Arbeitgeber. Doch nach einer Weile gefällt ihr der Job nicht mehr, weil sie keine Entwicklungschancen hat. Aufgeben? Keine Option für Kerstin Stiller. Sie meldet sich in einer lokalen Uni an, belegt Abendkurse.

2009, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, nimmt sie sich für gut drei Monate unbezahlten Urlaub und absolviert in Deutschland eine Weiterbildung auf eigene Kosten.

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Weiterbildung in Deutschland: der Wendepunkt

„Nach der selbstbezahlten Weiterbildung war es einfacher, sich auf Stellen zu bewerben und Vorstellungsgespräche zu bekommen“, beschreibt sie ihren weiteren Weg. 2013 hat sie es dann geschafft und einen tollen Job bei einer großartigen Firma bekommen, wie sie sagt.

AMF Baking Systems ist der Marktführer für Maschinen rund um die Brotherstellung. Sitz ist in Richmond, dem Bundesstaat Virginia ist sie treu geblieben. „Seit 2017 bin ich dort Maschinenbauingenieur, und ich denke, dass ich dort auch in den Ruhestand gehen werde. I love my job“, sagt die 43-Jährige.

Der Pipeline Walk führt durch die Natur von Richmond.
Der Pipeline Walk führt durch die Natur von Richmond.
Foto: Kerstin Stiller

Während sie in den ersten Jahren immer in Wohngemeinschaften zu Hause war, hat sie nun auch ein eigenes Heim gefunden. Ihr Haus in einem Nachbarort von Richmond und hat drei Zimmer, zweieinhalb Bäder, eine Sonnenterrasse. Bewohnt wird das Haus nur von ihr. „Mit einer Familie hat es noch nicht geklappt“, sagt sie, ohne dabei traurig zu wirken.

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Ihre Familie lebt in Deutschland. Dazu gehören ihre Eltern, mit denen sie einmal in der Woche telefoniert. Mit ihrer Zwillingsschwester trifft sie sich alle fünf Jahre, im vergangenen Jahr kam sie erstmals nach Virginia.

Ihre Eltern haben sich für den Herbst angekündigt. Doch auch wenn sie allein im Haus wohnt, einsam ist sie nicht und langweilig wird ihr auch nicht. Regelmäßige Besuche im Fitnessstudio gehören zu ihrer Freizeit ebenso wie abstrakte Acrylmalerei, die sie auch ausstellt.

Der Pipeline Walk bietet auch großartige Aussichten.
Der Pipeline Walk bietet auch großartige Aussichten.
Foto: Kerstin Stiller

Doppelte Staatsbürgerschaft: auch in USA wahlberechtigt

Seit 2014 hat sie die doppelte Staatsbürgerschaft, kann im November also auch wählen gehen. Politik sei unter den Kollegen nicht so ein Gesprächsthema und amerikanische Nachrichtensendungen verfolgt sie nicht. „Das sind mehr Shows und der Moderator bringt stark seine Meinung ein“, meint sie. Da richtet sie den Blick lieber in die Heimat.

Der regelmäßige Besuch im Fitnessstudio gehört zu Kerstin Stillers Freizeitprogramm.
Der regelmäßige Besuch im Fitnessstudio gehört zu Kerstin Stillers Freizeitprogramm.
Foto: Kerstin Stiller

Neben den Nachrichten im deutschen Stil gibt es aber nicht sehr viel, was Kerstin Stiller vermisst. „Brot und Joghurts in tollen Geschmacksrichtungen wie Mohn-Marzipan“, sagt sie.

An den USA würde sie hingegen eine ganze Menge vermissen. Nicht nur das bessere Wetter, die niedrigeren Steuern und das billige Benzin, sondern vor allem ein Lebensgefühl, das für Millionen Menschen immer noch die USA ausmacht: Freiheit.