Henning Krüger, Alfred Lötge und Elisabeth Kowalke forschen zur Neuen Mühle Kakerbeck Manche Müllerehe war keine Liebesheirat
Lange schon klappert sie nicht mehr, die Neue Mühle am Kakerbecker Mühlenbach. Viele Gebäudeteile sind verschwunden, das Wasser versiegt. Drei geschichtsinteressierte Kalbenser lassen sie dennoch wieder auferstehen - in einer Chronik, die so spannend ist, wie ihre Geschichte.
Kalbe/Kakerbeck l Alles begann mit einer Ahnentafel, nämlich der von Henning Krüger. Seit vielen Jahrzehnten forscht der Kalbenser in den Annalen seiner Familie. Nun wurde daraus ein Gemeinschaftsprojekt der ganz besonderen Art rund um die Neue Mühle in Kakerbeck.
Einer von Krügers Vorfahren, das hatte der Kalbenser Heimatforscher bald herausgefunden, war nämlich einst dort der Müllermeister: Johann Joachim Krüger heiratete 1716 Catharina Dorothee, die Tochter des Mühlenbesitzers Hanß Wiebeck, der auch den Gardelegern (Wiebecker Mühle) noch ein Begriff sein dürfte.
Und hier kommt Elisabeth Kowalke ins Spiel, obwohl mit Krüger nicht verwandt: Sie nämlich ist die älteste Tochter des letzten tätigen Müllers Adolf Schulz und damit die derzeitige Besitzerin von Neue Mühle. Die Seniorin, die lange Jahre in den alten Bundesländern lebte, wohnt seit Jahren wieder auf dem Mühlengrundstück und ist zudem sehr geschichtsinteressiert, wie Henning Krüger versichert. Gemeinsam mit ihr folgt Krüger nun seit geraumer Zeit den Spuren der Müller und ihren Familien. "Eine ganz spannende Sache", wie er betont.
Hilfe bei ihrer Forschung in Staatsarchiven, Kirchenbüchern und dem Internet - "Wir geben uns jedesmal wenn wir uns treffen Hausaufgaben auf" - haben die beiden aber schließlich auch noch von einem weiteren Kakerbecker: Alfred Lötge, als Vorsitzender des Kakerbecker Heimatvereines schon immer an der Geschichte seines Ortes interessiert, beteiligt sich ebenfalls von Anfang an an der Suche nach Fakten und Geschichten. Denn nach dem Gerüst an Daten - "das Gerippe", wie Krüger es nennt - wollen die drei Hobbyforscher nun auch in die Tiefe gehen. "Wir wollen mehr über die Lebensumstände, Freud und Leid der Menschen wissen, die diese Mühle begleitet haben", erläutert er. "Das Ganze kriegt jetzt richtig Leben."
So erzählt Krüger unter anderem von einem ominösen Einberufungsbefehl, den einst die Söhne seines Vorfahren Mitte des 18. Jahrhunderts erhielten. Das Problem daran: Beide sollten in die preußische Armee. "Kakerbeck war damals aber braunschweigisch/hannoversches Hoheitsgebiet", so Krüger. Klar, dass die zwei künftigen Rekruten dagegen vorgingen. Der älteste von ihnen, Johann Jürgen Krüger, wurde 1743 dann auch nicht Soldat, sondern der nächste Müller in der Ahnenreihe.
Aber auch von noch länger zurückliegenden menschlichen Geschichten zeugt die Internetseite Krügers (www.krueger-genealogie.de), auf der unter dem Punkt Besonderheiten die alte Geschichte der Neuen Mühle zu Kakerbeck langsam Formen annimmt. So soll es hier (laut den Unterlagen des Landeshauptarchives Sachsen-Anhalt) bereits im Jahr 1622 zu Streitigkeiten mit dem Kakerbecker Müller wegen eines Fischteiches gekommen sein. Neben dem Mühlenbach und zahlreichen Gräben gab es tatsächlich einst mehrere Teiche in der idyllischen Anlage, zu der auch ein kleiner Park gehörte. Eine Skizze von Elisabeth Kowalke zeigt dies anschaulich. Doch in den 60-er Jahren kam es durch mutwillige Zerstörung zur Überschwemmung. Daraufhin wurde der obere Wasserlauf stillgelegt, der Graben in der Wiese vertieft und verbreitert, um das gesamte Wasser des Mühlenbaches aufzunehmen und abzuführen. Seitdem sind das alte Bachbett und alle Teiche ohne Wasser. 1985 schließlich wurde der Abriss der gesamten Wassermühle staatlich angeordnet.
Dass sich auch dahinter und hinter vielen anderen Daten noch mehr spannende Geschichten verbergen, ist sicher. Einigen ist das Forscherkleeblatt schon auf der Spur. Dass so manche Müllerehe wohl keine Liebesheirat war, haben sie schon herausgefunden. Und auch Zwangsversteigerungen sind an der Mühle wohl nicht vorbeigegangen. "Vieles wissen wir schon", versichert Krüger, und "wer weiß, vielleicht gibt es darüber mal eine Broschüre." Aber selbst wenn nicht: Schon jetzt haben Krüger, Kowalke und Lötge einen tollen Beitrag geleistet, um altmärkische Geschichte nicht Geschichte sein zu lassen.