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Ausstellung über geheimes Tanklager Wo Kraftstoff für den Krieg gebunkert wurde

Die Ausstellung des Heimatvereins „Elbaue“ Derben/Neuderben zur „Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft“ (Wifo) in der „Schifferscheune“ in Derben erfreut sich seit ihrer Eröffnung einer großen Resonanz. Diese Ausstellung ist auch in diesem Jahr noch zu besichtigen.

Von Bettina Schütze 06.07.2023, 20:11
Das Labor- und Forschungsgebäude der Wifo Ferchland/Derben im Jahr 1943. Am Ostende des „Neuen Weges“ befanden sich die Hauptzufahrt und das zweigeschossige Verwaltungsgebäude.
Das Labor- und Forschungsgebäude der Wifo Ferchland/Derben im Jahr 1943. Am Ostende des „Neuen Weges“ befanden sich die Hauptzufahrt und das zweigeschossige Verwaltungsgebäude. Foto: Heimatverein Derben

Derben - Schon im Jahr 2015 gab es in Derben eine dreitägige Ausstellung zur „Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft“. Auch damals war das Interesse der Bürger sehr groß.

Die „Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft“ mbH wurde am 24. August 1934 mit Hauptsitz in Berlin durch das Reichswirtschaftsministerium gegründet. Es war eine Tarnfirma, die für die Beschaffung, Lagerung und Herstellung von kriegswichtigen Rohstoffen zuständig war. Der Geschäftszweck lautete laut Handelsregister „Errichtung und Unterhaltung von Unternehmen und Betrieben der Industrie, des Handels und des Handwerks, insbesondere Errichtung und Unterhaltung von Versuchs- und Forschungsanlagen zwecks Förderung der genannten Wirtschaftszweige“. Offiziell war die „Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft“ eine Gründung der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten. Diese war zur 100 Prozent eine Tochter des Reichswirtschaftsministeriums. Im August 1942 wurden alle Geschäftsanteile an das Deutsche Reich übertragen. Das Treuhandverhältnis zur „Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft“ wurde aufgelöst. Im Eigentum des Reiches blieben die kleinen Heeres-Tanklager. Sie wurden aber von der „Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft“ verwaltet.

Die Hauptaufgabe der „Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft“ bestand in der Errichtung von geheimen Großtanklagern. Außerdem war sie noch für den Betrieb von Mineralölkesselwagen, Tankschiffen sowie den Ausbau von Transportstrecken und den Betrieb von Werken zur Chemiegrundstoff-Herstellung zuständig. Dazu gehörte beispielsweise auch Salpetersäure. Die Tanklager bestanden aus einzelnen, mit Stahlbeton ummantelten Großtanks mit jeweils 3333 Kubikmetern Inhalt, welche meistens in Zehnergruppen über Pipelines verbunden waren und mindestens zwei Meter unter der Erde lagen. Im späteren Verlauf ging man dazu über, fünf Behälter mit je 4000 Kubikmeter in einem Block zusammenzufassen, wodurch bei gleichzeitiger Kapazitätserhöhung und besserem Schutz Beton und Stahl eingespart werden konnten. Daneben besaß ein Tanklager eine umfangreiche Infrastruktur, unter anderem Rangieranlagen, Lokschuppen, Pumpstationen, Kesselhäuser, Abfüllanlagen, Werkstätten, Großlabore, Feuerwehren, Wachstationen und Verwaltungsgebäude, so dass jedes Lager einen Arbeitskräftebedarf zwischen 300 und 400 Mann hatte.

Die „Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft", Außenstelle Derben mit Tarnnamen „Löwenberg“, war also ein geheimes Tanklager des Nazi-Regimes. Sie war der Grund dafür, dass kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges noch so viele Bomben auf Derben fielen. Am 14. Januar 1945 warfen amerikanische Bomber in mehreren Angriffswellen 2000 bis 3000 Sprengbomben auf Derben und Umgebung ab. „Das Großtanklager in Derben im Bereich des Löwenberges war eine gut getarnte und gut ausgestattete unterirdische Lagerungsanlage für Benzin, Dieselkraftstoff und Schmieröle mit einem Gesamtfassungsvermögen von 120.000 Kubikmeter“, ist in der Ausstellung nachzulesen. Die Treibstoffe wurden mit Tankschiffen ausgeliefert. An der Alten Elbe im Wildstieg befand sich zu damaliger Zeit eine Pumpstation mit einer begehbaren Anlegebrücke. 1936 wurde mit dem Bau des Werkes begonnen. Insgesamt waren über 200 Mitarbeiter in dem Werk beschäftigt. Später wurden auch Zwangsarbeiter eingesetzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die meisten Groß-Tanklager geschleift. Eine Schleifung war oft der einfachste Weg, um auf dem Areal en Baugrund zu schaffen. Andere Anlagen wurden zeitweilig von den Alliierten genutzt. Nach dem Krieg existierte die „Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft“ weiter. Sie löste sich bis 1970 selbst auf. Die Nachfolgeunternehmen sind heute privatisiert.

Die „Schifferscheune“ ist am 6. August, 20. August, 3. September, 17. September, 1. Oktober und 15. Oktober jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

Wer mit einer Gruppe oder an einem selbst gewählten Termin kommen möchte, kann sich bei Anita Hempel, Telefon 039349/51106, melden.