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Ladenschließung Aderstedter Bäcker schließt nach 25 Jahren

Ein Vierteljahrhundert hat Steffen Marquardt mit seiner Frau Andrea die Bäckerei in Aderstedt betrieben. Warum sie jetzt schließen und weshalb die Eheleute dennoch nicht nur traurig darüber sind.

Von Maria Lang 31.08.2023, 07:30
Bäckermeister Steffen Marquardt in seiner Backstube. Hier war er, gemeinsam mit seiner Frau Andrea, die vergangenen gut 25 Jahre tätig.
Bäckermeister Steffen Marquardt in seiner Backstube. Hier war er, gemeinsam mit seiner Frau Andrea, die vergangenen gut 25 Jahre tätig. Foto: Maria Lang

Aderstedt - Jahrzehntelang war der Aderstedter Bäcker im kleinen Huy-Ort ansässig, war Anlaufstelle für die Einwohner und darüber hinaus, stand – über mehrere Besitzerwechsel hinweg – für Qualität und Geschmack. Doch damit ist zum Ende des Monats Schluss. Bäckermeister Steffen Marquardt schließt den Laden.

Das kommt für viele überraschend – hatte der Betrieb doch erst im Frühjahr 25-jähriges Bestehen gefeiert. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und auch wirklich lange drüber nachgedacht“, sagt Steffen Marquardt.

Am 1. April 1998 hatte der gebürtige Thalenser mit seiner Frau Andrea die Bäckerei in Aderstedt gepachtet, kurze Zeit später gekauft. „Für uns war das damals ein Traum, den wir uns erfüllen wollten: selbstständig zu sein mit einer eigenen Bäckerei“, so der Bäckermeister. „Also haben wir eine Annonce aufgegeben – auf die sich der damalige Bäcker aus Aderstedt, Roman Kewitz, gemeldet hat.“ Schnell sei man sich einig geworden, dann nach Aderstedt gezogen – und im eigenen Laden glücklich geworden.

„Wir hatten hier wirklich eine sehr, sehr gute Zeit“, fasst Steffen Marquardt zusammen. Doch die sei nun leider vorbei. „Wir wollen nicht jammern und nicht schimpfen – jeder weiß um die aktuelle Lage. Jeder weiß, dass alles teurer wird, von den Rohstoffen bis zu Handwerkerleistungen, da brauchen wir nicht drüber zu reden.“

Auch der Personalmangel sei ein stetiges Problem. Die Filiale in Schlanstedt habe man zwischenzeitlich ganz schließen müssen oder nur stundenweise öffnen können, da kein Personal da sei. Habe man früher noch Lehrlinge und Gesellen in der Backstube gehabt, war das Ehepaar Marquardt in den letzten Jahren allein dort tätig. Und auch den Verkaufswagen, der verschiedenen Orte der Region beliefert hat, fuhr Steffen Marquardt selbst.

Die Lage sei zwar noch nicht aussichtslos und man hätte durchaus noch eine Weile „durchhalten“ können, so Marquardt. „Aber ewig wäre das nicht mehr gegangen und deshalb haben wir entschieden, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen.“ Er sei jetzt 52 Jahre – und auch die Suche nach einer neuen Anstellung werde da mit den Jahren nicht leichter. Diesbezüglich gebe es auch bereits gute Nachrichten, denn seine Frau habe schon etwas Neues gefunden und auch bei ihm selbst lägen Angebote auf dem Tisch. „Grundsätzlich möchte ich der Branche schon treu bleiben, aber ob ich noch wirklich praktisch in der Backstube arbeiten möchte, weiß ich noch nicht genau“, erklärt er.

Ein weinendes und ein lachendes Auge

Insgesamt schauen sie aber positiv und optimistisch in die Zukunft. „Natürlich haben wir Tränen in den Augen und sind sehr traurig, dass der Abschnitt jetzt hier vorbei ist“, sagt er, „aber wir freuen uns auch auf das Neue, auf weniger Verantwortung, einen geregelten Tagesablauf – und auf Schlaf.“ Denn gerade letzterer sei in den vergangenen Jahren extrem zu kurz gekommen. Komisch werde es hingegen sein, nicht mehr ununterbrochen mit seiner Frau zusammenzusein und zusammen zu arbeiten. „Wir waren ja bis auf ein paar Stunden immer zusammen“, sagt er. „Und wir haben uns trotzdem immer noch ganz viel zu erzählen – auch wenn es manchmal Unsinn ist“, sagt er schmunzelnd und mit einem Augenzwinkern.

Das Haus in Aderstedt, das gleichzeitig auch Wohnhaus des Paares ist, wolle man vorerst noch behalten – zumal sie nicht davon ausgehen, dass sich ein Nachfolger finden würde. Die Filiale in Schlanstedt aber würden sie gern in neue Hände geben. „Die ist komplett und neuwertig eingerichtet und da würden wir uns freuen, wenn die jemand übernimmt“, ruft der Aderstedter auf. „Wir würden die sogar kostenlos abgeben.“

Flohmarkt zum Abschluss am 3. September

Ein großes Dankeschön gehe an das zuletzt sechsköpfige Team und die Geschäftspartner – und natürlich an die Kunden für die jahrelange Treue. „In den letzten Jahren waren hauptsächlich die älteren Einwohner unsere Kunden – für die es uns besonders leidtut. Auch die in den Orten, die wir beliefert haben oder auf dem Halberstädter Wochenmarkt. Gerade für die, die nicht so mobil sind, bricht jetzt etwas Wichtiges weg“, weiß Steffen Marquardt. Am 31. August werden sich die Ladentüren in Aderstedt ein letztes Mal öffnen. Am darauffolgenden Sonntag, 3. September, wird es dann noch einen Flohmarkt geben, bei dem von 9 bis 14 Uhr die letzten Waren, aber auch zahlreiches Zubehör an den Mann gebracht werden soll.

Im Verkaufsraum werden am 31. August die letzten Waren über den Tisch gehen.
Im Verkaufsraum werden am 31. August die letzten Waren über den Tisch gehen.
Foto: Maria Lang