1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Außergewöhnlicher Beifallssturm für außergewöhnliche Leistung

Leipziger Kantorei und Sächsisches Barockorchester präsentieren Händels "Messiah" in der Stephanikirche Außergewöhnlicher Beifallssturm für außergewöhnliche Leistung

Von Hans Walter 19.05.2012, 03:21

Osterwieck l Die Kirchengemeinde von St. Stephani und besonders Pfarrer Stephan Eichner sind immer für Qualität und Überraschungen ihrer musica sacra gut. Mit dem Oratorium "Messiah" (deutsch: "Der Messias") von Georg Friedrich Händel unter der Leitung von Gotthold Schwarz (geboren 1952) schenkten sie der Konzertgemeinde am Donnerstagabend in der fast voll besetzten Osterwiecker Kirche ein außerordentlich beglückendes Erlebnis. (Der moderate kleine Eintrittspreis sei nur am Rande erwähnt.)

Händel komponierte seinen "Messiah" in drei Wochen vom 22. August bis 14. September 1641. Unglaublich - er muss Tag und Nacht für die zweieinhalb Stunden Musik gearbeitet haben! Allein 20 effektvolle Chöre! Es geht im Oratorium um Christi Leben von der Geburt bis zur Himmelfahrt. So war auch das Datum - der Himmelfahrtstag - gut gewählt und lud zur gedanklichen Reflexion geradezu ein. Händels Librettist Charles Jennens würdigte die weit über reine Kirchenmusik hinausreichende Wirkung als "grand musical entertainment", als große musikalische Unterhaltung.

Die Leipziger Kantorei und das Sächsische Barockorchester musizierten. 16 Musikerinnen und Musiker im Orchester, 18 Sängerinnen und Sänger im Chor - einschließlich der neun Solisten Antje Moldenhauer-Schrell, Katharina Kunz, Katharina Thimm, Klaudia Zeiner, Alexandra Schmid, Marcus Ullmann, Falk Hoffmann, Felix Plock und Magnus-Cosmas Piontek. Eine minimalistische Besetzung mit Allstars! Geradliniger Chorklang, glockenklare Intonation in den Höhen, exakte Artikulation selbst bei den schnellen 1/16-Noten - und das mit den englischsprachigen Originaltexten. Höchst erstaunlich, wie die Sänger von Chorgesang auf ihre Solistenrollen umschalteten. Im Chor ordneten sie sich ein, als Solisten füllten ihre Stimmen die ganze Kirche.

Das Sächsische Barockorchester - Schwarz\' "Wunderharfe", 1989/1990 von ihm gegründet - musizierte dabei auf historischen Instrumenten. Diese Sänger und Musiker wurden nie schrill, nie spitz, nie klanglich forciert. Sie standen vollendet im Dienst des Werkes!

Es war eine Freude, Gotthold Schwarz beim Dirigat zu beobachten. Er rudert nicht wild durch die Gegend. Statt dessen führt er mit kleinsten Dirigierbewegungen. Mit den Händen und Fingern. Es ist die Magie der Finger, wie bei einem Marionettenspieler. An vielen Stellen ruht die Dirigierhand. Vollkommen entspannt setzt er nur die Takthand ein - mit Chor und Orchester in völliger Übereinstimmung. Körpereinsatz nur bei bewegten Stellen. Schwarz schwankt dann wie ein Rohr im Wind. Alle Energie liegt in diesem Mann, in diesem Dirigat.

Was soll man besonders hervorheben beim rundum schönen Messias? Die Chor "And He Shall Purify", die Bassarie "The People That Walked", die Sopranarie "Rejoice Greatly", die Pifa (Hirtensinfonie) zum Beispiel. Die unglaublich dramatischen Steigerungen in allen drei Teilen des Werks, die im weltberühmten Jubelchor "Hallelujah" und in den Schlusschören "Thanks Be To God" und in der grandiosen Orchester- und Chorfuge "Worthy Is The Lamb" münden.

Acht Minuten lang stehende Ovationen in der Stephanikirche - solch Beifallssturm ist selten!