Sorgen wegen verstopfter Gräben Bilder der Flutkatastrophe wecken im Huy schlimme Erinnerungen
Die Bilder der jüngsten Unwetterkatastrophe haben bei vielen Einwohnern im Huy eigene Erinnerungen an Hochwasser wach werden lassen. Gemeinde und Unterhaltungsverband äußern sich zum aktuellen Zustand der Gräben und Gullys.
Eilsdorf/Schlanstedt/Dingelstedt - Die schrecklichen Bilder von der jüngsten Flutkatastrophe im Westen Deutschlands mit über 150 Todesopfern lassen viele Menschen in der Region Huy gerade nur sehr schlecht schlafen. Denn die Tatsache, dass Orte wie Eilsdorf, Schlanstedt, Anderbeck, Pabstorf oder auch Dedeleben und Eilenstedt in der Vergangenheit immer wieder von Überflutungen heimgesucht worden sind, zeigt, wie gefährdet die Region ist. Und immer waren es, genau wie in Rheinland-Pfalz, starke Regenfälle, die binnen kürzester Zeit zu solchen Katastrophen geführt haben.
So hat Ortschronistin Kerstin Sopart selbst schon mehrfach erlebt, dass ihr Heimatort Eilsdorf überflutet war, so beispielsweise 1980, als, wie sie sich erinnert „Eilsdorf binnen weniger Minuten regelrecht abgesoffen ist“. Das vorerst letzte Mal war Eilsdorf 2006 überflutet. „Ein kurzer Guss hat damals ausgereicht.“
Als der Eilsdorfer Friedhof überflutet war
Eine der bislang verheerendsten Katastrophen, die sich 1889 ereignet hat, kennt Kerstin Sopart aus der Dorfchronik und aus Aufzeichnungen von damaligen Zeitzeugen. „Als ich die jüngsten Bilder von einem überschwemmten Friedhof in Rheinland-Pfalz gesehen habe, kamen mir sofort die Erinnerungen eines damals 17-jährigen Eilsdorfers in den Sinn, der ganz ähnlich Schreckliches vom Eilsdorfer Friedhof beschrieben hat.“ Er schrieb: „Insgesamt waren neun Gräber ausgespült, die einzelnen Leichenteile wurden dann später in der Schlanstedter und Eilenstedter Flur wiedergefunden ....“
Noch heute zeugt eine Hochwassermarke in der Eilsdorfer Sankt-Viti-Kirche von dieser Naturkatastrophe im Jahr 1889.
In die Erinnerungen an dieses schreckliche Leid und das große Mitgefühl für die jüngsten Flutopfer im Westen des Landes mischt sich bei Kerstin Sopart aber die große Sorge, dass sich ein solches Unglück in absehbarer Zeit auch in Eilsdorf wiederholen könnte.
„Blickt man auf die aktuellen Wetterkapriolen, dann sind solche Starkregen durchaus auch bei uns jederzeit möglich“, so die Eilsdorferin. Wenn sie sich allerdings die Gräben und Gullys anschaue, beschleiche sie ein mulmiges Gefühl. „Wir appellieren an die Verantwortlichen, dass unseren Gräben und Gullys mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird.“
Sorgen ernst genommen
Die Sorgen der Bürger sind bereits in der Huy-Gemeindeverwaltung angekommen. „Wir haben sofort reagiert und den Bauhof beauftragt, ganz besonderes Augenmerk auf die Gullys und Gossen zu richten und diese gegebenenfalls schnell zu reinigen, damit das Wasser ungehindert abfließen kann“, sagt Veronika Kühner, die amtierende Bauamtsleiterin. Und nicht zufällig habe die Gemeinde kürzlich auf die Straßenreinigungspflicht der Bürger verwiesen, in der die Gossen vor den Grundstücken mit einbezogen werden. Mit Blick auf die Gräben, die das Gebiet der Gemeinde Huy durchziehen und die das Oberflächenwasser in den Großen Graben abfließen lassen, betont sie: „Wir stehen in engem Kontakt mit dem Unterhaltungsverband Großer Graben und haben eine sofortige to-do-Liste mit den wichtigsten Arbeiten aufgestellt, die durch die dortigen Mitarbeiter nun abgearbeitet wird.“
Der Graben, der das Wasser vom Huy aus in Richtung Dingelstedt zunächst durch Eilsdorf und weiter bis nach Schlanstedt trägt, hat verschiedene Namen: Schradergraben, Krummer Hahn und Hohlebach. In Eilsdorf werden gleich drei Schwachstellen beschrieben, an denen das Wasser in der Vergangenheit immer wieder über die Ufer getreten ist.
Uwe Neumann, Geschäftsführer des Unterhaltungsverbandes Großer Graben kennt diese engen Durchlässe, sieht hier aber keinen Handlungsbedarf. „Es ist nicht vorgesehen, dass die Gräben verändert werden.“ Die Aufgabe des Grabenverbandes sei es, dafür zu sorgen, dass das Wasser gut ablaufen kann. „Mit meiner kleinen Mannschaft ist das eine Mammutaufgabe, aber wir haben das im Griff.“
Gerade sei der Hohlebach rund um den Schlanstedter Sportplatz frei geschnitten worden, als nächstes sei der gleiche Graben weiter in in Richtung Eisdorf dran. „Dort sind wir bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr, aber der Riesenbärenklau breitet sich dort massiv aus und muss dringend weg, bevor er seine Samen verstreut.“
Grabenverband hat Schwachstellen im Blick
Coronabedingt habe es zwar schon im zweiten Jahr in Folge keine Grabenschau mehr gegeben, einen Überblick habe er dennoch. Denn Uwe Neumann setzt auf die Grabenbeauftragten der verschiedenen Schaubezirke, mit denen er in engem Kontakt steht und diese verlassen sich wiederum auf ihre „Leute“, die den Zustand der Gräben im Blick haben und Schwachstellen melden.
„Wir haben noch eine dringende Baustelle, die wir schnellstens angehen müssen – den Hohlebach hinter Schlanstedt in Richtung Neuwegersleben.“ Dort habe sich an einer Feuerwehrstaustufe Geäst und Grasmahd derart verfangen, dass der Durchlass nicht mehr gewährleistet ist. „Das werden wir schnellstens beseitigen“, so Neumann, der darauf verweist, dass die eigentliche Ursache für diesen Stau aber ein Baumstumpf sei, den ein gedankenloser Zeitgenosse dort einfach entsorgt habe. „Das ist nicht hilfreich, weil wir nun diese Säuberung zusätzlich mit eintakten müssen.“
Die Frage nach der Grasmahd, die nach den Arbeiten einfach liegen bleibt, ist für Neumann nicht neu. „Das Mähgut noch zu beseitigen, schaffen wir mit unseren wenigen Mitarbeitern einfach nicht.“ Das wiederum hatte Veronika Kühner von der Gemeinde bemängelt, denn das liegengebliebene Gras verstopfe die Gullys und Durchläufe, für die wiederum der Bauhof zuständig ist.
Alte Sirenen funktionieren
Das Thema der rechtzeitigen Alarmierung der Bürger bei Gefahr, das gerade in ganz Deutschland aufgrund der jüngsten Ereignisse heftig diskutiert wird, stellt in der Gemeinde Huy überhaupt kein Problem dar, wie Eileen Trumpf, amtierende Bürgermeisterin der Gemeinde Huy erklärt. „Unsere Sirenen in den Ortschaften funktionieren alle noch einwandfrei, weil sie immer gewartet worden sind und werden für den Katastrophenfall nun wieder aktiviert.“
Denn die Alarmierung über moderne Kanäle wie beispielsweise Warnapps, SMS oder Telefon ist, wenn Strom, Internet oder Mobilfunk ausfallen, nicht mehr möglich. „Wir prüfen gerade, ob wir die Sirenen noch elektronisch nachrüsten können, um im Ernstfall neben den akustischen Warnsignalen noch weitere Durchsagen verbreiten können.“
Eilsdorfer Heimatstube vierzehntägig offen
Fotos und Unterlagen zu den früheren Hochwassern in Eilsdorf bewahrt Kerstin Sopart im Heimatstübchen auf, das sie im Dachgeschoss des Dorfgemeinschaftshauses eingerichtet hat. Hier finden sich auch Unterlagen zur Verlegung des Krummen Hahns, die kein Geringerer als der berühmte Landrat Hagen im Jahr 1785 angewiesen hat.
Die Heimatstube ist alle zwei Wochen mittwochs von 14 bis 17 Uhr geöffnet, das nächste Mal am kommenden Mittwoch, 4. August.