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Coronavirus Corona bremst Freizeitspaß aus

Freizeit- und Tourismus-Unternehmen im Landkreis Harz fordern ein Signal, wann die Betriebe wieder öffnen können.

Von Jörg Endries 07.05.2020, 04:00

Halberstadt/Wernigerode/Thale l Das Coronavirus lähmt seit über sieben Wochen das öffentliche Leben und die Wirtschaft. Davon hart betroffen ist auch der Sport- und Freizeitbereich. Spaß, Spiel und Sport locken jedes Jahr mehrere hunderttausend Gäste in das Freizeit- und Sportzentrum Halberstadt (FSZ) zu Füßen der Spiegelsberge. Der Ausbruch der Corona-Pandemie setzte dem schlagartig ein Ende. Alle Bäder und Freizeiteinrichtungen im Land mussten im März schließen.

„Es reicht langsam. Das macht keinen Spaß mehr“, sagt ungeduldig Derk Bartel, Geschäftsführer der Freizeit- und Sportzentrum mbh. Seit dem 17. März herrscht in den Gebäuden des FSZ, die sonst vom Leben erfüllt sind, beängstigende Stille. „Das ist nur schwer zu ertragen. An dem Tag, an dem ich das Haus abschloss, hatte ich einen dicken Kloß im Hals“, erinnert sich Gido Maak, Bereichsleiter Bäder Halberstadt. Schwer ums Herz wird ihm immer noch, wenn er in den verwaisten Gebäuden unterwegs ist.

Das dicke Minus bei den Besucherzahlen, das die Pandemie in das Jahresergebnis 2020 reißen wird, sei immens. Immerhin zählt das Sea Land mit Sauna und Beauty Land jährlich etwa 250.000 Gäste, 100.000 kämen noch im Sport Land dazu, sagt Derk Bartel. Eine über mehrere Monate dauernde Schließung mit Null Besuchern würde gewaltig ins Kontor schlagen. Den durch die Schließung bedingten wirtschaftlichen Schaden beziffert Derk Bartel zurückhaltend auf bislang mehrere hunderttausend Euro. „Das ist nicht nur deprimierend, sondern schmerzt richtig“, so der Geschäftsführer. Allerdings habe man sofort Schritte eingeleitet, um Ausgaben zu sparen. Dazu gehöre, dass das Wasser der Badelandschaft und der Schwimmbecken abgelassen wurde – immerhin etwa 3000 Kubikmeter Wasser, dass konstant auf 28 Grad warm gehalten werden muss. Außerdem seien die technischen Anlagen heruntergefahren worden. „Somit können wir Energie einsparen und die Betriebskosten enorm senken.“

Derk Bartel ist froh, dass das FSZ eine Tochter der städtischen Holding Nosa ist. Durch den wirtschaftlichen Verbund, zu dem die Halberstadtwerke, die Halberstädter Wohnungsgesellschaft, die Abwassergesellschaft und die Halberstädter Verkehrsgesellschaft gehören, sei man finanziell robust aufgestellt.

Trotzdem ging die Schließung nicht spurlos am FSZ vorbei. Neben den finanziellen Verlusten wurden die 80 Mitarbeiter des Unternehmens erst einmal bis zum 30. September in Kurzarbeit geschickt. Einige Beschäftigte würden zwei bis drei Stunden in der Woche zur Wartung der Technik ins Haus kommen. So müssten zum Beispiel die ­Duschen alle 72 Stunden betätigt werden, damit sich keine Legionellen (gefährliche Bakterien) einnisten können.

„Bis 31. März konnten wir die Mitarbeiter weiter beschäftigen“, informiert Derk Bartel. Die Not macht erfinderisch. So habe man die im Juli anstehende Wartung des Hauses samt aller technischer Anlagen, die alle zwei Jahre erfolgt, einfach vorgezogen. „Damit sparten wir ebenfalls Geld, weil die Mitarbeiter nicht nur putzten, sondern auch kleinere Reparaturen selbst erledigten“, ergänzt Gido Maak.

Sicherlich seien die Schritte von Bund und Land zur Eindämmung des Coronavirus notwendig und richtig gewesen. „Wir vermissen allerdings jetzt ein Ausstiegsszenario aus dem Lockdown und damit eine Perspektive“, betont Derk Bartels. Schließlich könnte man nicht von heute auf morgen den gesamten Betrieb wieder hochfahren. Für das gesamte FSZ seien dafür immerhin 14 Tage notwendig. „Der Neustart ist eine logistische Herausforderung.“

Vorbereitet sei man allerdings auf diesen Tag – auch mit dem Coronavirus und den damit verbundenen Hygiene­vorschriften. „Wir besitzen für diesen Fall ein Konzept, das den Betrieb des FSZ problemlos auch unter strengen ­Hygieneanforderungen ermöglicht“, unterstreicht Gido Maak. Die Zahl der Gäste könnte man verringern und mit dem Zählautomaten am Eingang jederzeit kontrollieren. Die Anzahl der Umkleideschränke würde man reduzieren. In den Schwimmbecken könnten Bahnen abgeteilt werden, um den Abstand zwischen den Gästen einzuhalten und die Desinfektions- und Reinigungszyklen auf Corona anpassen. Bislang gebe es aber leider noch keine Signale aus der Politik, die Hoffnungen auf eine baldige Öffnung machen.

Einziger Lichtblick derzeit im FSZ – der Friseur konnte am Montag wieder öffnen. Schon vor Öffnung bildete sich eine lange Schlange. „Die Kunden dachten nicht daran, einen Termin zu vereinbaren. Die strengen Hygieneauflagen erlauben nur einen beschränkten Zugang“, so Gido Maak.

In Kurzarbeit musste auch Ronny Große, Geschäftsführer der Bodetal Therme Thale, seine 45 Mitarbeiter schicken. „Wir warten dringend auf ein Signal von der Politik, wann wir wieder öffnen können. Es ist wichtig, ein Ziel vor den Augen zu haben, auch wenn es noch ein oder zwei Monate dauert.“ Der bisher entstandene wirtschaftliche Schaden sei nicht unerheblich. Ronny Große spricht von mehr als 100.000 Euro. Zwar habe man den Betrieb des Hauses auf fast Null heruntergefahren und so die Unterhaltungskosten erheblich gesenkt. Dennoch fehlen der Therme, die jährlich von etwa 120.000 Gästen genutzt wird, monatlich 12.000 bis 13.000 Besucher. „Dabei ist das Jahr für uns im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sehr gut gestartet. Dann beendete die Pandemie schlagartig alles“, so der Geschäftsführer des städtischen Tochterunternehmens.

Ein Hoffnungsschimmer zeichnet sich nach Wochen der Zwangsschließung hingegen im Hasseröder Ferienpark Wernigerode ab, freut sich Geschäftsführer Erik Voigt. 150.000 Gäste besuchen nach seinen Angaben im Jahr den Tourismusbetrieb. „Wir dürfen ab 15. Mai unsere Ferien­häuser für Gäste wieder öffnen und vermieten. Das ist besser als die komplette Schließung. Unklarheit herrscht hingegen für das Brockenbad.“

Seit 13. März ist der Ferienpark samt Bad zu. 70 der 80 Beschäftigten musste Erik Voigt in Kurzarbeit schicken. 1,5 bis zwei Millionen Euro Miese stehen bislang in seiner Corona-Statistik. Eine Katastrophe, stellt Erik Voigt fest. Er sei mit seinem Unternehmen noch dazu durch sämtliche staat­liche Hilfen gefallen. Die habe es nur für Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern gegeben. Gut ist, dass 30 bis 50 Prozent der Gäste ihre Buchungen nicht storniert, sondern auf die Zeit nach Corona verschoben haben. Der Geschäftsführer zeigt Verständnis für die Corona-Beschränkungen. „Aber angesichts der gesunkenen Infektionszahlen muss es jetzt mal wieder losgehen.“ Er fordert ein klares Signal von der ­Politik.