Tradition vor dem Advent Darum lagern Halberstädter Christstollen in einem Schutzkeller aus dem Zweiten Weltkrieg
Die Adventszeit naht. Bis dahin reift ein besonderes Gebäck im Halberstädter Dom. Dieses ist nicht nur lecker – dank ihm wird ein Stück Geschichte bewahrt.

Halberstadt/vs. - Der Duft von Weihnachten liegt in der Luft. Verbreitet wird dieser von 2500 Christstollen, die ab sofort rund einen Monat lang im Halberstädter Dom reifen, um dank der hohen Luftfeuchtigkeit und der konstanten Temperatur um zwölf Grad Celsius ein besonderes Aroma zu erhalten. Unentdeckt von Touristen, die den Kathedralbau erkunden, wird das Gebäck im Remterkeller gelagert. Ein Raum mit Geschichte.
Errichtet wurde er im 13. Jahrhundert, in der Entstehungszeit des Doms. Hier haben schon Mönche im Mittelalter ihre Lebensmittel aufbewahrt. Und hier suchten Menschen im Zweiten Weltkrieg Schutz vor Bomben, die über ihrer Stadt abgeworfen wurden. „So manch einem Halberstädter haben diese Wände das Leben gerettet“, sagt Dr. Uta-Christiane Bergemann.
Gebäck aus Halberstadt wird ins Ausland verschickt

Als Museumsdirektorin ist sie quasi die Hausherrin des Halberstädter Doms. „Ich freue mich, dass bereits zum achten Mal Stollen hier eingelagert werden und über das wachsende Interesse daran.“ Selbst aus dem Ausland seien Vorbestellungen für die je ein Kilogramm schweren Stollen eingegangen.
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„Vor allem jene, die letztes Jahr leer ausgegangen sind, haben schon im Sommer vorbestellt“, ergänzt Eva Kilian, Geschäftsführerin der Halberstädter Bäcker- und Konditoren GmbH. Im vorigen Jahr konnten ihre Mitarbeiter lediglich 1500 Stück herstellen – Schuld daran war eine Dürre in Australien, wie sie erläutert. Von dem Kontinent ordern die Halberstädter Bäcker die Rosinen für den Domstollen. „Die haben die beste Qualität.“
Mittlerweile sei die Beschaffung der Zutaten – rund 15 sind es, wie Bäckermeister Peter Potratz verrät – wieder einfacher zu beschaffen. Aber teuer. Darum sei der Preis für die weihnachtliche Köstlichkeit auf 29,50 Euro gestiegen.
Spenden für ein fürstliches Erinnerungsmal
Ein Euro pro Stollen kommt einem guten Zweck zugute. Wie Uta-Christiane Bergemann informiert, soll das Geld für die Restaurierung eines Epitaphs im Chorraum des Doms verwendet werden. Dabei handelt es sich um ein Gedächtnismahl für Friedrich von Brandenburg aus dem Geschlecht der Hohenzollern. Er war Erzbischof von Magdeburg und Fürstbischof von Halberstadt, wo er 1552 verstarb. „Das Epitaph ist ein ganz großartiges Beispiel der Renaissance-Bildhauerei“, so Bergemann. Geschaffen wurde es von einem Berliner Künstler mit dem unrühmlichen Namen Hans Scheußlich.
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Das Mahl befinde sich „in einem fürchterlichen Zustand“. Mit Unterstützung der Uni Potsdam werde aktuell untersucht, welche Arbeiten notwendig sind. Noch stehe nicht fest, wie teuer die Restaurierung wird. „Ich gehe von einem fünf-, vielleicht sogar sechsstelligen Betrag aus“, so die Direktorin.
So bleibt der Christstollen frisch
Bis die Arbeiten starten können, sind die Domstollen längst verzehrt. Nach dem ersten Advent, Sonntag, 3. Dezember, werden sie verschickt und verkauft. Und wie bleibt das Gebäck dann bis zum Heiligen Abend frisch? „Kühl und dunkel lagern“, rät Bäckermeister Peter Potratz. „Aber auf keinen Fall in den Kühlschrank legen.“ Sein Tipp: Den Stollen nach jedem Anschnitt zurück in die Originalverpackung legen.
Diese, so sagt Dompfarrer Torsten Göhler, erinnere dank eines Leinentuchs an ein gewickeltes Baby und sei damit ein Sinnbild für die Geburt Christi. „Eine süße Speise mit einer süßen, frohen Botschaft“, fasst er zusammen.