Menschen mit und ohne Handicap vergnügen sich beim Sommerfest der Neinstedter Anstalten in Calvörde Orchester spielt mit der Zauberfiedel für alle Engel
Das Orchester "Tamino" hat beim Sommerfest der Neinstedter Anstalten das Publikum mit einer außergewöhnlichen Klangeschichte begeistert. Menschen mit und ohne Handicap musizieren in einem Projekt.
Calvörde l 25 Frauen und Männer spielten am Sonnabendnachmittag zum Auftakt des Sommerfestes der Menschen mit geistiger Behinderung auf dem Hof des Hauses Bonin in einem außergewöhnlichen Orchester. Begleitet wurden die Musiker vom Chor der gastgebenden Einrichtung, die zu den Neinstedter Anstalten gehört.
"Tamino" ist ein Musikprojekt der Evangelischen Stiftung Neinstedter Anstalten unter der Leitung von Christiane Krause und Torsten Kammel. Es vereint Menschen mit und ohne Handicap zum gemeinsamen Musizieren. Viele der Musiker spielen auf selbst gebauten Musikinstrumenten, wie Fiedeln oder Saitentambourins. "Das Besondere ist, dass ganz verschiedene Menschen - ganz nach ihren Fähigkeiten zusammen spielen", erklärte Christiane Krause. "Das Musizieren macht mir großen Spaß", gestand die 62-jährige Brunhilde Hense, die auf einer Fiedel spielt. An ihrer Seite saß die 33-jährige Eileen Weigelt, die am Saitentambourin zupfte.
"Tamino trifft sich einmal monatlich zum Musizieren und studiert in Projektphasen neue Klanggeschichten ein. 2012 waren wir in der Schweiz und erarbeiteten dort die Geschichte ,Der Josa mit der Zauberfiedel\' von Janosch, welche wir heute vorstellen möchten", kündigte Kammel an. Josa, der Held der Geschichte, ist klein, hat wenig Muskelkraft und keine Ellenbogen, um sich durchzusetzen. Doch er liebt die Musik. Sein kleiner Freund, ein Vogel, schenkt ihm eine Geige, auf der er Töne spielen lernt. Aus den Tönen wird eine Melodie, die alle verzaubert, die sie hören. Josa macht sich auf den Weg, zieht durch viele fremde Länder und verändert die Welt um sich herum.
Kristin Klatt, die stellvertretende Leiterin der Einrichtung, bedankte sich bei den Musikern und bei ihren engagierten Kollegen. Sie überbrachte Grüße von der Chefin der Häuser in Calvörde, Annerose Schulze, die wegen Krankheit nicht mitfeiern konnte. Auch Pfarrer Jürgen Schwarz, Vorsteher der Neinstedter Anstalten, hieß die zahlreichen Gäste willkommen und schenkte jedem Bewohner und allen Musikern einen Schlüsselanhänger mit einem Engel. "Engel sind Boten Gottes. Das können welche mit Flügel, aber auch Menschen, wie du und ich sein. Engel machen Mut und trösten", erklärte der Geistliche und betonte: "Ich weiß, dass ihr solche Engel seid, weil ihr euch gegenseitig helft. Und auch die Mitarbeiter hier in Calvörde sind Engel, die euch unterstützend zur Seite stehen."
Auch Wolfgang Lindner (SPD), stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Calvörde, gehört als flügelloser Bote der kommunalen Gemeinde zu den Partygästen. Er überreichte Grüße und einen Briefumschlag mit einem Geldschein.
Zu den Höhepunkten des Festes gehörten auch die Jubiläen. Monika Thunich, Martin Dieckmann und Maik Hahn wohnen seit fünf Jahren in der Calvörder Einrichtung. Heike Löwe gehört seit zehn Jahren zur Wohngemeinschaft. Hildegard Resch lebt seit 15 Jahren, Liesel Aermel seit 20 Jahren, Christian Kreuzmann seit 25 Jahren und Ingrid Stier seit 30 Jahren in der Einrichtung. Brigitte Lars feierte Ihr 40-jähriges und Diane Schmidt ihr 45-jähriges Wohnjubiläum. Hildegard Wiechert lebt seit 65 Jahren in den Wohnhäusern der Neinstedter Anstalten. Die heute 88-Jährige kam schon als 22-Jährige in die kirchliche Einrichtung.