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Zirkus Umstrittene Tigerschau in Halberstadt

"Der Zirkus kommt in die Stadt!" Während diese Nachricht bei den einen Vorfreude auslöst, ist es bei anderen Sorge. Auch in Halberstadt.

Von Sandra Reulecke 21.05.2018, 20:01

Halberstadt l Das gelb-blaue Zelt auf dem Anger wird nicht zu übersehen sein: Circus William ist zu Gast in Halberstadt. Zuschauer sind vom Donnerstag, 24. Mai, bis zum Sonntag, 27. Mai, im Zelt willkommen. William ist ein Traditionsunternehmen, 1889 gegründet, bis heute in Familienhand.

Unter dem Titel „Revolution der Manegenkunst“ wird dem Publikum eine tempogeladene Show geboten, die klassischen und modernen Zirkus vereint, so der Veranstalter. Angekündigt sind ein Todesrad, Artistik, Clowns und Programmpunkte mit Tieren. Mehr als 100 werden es sein, kündigt Maria Weber an. Sie ist die Pressesprecherin und hat gemeinsam mit ihren vier Brüdern die Geschäftsführung inne. Die Schausteller reisen mit Zebras, Antilopen, Kamelen, bis zu fünf Meter langen Schlangen sowie mit Löwen und Tigern in die Domstadt.

Wie Reaktionen auf der Facebook-Seite des Zirkusses zeigen, freuen sich viele auf die Show. Doch was sie als interessant und kulturell wertvoll ansehen, stößt bei anderen auf Proteste. Immer mehr Kommunen untersagen es Zirkussen, die Wildtiere im Programm haben, auf städtischen Flächen zu gastieren. In Halberstadt beschäftigte sich der Ordungsausschuss im Dezember 2016 mit dem Thema. Ergebnis: Kein generelles Verbot. Dagegen wird von den Unternehmen eine strikte Einhaltung des Tierschutzes gefordert.

Das sei bei ihrem Zirkus der Fall, betont Maria Weber. Proteste seien ihr nicht neu, sie wurde schon häufiger damit konfrontiert. Kritikern entgegnet sie: „Wir haben riesengroße Käfige beim Transport. An den Auftrittsorten haben die Tiere viel Auslauf und die Möglichkeit zu baden und zu spielen.“ Zudem toure der Zirkus, der aus Brandenburg kommt, nicht das ganze Jahr über. Drei Monate lang bleibe der Zirkus im Sommer auf der Insel Usedom. Grundsätzlich sei das Reisen für die – teils exotischen – Tiere, die aus eigener Züchtung stammen, jedoch kein Problem. „Sie kennen das nicht anders, so wie wir auch.“ An jeder Spielstätte werde von Ordnungsbehörden geprüft, dass es Löwen und Co. gut geht.

So wird das auch gehandhabt, wenn ein Zirkus nach Halberstadt kommt, wurde auf Anfrage aus dem Ordnungsamt mitgeteilt. „Die Zusammenarbeit mit Zirkussen hat bisher immer gut funktioniert.“ Feuerwehr, Bauordnungsamt und nicht zuletzt das Veterinäramt kontrollieren ebenfalls vor der ersten Vorstellung. „Dabei wird der Tierbestand einschließlich Haltungsbedingungen in Augenschein genommen“, erläutert Ingelore Kamann von der Pressestelle des Landkreises. „Schwerwiegende tierschutzrelevante Verstöße wurden bisher nicht festgestellt.“

Gelegentliche Mängel – zum Beispiel unzureichende Außengehege oder mangelhafte Hufpflege – habe es jedoch bei manchen Zirkussen gegeben. Ist so etwas der Fall, „werden entsprechende Auflagen erteilt, die entweder noch vor Ort erfüllt werden müssen oder der zuständigen Vor-Ort-Behörde des folgenden Gastspielortes zur Kenntnis gegeben werden“.

Für Tierrechtsorganisationen wie Peta sind Kontrollen und Auflagen nicht genug. Sie fordern, ein generelles Haltungsverbot von Tieren in Zirkussen. Peta hat eine Online-Petition als Appell an die Bundesregierung gestartet und bislang fast 49.000 Stimmen gesammelt.

„Weit über tausend Tiere werden Woche für Woche durch Deutschland gekarrt und mit der Peitsche dressiert“, klagen die Tierschützer an. „Gewalt und Zwang gehören zu ihrem Alltag. Weil sie im Zirkus wie Inventar behandelt werden, leiden viele von ihnen an Verhaltensstörungen, Vernachlässigung und sterben viel zu früh.“

So drastisch ist die Einschätzung von Michael Bussenius, Tiergarten-Vize in Halberstadt, nicht. „Wenn man fach- und artgerecht mit Tieren arbeitet, spricht nichts dagegen.“ Allerdings wünsche er sich strengere Auflagen und häufigere Kontrollen – auch während der Spielzeiten. Und er spricht sich gegen Löwen und Co. in Zirkussen aus. „Shows mit Raubtierarten sind nicht nur gefährlich, sondern auch nicht mehr zeitgemäß.“ Vor allem die Nachzucht in Zirkussen sollte seiner Ansicht nach untersagt werden und nur in Zoos und Tiergärten erlaubt sein, in denen die Bedingungen dafür stimmen. Nicht selten seien weiße Tiger und Löwen, wie sie bei Circus William zu finden sind, Produkte von Inzucht. Solche Vorwürfe wies das Unternehmen jedoch bereits im April gegenüber der Sächsischen Zeitung von sich.

Ein sofortiges Verbot der Haltung von Wildtieren sieht Bussenius als Gefahr an. „Was soll dann mit den Tieren passieren, wo sollen sie hin?“, fragt er. Die Tiere, die jetzt schon im Zirkus sind, sollten dort seiner Einschätzung nach bleiben. Doch nach ihrem Tod dürften keine neuen folgen, so der Zooinspektor.