Ostergraben Anwohner lehnen Straßenausbau ab
Die Straße Am Ostergraben in Althaldensleben soll ausgebaut werden. Die Anwohner wehren sich mit Nachdruck dagegen.
Althaldensleben l Kerstin Bruer ist sauer. In einer Informationsveranstaltung wurden sie und ihre Nachbarn als Anwohner des Ostergrabens in Althaldensleben darüber informiert, ihre Straße saniert werden soll. „Aber die Straße wurde doch erst im vergangenen Jahr gemacht“, berichtet die Althaldensleberin.
Die Anwohner waren nach der Versammlung Ende Mai 2018 erschrocken und auch erbost über das Bauvorhaben der Stadt. Gemeinsam gingen sie zur nächsten Sitzung des Haldensleber Hauptausschusses, um ihrem Ärger Luft zu machen. „Die Straßendecke soll neu gemacht werden und wir sollen gepflasterte Fußwege kriegen. Wir als Anwohner des Ostergrabens möchten das nicht – und zwar alle“, erklärte dort Kerstin Bruer und erntete zustimmenden Applaus von ihren Nachbarn.
Bei einem Vor-Ort-Gespräch zeigen sie, ihr Lebensgefährte Roland Franz und Nachbarin Silvia Schulze der Volksstimme die Straße. Gas- und Wasseranschlüsse, so sagen sie, seien im vergangenen Jahr auf der gesamten Straßenlänge von Mühlenweg bis Dammühlenweg erneut worden. Die Straße allerdings sei nur vom Mühlenweg bis etwa zur Hälfte saniert worden, zudem wurden dort neue Borde gesetzt – Arbeiten, die auf der anderen Straßenhälfte nicht gemacht worden seien. „Warum wurde damals nicht gleich die gesamte Straße saniert? Warum muss nun noch einmal die Hälfte aufgerissen werden?“, fragt Kerstin Bruer.
Eine Sanierung, so sagt sie, sei in den Augen der gesamten Nachbarschaft unnötig. Straßendecke und Fußwege seien in gutem Zustand. Am meisten ärgert die Anwohner, dass sie jetzt innerhalb von kurzer Zeit zweimal zur Kasse gebeten werden. Die Anwohner haben eine Vermutung, warum der Ausbau ihrer Straße zweigeteilt wurde: Sie glauben, dass die Stadt im ersten Bauabschnitt plötzlich kein Geld mehr hatte, nun aber Fördermittel für den Ostergraben erhalten hat und deshalb auf Biegen und Brechen die Sanierung durchziehen möchte.
Holger Waldmann, Bauamtsleiter bei der Stadt Haldensleben, bringt auf Volksstimme-Nachfrage Licht ins Dunkel. „Es ist richtig, dass von Herbst 2016 bis Frühjahr 2017 schon einmal Arbeiten auf der Straße Am Ostergraben liefen“, erläutert er. So hätten die Haldensleber Stadtwerke und der Abwasserverband Untere Ohre damals angezeigt, dass sie dort dringend Gas- und Wasserleitungen erneuern müssten. „Wir hatten den Ostergraben damals nicht im Fokus unserer Straßenbaumaßnahmen“, bestätigt Holger Waldmann die Auffassung der Anwohner.
Weil Stadtwerke und Abwasserverband 2016 jedoch die Straße sowieso anfassen mussten, habe die Stadt gleich kleinere Arbeiten mit erledigen lassen. Allerdings, so sagt Holger Waldmann, nur auf einer Hälfte der Straße. Denn nur auf einem Stück vom Mühlenweg bis zur nächsten Einmündung hätten Stadtwerke und Abwasserverband Leitungen erneuert. Deshalb habe dort von beiden Beteiligten die Straßendecke später pflichtmäßig erneuert werden müssen, dazu wurden auch neue Bordsteine gesetzt. Auf dem verbleibenden Stück bis zum Dammühlenweg sei das nicht passiert, weil dort nur der Abwasserverband allein eine schmalere Leitung erneuert habe – die Straße konnte dort, laienhaft ausgedrückt, wieder geflickt werden.
Weil die Stadt nun einmal mit kleineren Arbeiten angefangen hatte, wurde die Maßnahme Am Ostergraben vorgezogen und in den Haushalt eingestellt. Nun soll die Straße ab Anfang August bis Ende November 2018 ausgebaut werden, erklärt Holger Waldmann. Sie soll ein neues Deckenprofil erhalten, damit das Regenwasser besser ablaufen kann. Zudem sollen die Straßenlampen auf moderne LED-Technik umgestellt werden.
Der Schwerpunkt liege aber auf den Fußwegen, sagt der Bauamtsleiter. Diese sollen gepflastert werden. Damit haben Kerstin Bruer und ihre Nachbarn allerdings ein Problem. Ihre Häuser hätten sie 1996/97 gebaut – damals hätten sie bestehende Gräben zwischen Grundstück und Straßenkörper selbst aufgeschüttet und Fußwege angelegt. „Das hat bis heute funktioniert, wir benötigen keine gepflasterten Wege“, sagt Kerstin Bruer. Ihre Straße sei eben eine Anliegerstraße, dort herrsche weder großer Verkehr noch würden viele Fußgänger die Straße frequentieren.
Ein weiteres Ärgernis: Der Fußweg am Ostergraben ist derzeit auf Höhe einiger Häuser nur zu einer Hälfte begehbar, die Hälfte an den Gartenzäunen der Nachbarn ist begrünt. Inmitten beider Gehweghälften stehen Straßenlampen. Wenn der Weg gepflastert werde, so erläutert Holger Waldmann, werde er aber vollständig, also auf beiden Hälften, gepflastert. Das bringt mit sich, dass auch die Straßenlampen aus der Mitte nach hinten versetzt werden müssen. „Das kostet uns doch noch mehr“, ärgern sich die Anwohner.
Dass sie wütend über die zweimalige Kostenerhebung sind, kann Holger Waldmann nachvollziehen. Die Kosten, die ein Teil der Anwohner jedoch für die Arbeiten 2016/17 bezahlen musste, wurden für Gas-Anschlüsse von den Stadtwerke erhoben und nicht von der Stadt. Der Straßenausbau werde laut Holger Waldmann voraussichtlich 370.000 Euro kosten. 61 Prozent der Kosten tragen die Anwohner, die Stadt hat also noch 144.000 Euro zu stemmen. Zwei Drittel ihres Anteils, rund 96.000 Euro, werden über das Förderprogramm Stadtumbau Ost gefördert.
Ein weiterer Punkt, an dem sich die Anwohner der Straße stoßen, ist eine kleine Grünfläche nahe des Kanals, die sich zwischen Mühlenweg und Ostergraben befindet. Die Stadt Haldensleben hätte die Ecke vor einiger Zeit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks verkaufen können, habe aber eine zu hohe Summe dafür aufgerufen, berichten Kerstin Bruer und Silvia Schulze. Nun habe die Stadt „den Salat“ und müsse sich selbst um die Grünfläche kümmern.
Deshalb sollen dort zwei Bäume gepflanzt und eine Bank mit Blick zum Kanal aufgestellt werden, erläutert Holger Waldmann die Pläne der Stadt. Die Anwohner fürchten, dass die Kosten dafür ebenfalls auf sie umgelegt werden. Die Arbeiten seien nicht beitragspflichtig, beschwichtigt jedoch Holger Waldmann.
Zum Thema Grundstücksverkäufe weist der Bauamtsleiter daraufhin, dass die Stadt etliche kommunale Splittergrundstücke verwalte, mit denen sie im Sinne des Steuerzahlers agieren müsse. „Wenn wir ein Grundstück verkaufen, dann gibt es dafür Regeln. Der Preis orientiert sich immer am aktuellen Bodenrichtwert der Gegend, den können wir uns nicht einfach ausdenken“, erklärt er.
Holger Waldmann hat außerdem Informationen zum Ausbau des angrenzenden Dammühlenweges parat, der laut Ostergraben-Anwohner viel maroder sei als ihre Straße. Er sei in der mittelfristigen Bauplanung der Stadt und werde deshalb innerhalb der kommenden drei Jahre saniert, so Waldmann dazu. Vor allem komme es darauf an, wann die Stadt dafür die nötigen Fördermittel bekommt, ergänzt er. Den Vorrang habe zunächst aber einmal der Ausbau der Großen Straße in Althaldensleben.
Der Fördermittelzusage folge übrigens ein immer gleicher Ablauf: Zunächst wird der Bauausschuss des Stadtrates über die geplanten Arbeiten informiert, später erfahren dann die Bürger in einer Versammlung alle Einzelheiten. So sei es auch beim Ostergraben gewesen, sagt Holger Waldmann.
Die Anwohner der Straße wollen die geplante Sanierung dennoch nicht akzeptieren. Sie haben 42 Unterschriften gegen die Baumaßnahme gesammelt und werden diese demnächst als Zeichen ihres Widerspruches im Rathaus einreichen.