Natur Mit Video: Schauspiel im Drömling - Tausende Rastvögel starten gleichzeitig
Ohrenbetäubend ist ihr Abflug: Tausende Gänse und hunderte Kraniche übernachten derzeit im Drömling. Ranger des Biosphärenreservates verraten, wo dieses Spektakel zu erleben ist.

Piplockenburg/Mannhausen. - Mit Sonnenaufgang starten tausende Gänse. Es hört sich an, als würde ein Flugzeug abheben. Die Schwärme, die in diesen Tagen in der Flachwasserzone in Piplockenburg Rast machen, bestehen aus vielen tausenden Vögeln. Das Geschnatter ist dementsprechend laut. Jährlich nutzen Rastvögel den Drömling als Zwischenstation. Der Drömling ist eine wichtige Zwischenstation für viele Vogelarten, die auf ihren weiten Wegen vom Brutgebiet ins Überwinterungsgebiet fliegen.
„Es sind heute etwa 8.000 Grau-, Saat- und Blässgänse sowie etwa 1.000 Kraniche“, beschreibt Nicole Eckhardt von der Naturwacht des Biosphärenreservates. „Es war so laut. Ich habe geglaubt, es kommt ein Zug. Das ist beeindruckend, wenn die Vögel starten“, sagt Peter Döring aus Nesenitz bei Klötze.
„Ein großer Anteil Graugänse ist dabei. Wenn man Glück hat, sieht man auch Weißwangengänse, Rothalsgänse, Nonnengänse, Zwerggänse und Kanadagänse“, ergänzt Naturfreund Wolfgang Sender, Ranger im Ruhestand. Es habe auch Jahre gegeben, da waren es über 20.000 Gänse, erinnert er sich.
Kraniche in kleinen Trupps
Das würde dann den Kranichen zu laut und zu unruhig sein und deshalb würden sich die Kraniche dann andere Schlafplätze suchen. „Die Gänse bleiben in Familienverbänden. Erst im Frühjahr, wenn sie anfangen zu brüten, dann trennen sie sich. So ist es auch beim Kranich“, weiß Sender. Erst nach dem Abflug der Gänse machen sich die Kraniche in kleinen Trupps auf den Weg.

„Wir haben im Drömling etwa 40 Kranichpaare, die im Winter hier bleiben und im Frühjahr gleich die Brutgebiete besetzen. Dann sind da auch noch einige tausend Kraniche, die eine Zwischenrast machen. Sie nutzen die Zeit hier, um sich zu paaren, weil in Norwegen und Schweden noch Eis und Schnee liegen. Wenn sie dann in Norwegen ankommen, wird in wenigen Tagen das Nest gebaut. Die Jungen schlüpfen dann zu einem Zeitpunkt, an dem der Frühling erwacht und sie genug Nahrung finden. Die Zeit ist für die Kraniche kurz, denn im September setzt dort schon wieder der Winter ein. Sie machen sich dann auf den Weg zu uns“, erzählt Sender.
Aber diese Kreisläufe kommen – nach seinen Beobachtungen – immer öfter durcheinander, denn der Klimawandel würde in den nordischen Gefilden auch die Welt der Rastvögel beeinflussen.
Seeadler frisst kranke Tiere
„Die 70 Hektar große Flachwasserzone entstand 2003 als Ausgleich- und Ersatzmaßnahme zum Mittellandkanal, der um 14 Meter verbreitert wurde“, erzählt Naturwächter Wolfgang Kampe. Der Beobachtungsstand, der im Zuge der Ersatzmaßnahmen für den Ausbau des Kanals entstanden ist, wurde im November 2008 im Zuge der attraktiven Gestaltung des Naturparks eröffnet. „Wir haben zum Beispiel am 20. November genau 3.934 Rastvögel gezählt“, sagt Kampe, der am Abend gemeinsam mit Alexander Ziemann Naturfreunde zu den Aussichtspunkten führt.
„Auch der Seeadler brütet seit einigen Jahren erfolgreich im Drömling“, sagt der Landschaftspfleger, der gleich nach seiner Schulzeit ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Drömling absolvierte. „Der Seeadler erkennt über die Gänseschwärme fliegend genau, welche Gans kränklich ist. Wenn er dann als Gesundheitspolizei diese Gans gefangen hat und mit ihr zum Boden fliegt, um sie zu fressen, hat der übrige Gänseschwarm nichts mehr zu befürchten“, weiß Ziemann. Der junge Rätzlinger ist gelernter Gärtner, arbeitet seit zwei Jahren als Landschaftspfleger im Reservat und hat sich nun für eine Stelle als Ranger beworben.
Vogelwelt beobachten
An den Schlafplätzen gibt es zwei Holzhäuschen, aus dem die Besucher mit Ferngläsern die Vögel beobachten können. Der Beobachtungsstand wurde im November 2008 eröffnet. Da der Zuspruch so groß ist, folgte ein zweiter.

Die Türen der beiden Beobachtungsholzhäuschen stehen immer für Naturfreunde offen. Auch in den nächsten Tagen besteht die Chance, den Abflug weiterer Gänse- und Kranichformationen zu erleben.
Wer eine Führung möchte, kann Kontakt aufnehmen bei der Biosphärenreservatsverwaltung unter Telefon 039002/8500.