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Naturschutz Störche im Drömling: Warum Adebar „Mose“ einen Sender trägt

Nicole Eckhardt von der Naturwacht des Biosphärenreservates weiß, wo die größten Gefahren für die Störche lauern.

Von Anett Roisch Aktualisiert: 12.07.2024, 11:30
„Mose“ läuft auf der Straße in Mannhausen herum. Gut sind der gelbe Ring am Bein und der Datenlogger auf seinem Rücken zu sehen.
„Mose“ läuft auf der Straße in Mannhausen herum. Gut sind der gelbe Ring am Bein und der Datenlogger auf seinem Rücken zu sehen. Foto: Anett Roisch

Mannhausen. - Der Jungstorch namens „Mose“ wurde im Juli 2019 zusammen mit einem Geschwisterstorch in der Nähe von Köckte als noch nicht flügger Jungstorch im Nest beringt und mit einem Sender versehen.

Nicole Eckhardt von der Naturwacht des UNESCO-Biosphärenreservates Drömling erzählt: „Nach der Beringung wurde ,Mose’ erst 2022 wieder in Deutschland an der Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt beobachtet. 2023 ist er erstmals wieder im Drömling gesehen worden. Damals hat er noch nicht gebrütet.“ In diesem Jahr hat Mose eine Partnerin gefunden und im April das Nest in Mannhausen bezogen. Der Horst dort wurde im vergangenen Jahr nicht von Störchen besetzt. „Jetzt ist das Nest wieder besiedelt. Unsere Freude darüber ist sehr groß“, sagt die Naturwächterin.

Die beiden Störche haben in diesem Jahr nach den Ausführungen von Nicole Eckhardt einen Jungstorch in ihrem Nest, der sehr gut versorgt wird. „Mose“ sei im Moment noch nicht wieder richtig flügge. Mehr dazu ist immer aktuell auf der Internetseite www.storchenhof-loburg.de/mose zu finden.

Das Storchenjahr 2024 ist sehr gut. Im Biosphärenreservat sind 77 Storchennester besetzt. Das seien 13 Nester mehr als 2023. Nicole Eckhardt und ihr Mann Wolfgang Sender sowie Ranger Ulf Damm kümmern sich im Besonderen um die langschnäbeligen Vögel.

Die Störche kamen – nach den Aufzeichnungen der Storchenexperten – in der Zeit zwischen dem 29. Januar 2024 (1. Storch in Mieste) und Ende April/Anfang Mai (Störche am neuen Nest auf einer alten abgesägten Pappel auf einem einzelnen Gehöft zwischen Breitenrode und Grafhorst) an.

Eng wird es im Nest der Adebars in Mieste. Die Jungstörche fliegen bereits aus.
Eng wird es im Nest der Adebars in Mieste. Die Jungstörche fliegen bereits aus.
Foto: Wolfang Sender

Neue Neststandorte wurden in Calvörde auf einem Werkstattschornstein in der Nähe des Mittellandkanals, in Bergfriede auf einem efeuüberwachsenen Hausgiebel und auf der Pappel zwischen Breitenrode und Grafhorst gegründet.

2024 wurden aber auch alte Storchennester, die über längere Zeit nicht genutzt wurden, wieder besiedelt. Dazu gehören die Nester in Werder, Buchhorst Bahnhof und östlich der L22 mitten im Ort, sowie das Nest in Krügerhorst bei Mieste.

64 Storchenpaare haben Nachwuchs. Noch nicht alle Jungstörche sind flügge. Sie lernen gerade erst fliegen und werden in den nächsten 14 Tagen, vielleicht auch 3 Wochen mit den Eltern auf ihre ersten eigenen Erkundungsflüge und auf ihre erste eigene Nahrungssuche gehen.

Jetzt ist die Zeit, in der die Jungvögel oft sehr lange allein im Nest sind. Die Storcheneltern kommen seltener mit Futter. Die Jungstörche werden etwas leichter, bilden bei den Flugversuchen im Nest die nötige Flugmuskulatur aus. Bei leichten Windböen fliegen sie bald kleinere Runden um die Storchenhorste und üben die Landung im Nest. „Wenn alle Jungstörche im Biosphärenreservat in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die bisher gezählt sind, wirklich flügge werden, dann sind das über 150 Jungstörche“, zieht die Naturwächterin überaus zufrieden Bilanz. Sie fliegen zuerst nur zur Futtersuche und zurück, versammeln sich aber oft schon einige Tage vor dem Abflug ins Winterquartier mit anderen Störchen. Sie starten etwa um den 20. August auf ihre erste Reise in den Süden.

Bei Futtersuche zu beobachten

Bis es soweit ist, verbringen die Störche noch einige Zeit auf den Wiesen, Weiden und Feldern im Drömling. Im länderübergreifenden Reservat sind sie oft auf den im Frühjahr lange mit Wasser überstauten Wiesen, in Wiesensenken, an Moordamm- oder Wiesengrabenrändern, bei der Wiesenmahd, auf Rinder- und Pferdeweiden, beim Bestellen der Felder, bei der Ernte von Ackergras und Getreide, in Blühstreifen und auf Rübenäckern bei der Futtersuche zu beobachten.

Störche bevorzugen offene Landschaften. Im Drömling werden viele Mähwiesen von den Landwirtschaftsbetrieben in Streifen gemäht, Äcker mit vielen unterschiedlichen Feldfrüchten bestellt, Brachen und Blühstreifen angelegt. Mit diesen Maßnahmen unterstützen die Landwirtschaftsbetriebe den Strukturreichtum der Drömlingslandschaft. Davon profitieren wiederum viele Insekten, Regenwürmer, Amphibien und Reptilien sowie Feld- und Wiesenvögel, die die Nahrungsgrundlage für die Störche sind.

Im Drömling treffen Störche von beiden Zugrouten aufeinander. Deshalb ziehen auch die Jungstörche über beide Zugrouten in ihr Winterquartier. Oft starten die Jungvögel etwas eher als die Altstörche. Die Storchentrupps werden dabei fast immer von Störchen begleitet, die die Reise ins Winterquartier bereits einmal absolviert haben. „Nach dem ersten Flug vom Nest und auf der ersten Reise ins Winterquartier lauern einige Gefahren auf die Störche“, weiß Nicole Eckhardt. Die Vögel müssen Stromleitungen, Wind- und Solarparks sowie Verkehrstrassen queren. Weiter im Süden suchen sie zum Teil auf offenen Mülldeponien nach Nahrung. Hier kommt es auch immer wieder zu Verletzungen und sogar zu Vergiftungen. Es sind Meere und Wüsten zu überqueren und ungünstige Wetterlagen zu überstehen. In manchen Ländern werden Störche sogar heute noch bejagt.

Forschungsprojekte zum Vogelzug

Wie gut die Adebars die Zugstrecke meistern, wird seit einigen Jahren in Forschungsprojekten zum Vogelzug mit besenderten Störchen untersucht. Solche Projekte hat auch der Storchenhof Loburg geplant und durchgeführt.

Dazu wurden schon in den Jahren 2012 und 2013 Störche im Drömling besendert und mit Datenloggern versehen. Einer von diesen besenderten Störchen war „Jonas“. Gebrütet hat „Jonas“ zuerst in Röwitz, dann einige Jahre in der Kolonie Winkel nahe Dannefeld und in den letzten Jahren am Köckter Mienenberg auf einem aufgestellten Mast in der Nähe einer alten Stallanlage und auf einem Strommast nahe an einem Wohnhaus. „Jonas ist eigentlich eine Störchin. Das hat sich aber erst herausgestellt, als das Weibchen das erste Mal mit einem Partner einen Nistplatz besetzt hat und bei der Paarung am Nest beobachtet werden konnte“, berichtet die Reservatsmitarbeiterin. Nach vielen erfolgreichen Bruten wurde Jonas im vergangenen Jahr im Kalten Moor nahe Buchhorst von einem Seeadler geschlagen.

„Etwa zur gleichen Zeit konnte aber bereits ein besenderter Nachwuchsstorch von Jonas zuerst bei Kolonie Krügerhorst nahe Mieste und später im Raum Quarnebeck am nordöstlichen Drömlingsrand anhand der Aufzeichnungen des Senders nachgewiesen werden“, erzählt die Naturschützerin.