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Schaf, Wolle und Handwerk Mit Video: Womit lockt das Wollfest zu einem alten Gutshaus im Landkreis Stendal?

In Neuermark-Lübars im Landkreis Stendal dreht sich alles um das Naturprodukt Wolle vom Schaf und was daraus gemacht wird. Was konnten die Besucher ausprobieren?

Von Max Tietze Aktualisiert: 03.07.2024, 11:48
Ulrike Henseler aus Breddin ist Clownin, Märchenerzählerin und musiziert bei den „Mirabellen“. Beim Wollfest in Neuermark-Lübars hat sie eine Handpuppe aus Wollfilz entdeckt.
Ulrike Henseler aus Breddin ist Clownin, Märchenerzählerin und musiziert bei den „Mirabellen“. Beim Wollfest in Neuermark-Lübars hat sie eine Handpuppe aus Wollfilz entdeckt. Foto: Max Tietze

Neuermark-Lübars. - Eine Premiere gab es mit dem Wollfest am und im alten Gutshaus in Neuermark-Lübars. Gut 20 Leute hatten ihre Stände auf dem Hof von Helga und Thomas Bühlmeyer aufgebaut. Alles hatte mit Wolle zu tun. Gäste bekamen den Weg vom Schaf bis zum fertigen Wollstoff zu sehen. Vorführungen und das eigene Ausprobieren begeisterten die Besucher. Wie könnte Dornröschens Spindel ausgesehen haben?

 
Beim Wollfest im alten Gutshaus in Neuermark-Lübars drehte sich alles um die Wolle. (Kamera/Bericht: Max Tietze, Schnitt/Sprecher: Christian Kadlubietz)

Das Wollfest war zudem Gelegenheit, sich im Gutshaus an frühere Zeiten zu erinnern und den Ort als Begegnungsstätte neu zu entdecken.

Als die beiden Architekten Helga und Thomas Bühlmeyer aus Münster 2018 den Entschluss fassten, das alte Gutshaus in Neuermark-Lübars zu übernehmen, wussten sie recht bald, dass es ein Haus mit mehreren Funktionen wird. Unter dem Namen OFFenes Haus entstehen Möglichkeiten zur Übernachtung, Platz für Workshops und Begegnung.

Der Hof des ehemaligen Gutshauses in Neuermark-Lübars war zur Premiere des Wollfestes mit zahlreichen Ständen gefüllt. Besucher bekamen  Produkte aus der Wolle von Schafen und von Alpakas. Wie gesponnen wird, konnten die Gäste sehen und ausprobieren.
Der Hof des ehemaligen Gutshauses in Neuermark-Lübars war zur Premiere des Wollfestes mit zahlreichen Ständen gefüllt. Besucher bekamen Produkte aus der Wolle von Schafen und von Alpakas. Wie gesponnen wird, konnten die Gäste sehen und ausprobieren.
Foto: Max Tietze

Thomas Bühlmeyer berichtet, wie die Idee für das Wollfest entstand: „Im vergangenen Jahr waren wir in Stüdenitz von der Atmosphäre auf dem Hof dort angetan, und haben erste Kontakte knüpfen können.“

Spindel fürs Spinnen

Zu den Wollspezialisten in Neuermark-Lübars gehörte die Spinngruppe aus dem Elb-Havel-Winkel. Die Mitglieder kommen unter anderem aus Schollene, Havelberg, Rathenow, Tangermünde und Quitzöbel. Rainer Wittenburg aus Garz ist in der Gruppe aktiv, er hat sich mittlerweile einen Namen als „Havelspinner“ gemacht – mit dem Spinnen und Weben von Schafwolle.

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Er erinnert sich: „Als ich aus dem Rhinower Ländchen nach Garz umzog, entstand der ,Havelspinner’. Mit Wolle hatte ich schon immer zu tun. Ich habe auch mehrere Jahre als Schäfer gearbeitet. Fünf Schafe brachten zu DDR-Zeiten sogar Geld ein. Heute braucht man wesentlich mehr, es sind meistens Schafe, die der Fleischgewinnung dienen.“

Beim Stabweben auf dem Gutshof entstehen aus dicken Wollfäden  robuste Stoffe.
Beim Stabweben auf dem Gutshof entstehen aus dicken Wollfäden robuste Stoffe.
Foto: Max Tietze

Zum Wollfest hatte Rainer Wittenburg verschiedene Kreuz- und Fallspindeln mitgebracht und führte vor, wie sie eingesetzt werden, um am Schluss ein pralles Wollknäuel in der Hand zu halten. Es ist das einfachste Werkzeug, womit seit Urzeiten Wolle zu Fäden versponnen wird. Rainer Wittenburg erklärte: „Das hatten die Schäfer immer in der Tasche und haben so nebenbei die Wolle zum Faden gemacht. Die Kreuzspindel ist von Vorteil, wenn es gleich ein Wollknäuel werden soll. Diese ist jedoch beim Spinnen etwas umständlicher.“

Rainer Wittenburg zeigt in Neuermark-Lübars das Spinnen mit einer einfachen Spindel.
Rainer Wittenburg zeigt in Neuermark-Lübars das Spinnen mit einer einfachen Spindel.
Foto: Max Tietze

Die Besucher konnten bei ihm auch sehen, wie Wolle kadiert wird. Die Wolle wandert dazu durch zwei drehende Walzen, und es entsteht aus den losen Fasern ein lockeres Wollvlies.

Gefilzt wird immer

Christel Lühmann aus Neuermark-Lübars gehört seit Jahrzehnten zu denjenigen, die am Spinnrad sitzen und das alte Handwerk vorführen. Das trifft auch auf die „Spinnfru van Dom“ aus Havelberg zu. Ulrike Salzmann fertigt aus regionaler Wolle Handgestricktes. In ihrer kleinen Wollwerkstatt wird die Wolle vom Rohzustand bis zum fertigen Handschuh bearbeitet. Meist trifft man sie zusammen mit Gabi Schulz aus Tangermünde auf Festen wie in Neuermark-Lübars. Petra Hoffmann aus Tangermünde führte das Stäbchen- oder Stabweben vor. Doch sie beherrscht noch mehr und erzählte: „Mit Wolle arbeite ich schon seit Jahrzehnten, Spinnen und Filzen gehören dazu.“

In der Wohnanlage für Menschen mit Beeinträchtigung in Schollene sind mehrere Alpakas zu Hause. Aus ihrer Wolle werden verschiedene Dinge hergestellt, Susanne Alisch stellte Gefilztes vor.

Das Wollfest wurde durch den Kultur- und Heimatverein Neuermark-Lübars unterstützt. Vereinsmitglieder kümmerten sich um Kaffee und Kuchen für den guten Zweck. Nancy Huhn sagte: „Unser kleines Dorf muss zusammenhalten. Gegenseitige Hilfe zählt.“

Einige der Gäste, die in das alte Gutshaus kamen, erinnerten sich an die Landwirtschaftliche Produktion zu DDR-Zeiten, und sie sahen ihre alten Schulräume wieder. Unterrichtet wurden die Klassenstufen 1 bis 4 in einem Teil des alten Hauses.

Dieses Wollfest bot zudem die Möglichkeit, sich für Workshops wie Filzen oder Weidenflechten im OFFenen Haus anzumelden. Im Herbst wird Bildhauerin Dana van Rissjen Anleitung für Skulpturen aus Holz und Stein geben.