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Projekt in Kusey / "Bewegung verbindet" / Tücken im Alltag "Rollstuhlsport macht Schule"

Von Markus Schulze 09.06.2015, 03:21

Wie es ist, in einem Rollstuhl zu sitzen, diese Erfahrung haben am gestrigen Montag die Erst- und Zweitklässler der Kuseyer Grundschule gemacht. Dort machte das Projekt "Bewegung verbindet - Rollstuhlsport macht Schule" Station.

Kusey l Ein Bordstein, eine Treppe, eine Engstelle. Was für andere Menschen überhaupt kein Problem darstellt, ist für Rollstuhlfahrer ein echtes Hindernis. Ksawery Borowicz muss diese Schwierigkeiten ständig meistern. Er ist halbseitig gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Dennoch ist der Junge in den Alltag der Kuseyer Grundschule, wo er die zweite Klasse besucht, bestens integriert. Allerdings konnten sich seine Freunde bisher kaum vorstellen, wie es ist, in einem Rollstuhl zu sitzen. Seit dem gestrigen Montag ist das ein bisschen anders. Da fand in der Kuseyer Grundschule nämlich das Projekt "Bewegung verbindet - Rollstuhlsport macht Schule", eine gemeinsame Initiative des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes Sachsen-Anhalt, der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost Halle (Saale) und dem Deutschen Rollstuhlsportverband unter Mitwirkung des Instituts für Rehabilitationspädagogik der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg statt. Ausnahmsweise. Denn eigentlich gehören zu der Zielgruppe ältere Schülerinnen und Schüler ab der neunten Klasse, wie Volker Möws erklärte. Doch für die Kuseyer Grundschule ließen sich Möws und seine Mitstreiter Robert Strohschein und Mathias Sinang gerne umstimmen.

"Ich wünsche mir, dass die Worte `barrierefrei` und `Inklusion` umgesetzt werden."

Projektbetreuer Volker Möws

"Es geht heute darum, dass die Mitschüler von Ksawery mal nachvollziehen können, wie es wirklich ist, in einem Rollstuhl zu sitzen", sagte Schulsozialarbeiterin Andrea Bartel. "Da gibt es so viele Hürden, die man sich kaum vorstellen kann."

Dafür nahmen sich Möws, Strohschein und Sinang, der als einziger der drei Männer tatsächlich einen Rollstuhl benötigt, für die Zweit- und danach Erstklässler je 90 Minuten Zeit. Die Schüler wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Während die einen in der Turnhalle Fangen oder Handball spielten - natürlich mit Rollstuhl - entdeckten die anderen im Freien, welche Tücken allein schon der Schulhof für einen Rollstuhlfahrer aufbietet, beispielsweise der Übergang vom gepflasterten Bereich zum sandigen Spielplatz.

Weiterhin ging es bei dem Projekt darum, dass sich die Grundschüler mit dem Thema Behinderung auseinandersetzen und dafür sensibilisiert werden, eventuelle Hemmschwellen und Berührungsängste gegenüber behinderten Menschen abzubauen und Sport als Möglichkeit zur Integration zu verstehen. Außerdem machten die Kinder erste praktische Übungen im Umgang mit dem Rollstuhl und lernten die alltäglichen Tücken kennen. "Es ist immer gut, wenn Kinder etwas selbst erleben", stellte Andrea Bartel fest.

Dieser Auffassung schloss sich Volker Möws an. Für ihn wäre das Projekt schon ein Erfolg, wenn die Kinder - in Anbetracht ihrer nun eigenen Erfahrungen - künftig erkennen, wenn ein Rollstuhlfahrer Hilfe braucht und prompt zur Tat schreiten. Außerdem würde er sich wünschen, dass die Worte "barrierefrei" und "Inklusion" (eine gleichberechtigte Gesellschaft, in der jeder Mensch akzeptiert wird, unabhängig von Alter, Herkunft, Bildung, Religion oder Behinderung, die Red.) keine leeren Floskeln bleiben, sondern umgesetzt werden. "Rein baulich", so sagte Möws, "gibt es für Behinderte schon genug Hürden, wie Schrägen, Absätze oder Stufen. Da wird kaum Rücksicht genommen. Das muss nicht sein. Andere Länder machen es uns vor. Aber vor allem müssen die Hürden in unseren Köpfen verschwinden."