Abc-Schützen Neue Umverteilung in Magdeburg
Als erste Kommune in Deutschland verteilt Magdeburg ab 2018 seine Abc-Schützen jährlich neu und rechnergestützt auf die Grundschulen.
Magdeburg l „Ich will das Verfahren hier nicht im Einzelnen erklären. Mag sein, das kann ich auch gar nicht, aber wir kommen so zu einer besseren Verteilung.“ Der Bildungsbeigeordnete Matthias Puhle (SPD) bestritt den Auftakt der mehr als einstündigen Ratsdebatte über die neuen Grundschulbezirke ab 2018 gleichermaßen einsichtig wie optimistisch. Magdeburg sei die erste Kommune in Deutschland, so Puhle, die ihre Einschüler künftig mittels mathematischen Algorithmus, also rein rechnergestützt, auf die Schulen verteilt; Berlin wolle in Zukunft möglicherweise ebenso verfahren.
Hintergrund ist keine neu entdeckte Technikliebe, sondern die wachsende Enge in den Schulklassen. Die Schülerzahlen steigen. 2144 Abc-Schützen sind 2018 zur Einschulung angemeldet; knapp 130 mehr als in diesem Jahr. Bis 2022 werden stetig mehr Kinder in die Schulen drängen; sie sind bereits geboren. Der Umstand – auch Grund für die Kita-Platz-Misere – veranlasste Oberbürgermeister Lutz Trümper an anderer Stelle zum Ausruf, dass man zumindest für die Stadt Magdeburg alle gehabten Prognosen vom Bevölkerungsrückgang „in der Pfeife rauchen“ könne. Magdeburg wächst.
Für den Bildungsausschuss signalisierte dessen Vorsitzender Bernd Heynemann (CDU) Zustimmung zum neuen Schülerverteilsystem 2018, allerdings blieben für die Zukunft wichtige Fragen zum Umgang mit ausländischen Kindern und zu sozialen Belangen (Erhalt von Stadtteilgemeinschaften) offen. Die Fraktion CDU/FDP/BfM setzte am Ende durch, dass Ottersleber Kinder künftig weiter in Ottersleben und Lemsdorfer weiter in Lemsdorf die Schule besuchen können. Allerdings – davor warnten Oberbürgermeister und Schuldezernent unisono – hat dies womöglich Klassenstärken nahe 30 Kinder in Lemsdorf zur Folge.
Die SPD setzte sich nach Elternklagen erfolgreich für Einzelinteressen ein und verschob die Zuordnung des Hauses Große Diesdorfer Straße 237 vom Schulbezirk Annastraße zum Glacis.
Der Bildungsausschuss setzte die Prüfung der Wiedereröffnung der Bertolt-Brecht-Schule in der gleichnamigen Straße als Grundschule durch. Für die kommenden Jahre wird das Objekt allerdings als Ausweichstandort während der Sanierung der Ernst-Wille-Schule benötigt.
Nebst diesen Änderungen verabschiedete der Rat die neue Schulbezirkseinteilung (Zuordnung der Straßen siehe Internet-Link im Infokasten) mit großer Mehrheit bei sechs Gegenstimmen (CDU, Gartenpartei, Linke, FDP) und drei Enthaltungen von Linken.
Die lange Debatte vor der Abstimmung machte indes klar, dass viele Räte nur widerwillig und der Not gehorchend ihre Zustimmung gaben. „Wenn man genauer hinsieht, ist es doch nur die Verteilung des Mangels“, urteilte Jürgen Canehl (Grüne) und schwor auf die Notwendigkeit weiterer Schulneubauten ein. Marco Ehlebe (SPD) monierte das Fehlen einer sozialen Komponente beim Zuschnitt der Schulbezirke: „Wo sozial Schwache leben, wie an der Umfassungsstraße, werden vollere Klassen provoziert. Das ist für mich völlig unverständlich.“ Eine „Zumutung für die Eltern“ nannte Gartenparteiler Roland Zander die neuen Schulbezirke und CDU-Mann Matthias Boxhorn ein „Schüler-Sudoku“.
Lutz Trümper ist die Debatte leid. Er mahnte: „Man muss wissen, was man will.“ Der Rat könne die Verwaltungsvorschläge ablehnen – mit der Konsequenz von ungleichen Klassengrößen zwischen 18 Schülern hier und 30 da. Andererseits bliebe die komplette Aufhebung der Schulbezirke eine Lösung – freie Elternschulwahl. Allerdings entscheidet an überlaufenen Standorten dann das Los darüber, wer hier zur Schule gehen darf und wer draußen bleibt.
Für den Fall, dass die neuen Schulbezirksgrenzen im Einzelfall Härten produzieren, soll eine noch zu bildende Härtefallkommission (Antrag CDU) bei der Schlichtung helfen.