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Galerie Himmelreich Alte Briefe, neuer Hut in Magdeburger Ausstellung

Mit einer fantastischen Welt aus Papier empfängt die Galerie Himmelreich in Magdeburg ihre Besucher. Warum diese in der neuen Ausstellung von einer Überraschung zur anderen stolpern und welche Rolle Teebeutel spielen.

Von Klaus-Peter Voigt 13.07.2024, 07:00
Anita Schubert trägt den Hut „Erinnerungen an alte Briefe“.
Anita Schubert trägt den Hut „Erinnerungen an alte Briefe“. Foto: Klaus-Peter Voigt

Magdeburg. - Objekte und Bilder von Anita Schubert, die derzeit in der Magdeburger Galerie Himmelreich zu sehen sind, lassen ungezwungene Fröhlichkeit aufkommen. Unter dem Titel „Im Papier Himmelreich“ zeigt die Künstlerin, die in Neddemin bei Neubrandenburg lebt, Arbeiten aus den vergangenen mehr als 20 Jahren.

Man stolpert in der Exposition von einer Überraschung zur anderen. Anita Schuberts Interesse gilt einem Material, das in seiner Vielfältigkeit kaum zu überbieten ist. Selbst aufgebrühte und sorgsam ausgekratzte Teebeutel erhalten bei ihr ein neues Leben. Ungezählte Exemplare wachsen zu einem Ganzen zusammen, bestechen durch wechselnde Brauntöne.

Mode-Kreationen als Markenzeichen

Sorgsam vereint, bilden sie den Ausgangspunkt für sehenswerte Objekte. Nur keine Angst, das Material erweist sich als sehr stabil, wie das riesige Engelsgewand belegt. Nach dem Transport in die Galerie musste es lediglich kurz aufgebügelt werden wie auch der Kimono aus Teebeuteln. Solche Mode-Kreationen sind ein Markenzeichen der Frau mit der Kurzhaarfrisur, die trotz des längst erreichten Rentenalters ihre Berufung keinesfalls aufgeben möchte.

Japanischer Traum, Objekt aus Teebeuteln, von Anita Schubert.
Japanischer Traum, Objekt aus Teebeuteln, von Anita Schubert.
Foto: Klaus-Peter Voigt

Wenn dann jemand von einem Hobby redet, reagiert sie fast ein wenig schroff, denn ihr Handwerk geht auf eine solide Ausbildung zurück.

Anita Schubert hat beim Modezar gelernt

1937 in Breslau geboren, kam Anita Schubert Anfang der 1940er Jahren mit den Eltern nach Magdeburg. Nach dem Schulbesuch ging es in die Ateliers beim Modezaren Heinz Bormann, um den Beruf der Damenmaßschneiderin zu erlernen. „Das war eine prägende Zeit und ich wollte eigentlich in der Modebranche weiterarbeiten und entschied mich dann doch für eine künstlerische Ausbildung“, berichtet sie.

Die Aufnahmeprüfung an der Fachschule für angewandte Kunst Magdeburg wurde problemlos bewältigt. Das Studium Grafikdesign in der Elbestadt endete durch die Schließung der legendären Bildungseinrichtung früher als geplant. Das sei eine Schande gewesen, zumal viele Dinge wie Zeichnungen, Malerei und Objekte aus den Depots der Schule auf dem Müll landeten, verbrannt wurden.

Blumenblätter und Purpurblitz, Collage, von Anita Schubert.
Blumenblätter und Purpurblitz, Collage, von Anita Schubert.
Foto: Klaus-Peter Voigt

Nach der Fortsetzung des Studiums in Berlin ging es nach Neubrandenburg, wo Schuberts Schwager als Maler seine Heimat gefunden hatte und den Weg in eine berufliche Zukunft ebnete. Trotzdem brach der Kontakt nach Magdeburg und den Berufskollegen nie ab.

Gern begeht sie, wenn etwas Zeit bei einem Besuch bleibt, das steinerne Labyrinth vor dem Dom. Das erscheint fast wie ein Ritual. Und nun, nach einer Einladung der Galerie Himmelreich, eine Personalausstellung in der alten Heimat.

Teures Hemd

Mit der zeigt Anita Schubert, was alles im Material Papier steckt. Im Fundus der Künstlerin haben die unterschiedlichsten Dinge einen Platz gefunden, denen irgendwann ein zweites Leben eingehaucht wird. „Das meiste, dass ich sammele oder selbst schöpfe, hat fast immer für vergangene andere Aufgaben gelebt, war Verpackung, bedrucktes Plakat, pflanzliche Faser zu Stoff verwebt, wurde als Brief mit der Hand geschrieben, ist zerkleinerter Abfall. Ich glaube, das verbrauchte leblose Material kann ich in eine andere Zustandsform transformieren, vielleicht in den Papierhimmel in Auferstehung und Weiterleben mit neuer Bedeutung und Botschaft schicken“, bringt sie es auf den Punkt.

Man trägt jetzt iPhone, Objekt, von Anita Schubert.
Man trägt jetzt iPhone, Objekt, von Anita Schubert.
Foto: Klaus-Peter Voigt

Da hat ein zartes Wespennest wie bei der Pudelmütze oder der Einladung nach Ascot das Zeug zum Kopfschmuck. Geschredderte alte DM-Geldscheine verwandeln sich in ein „teures Hemd“. Stets spürt man dabei die Freude, mit der die putzmuntere Frau ans Werk geht.

Wo und wie lange die Schau zu sehen ist

Handgeschöpftes Papier erlebt eine Verwandlung in heitere, farbige Collagen. Oder „Erinnerungen an alte Briefe“ heißt ein Hut, der als Schmuck Fetzen alter Schriftstücke trägt, bei einem erkennt der Betrachter noch das Wort Magdeburg. Dann widmet sich Schubert dem Pulp Painting, der Malerei mit flüssigem Papier. Das Muster beziehungsweise das Motiv wird unter anderem mit Hilfe von Schnüren, Bindfäden oder Stricken erzielt. Diese werden zuvor auf einem Sieb befestigt.

Jede der Arbeiten in der Galerie spricht vom souveränen Umgang mit dem Material Papier, mit dem sie permanent experimentiert, die Wirkungen erkundet.

Die Ausstellung „Im Papier Himmelreich“ mit Objekten und Bildern von Anita Schubert ist bis zum 9. August 2024 in der Galerie Himmelreich, Breiter Weg 213b/Ecke Danzstraße in Magdeburg zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr und Samstag von 10 bis 13 Uhr.