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Kunst in Magdeburg Der Maler Karl Anton und die Magie der großen Punkte

Der Leipziger Künstler Karl Anton zeigt in der Galerie Himmelreich in Magdeburg Bilder mit kraftvollen Farben, ausdrucksstarken Figuren und politischen Bezügen. Was ihn antreibt.

Von Klaus-Peter Voigt 07.06.2024, 06:10
Die Galerie Himmelreich in Magdeburg zeigt bis 5. Juli   Werke von  Karl Anton. Das Bild „Prolet“ stammt aus dem Jahr 2023.
Die Galerie Himmelreich in Magdeburg zeigt bis 5. Juli Werke von Karl Anton. Das Bild „Prolet“ stammt aus dem Jahr 2023. Fotos (3): Klaus-Peter Voigt

Altstadt. - Fast plakativ kommen die aktuellen Arbeiten von Karl Anton daher. Der Betrachter fühlt sich auf den ersten Blick an Pop-Art erinnert, doch in den kraftvollen Bildern stecken viele Einflüsse - und ganz aktuelle Themen. Gute Gründe, um genauer hinzuschauen.

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Mit Karl Anton kommt ein Künstler nach Magdeburg zurück, den sehr viel mit der Elbestadt verbindet. Vor 20 Jahren gab es eine Doppelexposition gemeinsam mit Peter Adler noch in den ursprünglichen Galerieräumen in der Himmelreichstraße, 2015 eine weitere mit Karl Oppermann. Sein Abitur legte er in der einstigen Bezirkshauptstadt ab, unternahm früh die ersten Schritte in der Malerei. Unter anderem beim einstigen Lehrer der hoch angesehenen Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Wilhelm Paulke besuchte er Kurse.

Gefängnis-Chef mit einer Leidenschaft für die Malerei

Doch der berufliche Werdegang führte den 1953 Geborenen auf einen völlig anderen Weg. So wirkte er als Chef der Justizvollzugsanstalt in der Sudenburger Wuhne und später im Halberstädter Gefängnis. Dabei war der Umgang mit Kunst stets eine Herzenssache, und das nicht nur in der Freizeit. Nach der Wende engagierte sich Anton für Häftlinge, für die die Beschäftigung mit Malerei und Grafik einen Ausgleich zum ansonsten eher trostlosen Alltag bildete.

Der Künstler Karl Anton  vor seinem Bild „Berberinnen. Der Weg“ von 2023.
Der Künstler Karl Anton vor seinem Bild „Berberinnen. Der Weg“ von 2023.
Foto: Klaus-Peter Voigt

2003 kam dann ein radikaler Wechsel. Er hängte den ursprünglichen Beruf an den Nagel und machte die Kunst zum Lebensinhalt.

2003 macht Karl Anton die Kunst zum Lebensinhalt

Kurze Zeit leitete der „Aussteiger“ im Ehrenamt den Berufsverband Bildender Künstler und engagierte sich bei der Fusion der beiden damals existierenden Verbände Halle und Magdeburg. Kein einfacher Prozess sei das gewesen, sagt er rückblickend. Schließlich noch der Umzug nach Leipzig, dem jetzigen Lebensmittelpunkt. „Doch für mich ist nach wie vor Magdeburg ein Stück Heimat, in die ich regelmäßig zurückkehre“, versichert der Maler.

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Die Ausstellung im Himmelreich zeigt eine neue Phase des Schaffens. Anton mag keinen Stillstand, entdeckt seine Welten stets aufs Neue, nutzt veränderte Ausdrucksmittel. Mit „Gegendagegen“ hat er den Wechsel zur Figürlichkeit in der bildnerischen Darstellung endgültig vollzogen. Ursprünglich galt die Abstraktion als Ziel, Anfang der 1990er Jahre, nach einer Reise durch Australien, gewannen archaische Ausdrucksformen die Oberhand. 2003 war die Mikrobiologie ein Faszinosum, das auf die Urformen der Natur Rückgriff nahm. Sieben Jahre später folgte die Beschäftigung mit dem Pointillismus. Der Punkt prägte nun die Arbeiten vor allem in der Ausstellungsreihe „Punctum“. Und jetzt nun das Figürliche.

„Europas Brautschleier“ ist erst in diesem Jahr entstanden.
„Europas Brautschleier“ ist erst in diesem Jahr entstanden.
Klaus-Peter Voigt

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Stets bleibt Malen für Anton ein Abenteuer, jedes Bild versteht sich als eine Reise, will Veränderungen aufgreifen. Dabei bleiben die vorausgegangenen Schaffensphasen in Ansätzen erhalten. Große Punkte finden sich wie ein Programm auf den Bildern, in deren Mittelpunkt der Mensch steht. „Ich mag es, wenn die noch flüssige Tusche eher zufällig verläuft, daraus Linien entstehen, die Erdanziehung eine Rolle spielt“, sagt Karl Anton.

Karl Anton sieht seine Bilder als Wege zu Emotionen

Beide bilden quasi eine Netzstruktur, die auf den Arbeiten über dem eigentlichen Motiv liegen. Dann sind Mikadostäbe zu entdecken, die sich als Zeichen für die Instabilität in der gegenwärtigen Zeit deuten lassen. Überhaupt sollen die Gedanken angeregt werden, sich mit politischen, unruhigen Zeiten zu beschäftigen. Unterschiedliche Seiten eines Themas will der Künstler beleuchten, anregen, die Komfortzone zu verlassen. „Dabei sollten die Betrachter sich nur Zeit nehmen, die Bilder auf sich wirken zu lassen. Der Inhalt soll nicht erkannt, sondern gefühlt werden“, sagt er. Seine Arbeiten bauen für ihn Wege zu Emotionen, zu Glück, Freude, Liebe, Angst und Traurigkeit.

Unter diesen Aspekten ist die Ausstellung keine leichte Kost, sie erfordert ein Eingehen auf die gezeigten Motive. „Europas Brautschleier“ steht dafür beispielhaft. Das Motiv der Europa, die vom Stier entführt wird, lässt Raum für Deutungen, verlang regelrecht danach. Auch der „Prolet“ will keineswegs unkommentiert im Raum stehen. Wogegen protestiert er? Ist darin eine Abwendung von der Gesellschaft zu sehen? „Gegendagegen“, das Ausstellungsmotto, wirft eine weitere Frage auf. Steht diese Aussage automatisch für dafür?