1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Bombardierung der Stadt vor 80 Jahren: Magdeburger Zeitzeuge: „Die Altstadt lag als einziger Trümmerberg da ...“

Bombardierung der Stadt vor 80 Jahren Magdeburger Zeitzeuge: „Die Altstadt lag als einziger Trümmerberg da ...“

Aus einem Augenzeugenbericht über den Bombenangriff auf Magdeburg am Abend des 16. Januar 1945 und den Tagen danach.

16.01.2025, 06:20
Augenzeuge Johann Trimborn.
Augenzeuge Johann Trimborn. Foto: Archiv Karl-Heinz Kaiser

Magdeburg - vs

Der Magdeburger Werner Meister bewahrt das Tagebuch seines Großvaters Johann Trimborn auf, in dem dieser das Grauen des Feuersturms am 16. Januar 1945 festgehalten hat. Johann Trimborn wohnte seit 1944 im nahen Olvenstedt (heutiger Bereich der Kreuzung Weizengrund/Zur Tonkuhle). Nachfolgend Passagen aus dem Augenzeugenbericht:

Als die Flieger am 16. Januar 1945 kamen, lag ich schon im Bett. Ein gewaltiges Rauschen ließ vermuten, dass etwas Besonderes im Anzuge war. Wir liefen zu dem Bunker. Über Magdeburg standen bereits die leuchtenden Christbäume, und jetzt erst heulten die Sirenen Alarm. Da prasselten schon die Brandbomben herab, die auch in Olvenstedt Schäden verursachten. Welle auf Welle neuer Flugzeuge flogen über uns hinweg nach Magdeburg. 35 Minuten lang. Von Magdeburg bis zu den vorgelagerten Hügeln bei Irxleben breitete sich ein einziges Flammenmeer aus.

Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg nach Magdeburg in die Heydeckstraße. Von der Olvenstedter Chaussee bog ich in die Hindenburgstraße (heute Albert-Vater-Straße / d. R.) ein, deren Häuser fast alle brannten. Durch etwa 20 große Bombentrichter musste ich hindurch klettern. Die Menschen hatten übernächtigte geschwärzte Gesichter, in deren Augen noch der Schrecken stand. Fast bis zehn Meter hoch türmten sich Steinen Holzbalken, Eisenträgern, Wohn- und Hausrat - und alles brannte. In der Wilhelmstadt brannten Straßen. Was von den Häusern an hochragenden einzelnen Mauern noch stand, drohte, jeden Augenblick einzustürzen.

Vor dem Bahnhof in der Kölner Straße und in der Kantstraße lagen die Trümmerberge hoch, Qualm und Staub brannten in den Augen. Die Otto-von-Guericke-Straße war in ihrer Breite von 24 Meter mit Trümmern versperrt.

Am Breiten Weg stand auf einer Länge von 1.500 Meter vom Kaiser Wilhelm Platz bis zum Scharnhorstplatz kein Haus mehr. Die Schuttberge lagen 20 Meter hoch und höher.

Die Altstadt lag als ein einziger Trümmerberg da, aus dem die Flammen hervorzüngelten oder schwarzer Rauch in dichten Schwaden hervorquoll. Hier versuchte kein Mensch mehr, etwas zu löschen oder zu retten, es war alles hoffnungslos.

Nach Tagen ging man daran, die Toten zu bergen. Reihenweise lagen sie in den Straßen, die man aus den weniger verschütteten Kellern hatte herausholen können: 6, 8, manchmal 20 Leichen nebeneinander, verkohlt, verkrümmt, Kinder und Erwachsene.

Das in Sütterlin-Schrift abgefasste Zeitdokument wird von den Nachfahren Johann Trimborns in der Familie weitergereicht. Eine Abschrift will Werner Meister dem Stadtarchiv und dem Museum übergeben. Die Nachwelt soll als Mahnung erfahren, was Krieg bedeutet.