Corona-Impfung Niedersachse will Zweitimpfung in Magdeburg auf dem Rechtsweg bekommen
Eine Odyssee durch die Behörden beschreibt der Anwalt Eckhard Hoßbach aus Schöningen im Landkreis Helmstedt. Einen Termin für die zweite Corona-Impfung zu bekommen, sei nicht möglich. Die Stadt Magdeburg hatte den Termin für die Zweitimpfung abgesagt. Er schaltet nun das Verwaltungsgericht Magdeburg ein. Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper reagiert verärgert.

Magdeburg - Mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Magdeburg möchte der Anwalt Eckhard Hoßbach Ende Juni doch noch in Magdeburg eine Zweitimpfung gegen das Corona-Virus erhalten. Er gehört zu den etwa 900 Menschen aus Niedersachsen und anderen Bundesländern, die eine Erstimpfung in der Landeshauptstadt Magdeburg erhalten hatten, verbunden mit einem Termin für die Zweitimpfung, der schließlich von der Landeshauptstadt Magdeburg mit Verweis auf das Wohnortprinzip storniert worden war. Am 9. April 2021 sei Hoßbach geimpft worden, einen Monat später habe er die Information erhalten, dass der Termin für die zweite Impfung storniert worden sei - „mit fadenscheinigen Gründen“.
„Ich habe sofort angefangen zu rotieren“, schildert der Anwalt im Volksstimme-Gespräch. Zahlreiche Telefongespräche habe er geführt, um in Niedersachsen einen Termin für seine Zweitimpfung zu bekommen. Die Behörden hätten ihn jedoch zurückverwiesen an den Ort der Erstimpfung, also an die Stadt Magdeburg.
Zu Himmelfahrt, am vergangenen Donnerstag, hat das Sozialministerium von Sachsen-Anhalt Betroffenen wie Eckhard Hoßbach eine Zweitimpfung im Landkreis Börde in Aussicht gestellt. Auch dort habe Hoßbach versucht, jemanden zu erreichen, um einen Termin zu vereinbaren. Erfolglos. „Man wird an die Rufnummer 116 117 verwiesen“, sagt er. Doch unter dieser Rufnummer lande er in einem Telefoncenter in Hannover. „Ich müsste mit meinem Handy erst über die Landesgrenze nach Sachsen-Anhalt fahren“, sagt er. Nur so würde er auch in einem Telefoncenter in Sachsen-Anhalt landen.
Anwalts-Meinung: Stadt hätte Termin nicht absagen dürfen
Die Stadt Magdeburg habe der Anwalt noch zweimal angeschrieben, um sie zum Einlenken zu bewegen. Doch er habe keine Antworten auf seine E-Mails erhalten. Deshalb habe er nun einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Magdeburg gestellt. Seiner Einschätzung nach hätte die Stadt den bereits vergebenen Termin für die Zweitimpfung nicht stornieren dürfen, da es sich um einen Gesamtvorgang handele.
Pressesprecher Christoph Zieger bestätigt auf Volksstimme-Nachfrage den Eingang des Eilantrages am 18. Mai 2021, mit dem Hoßbach zu seiner Zweitimpfung kommen möchte. Wann darüber entschieden wird, kann Zieger noch nicht sagen.
Ehe das Gericht eine Entscheidung treffen werde, müsse sich erst einmal die Gegenseite, also die Landeshauptstadt Magdeburg, dazu äußern, erläutert der Gerichtspressesprecher. Auf diese Stellungnahme warte das Gericht. Außerdem könnte das Angebot für eine Zweitimpfung im Landkreis Börde den Verlauf des Verfahrens beeinflussen. Eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage will Zieger nicht geben.
Zweiter Eilantrag am Verwaltungsgericht Magdeburg
Der Eilantrag von Hoßbach ist nicht das einzige Verfahren beim Verwaltungsgericht Magdeburg, mit dem ein nicht in Sachsen-Anhalt gemeldeter Bürger versucht, den Zweittermin für die Corona-Impfung in Magdeburg einzuklagen. Es gebe ein weiteres Verfahren mit gleichem Inhalt, informiert Zieger. Es stamme vom 12. Mai. Der Verfahrensstand sei aber noch nicht weiter vorangeschritten als das im Fall von Eckhard Hoßbach.
Anwalt Hoßbach sagt, er habe das Angebot, sich in Magdeburg impfen zu lassen, guten Gewissens angenommen. Vielleicht sei dort Impfstoff übrig geblieben, habe er vermutet. Er erhielt die Erstimpfung mit dem Impfstoff des Pharma-Unternehmens Astra Zeneca. Viele Niedersachsen, denen die Zweitimpfung in Magdeburg versagt worden ist, hätten jetzt regelrecht Angst. Auch er sei in großer Sorge, dass es mit einem Zweittermin binnen zwölf Wochen nach der Erstimpfung nicht klappen könnte und damit auch kein ausreichender Impfschutz bestehe. Er verweist auf die gesamtgesellschaftliche Verantwortung.
Hoßbachs Hoffnung ist, dass entweder die Stadt Magdeburg noch einlenkt oder aber eine Zweitimpfung im Landkreis Börde möglich wird.
Oberbürgermeister Trümper verärgert über Eilanträge
Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper reagiert verärgert auf die Eilanträge. Er verweist wiederholt auf das Wohnortprinzip und darauf, dass sich die Zuteilung des Impfstoffes nach der Bevölkerung vor Ort richte. Wer nun auf einer Zweitimpfung in Magdeburg bestehe, nehme den Magdeburgern die Impfdosen weg. Und das vor dem Hintergrund, dass in Niedersachsen bereits 39 Prozent der Bevölkerung geimpft sei, in Sachsen-Anhalt aber nur 36 Prozent. Trümper hält es daher moralisch für zutiefst unverantwortlich, die Zweitimpfung in Magdeburg einzuklagen, zumal die Ministerpräsidenten beider Länder eine Vereinbarung getroffen hätten, dass die Betroffenen ihre Zweitimpfung in Niedersachsen bekommen könnten.
Die Behauptung, die Betroffenen würden keinen Impftermin in ihrem Bundesland bekommen, erachtet Trümper als unglaubwürdig. Denn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe bereits angekündigt, die Impfpriorisierung ab 7. Juni aufheben zu wollen. „Es ist also anscheinend genügend Impfstoff da“, so Trümper. Jeder könne dann vor Ort einen Termin bekommen. Und es bleibe genügend Zeit, noch einen Termin für die Zweitimpfung zu organisieren.
Trümpers Ansicht nach gehe es den Klägern aber einzig ums Rechtsprinzip. Die moralische Dimension werde nicht verstanden.
Impfstoff-Nachfrage bleibt riesengroß
Die Nachfrage nach Impfstoff sei in Magdeburg nach wie vor riesengroß, berichtet das Magdeburger Stadtoberhaupt. Termine, die in Magdeburg freigeschaltet werden, seien innerhalb von 15 Minuten vergeben. Auch nach der Aufhebung der Impfpriorisierung werde es für Auswärtige daher in Magdeburg keine Corona-Impfungen geben, verweist er erneut auf das Wohnortprinzip.
Trümper betont zudem, dass die Stadt Magdeburg nicht dazu eingeladen hatte, dass sich auch Menschen aus anderen Kreisen und Ländern in Magdeburg impfen lassen könnten. Das sei eine Falschinformation gewesen, die von Medien über die sozialen Netzwerke verbreitet und dann von anderen Medien aufgegriffen worden sei. Daraufhin erst habe es den großen Andrang aus anderen Kreisen und Bundesländern gegeben.
Der Pressesprecher des Landkreises Börde, Uwe Baumgart, bestätigt, dass im Landkreis Börde bereits Vorbereitungen für die Zweitimpfung der in Magdeburg abgewiesenen Bürger aus anderen Bundesländern liefen.
Betroffene sollen nächste Woche Post bekommen
Über das Ministerium für Soziales werden die Betroffenen in der nächsten Woche Post erhalten. Darin werde auf eine telefonische sowie auf eine E-Mail-basierte Kontaktmöglichkeit verwiesen. Sowohl per E-Mail als auch telefonisch könnten Bürger dann einen Termin für die Zweitimpfung im Landkreis Börde vereinbaren.
Damit diese Hotline nicht sofort belegt ist, würden die Kontaktdaten bewusst nur dem betroffenen Personenkreis bekanntgegeben. Diese Variante habe sich im Hinblick auf die dezentralen Impfungen im Landkreis Börde bereits bewährt.
Der Impfstoff für die in Magdeburg abgewiesenen Zweitimpflinge aus anderen Bundesländern werde vom Land Sachsen-Anhalt zusätzlich zur Verfügung gestellt und gehe nicht vom Kontingent ab, das für die Bevölkerung des Landkreises Börde vorgesehen sei, betont Baumgart weiter. Die Impfung werde voraussichtlich an einem dezentralen Ort und nicht im Impfzentrum des Landkreises Börde stattfinden.