Schauspielhaus Pippi Langstrumpf auf Magdeburger Bühne
Das Schauspielhaus in Magdeburg feierte am 14. Oktober 2017 die Premiere von Pippi Langstrumpf. Weitere Vorstellungen folgen.
Magdeburg l Millionen von Kindern weltweit hat Astrid Lindgren mit ihrer Pippi Langstrumpf begeistert. Nun ist die naseweise Neunjährige mit den markanten roten Zöpfen im Schauspielhaus Magdeburg zu erleben.
Dicht an der Roman-Vorlage hat Regisseurin Grit Lukas, die sich mit dieser Inszenierung aus Magdeburg verabschiedet, das Stück für Kinder ab dem achten Lebensjahr gestaltet und erinnert mit der Lehrerin Frau Lindgren (Marie Ulbricht) auch an die Autorin.
Aus dem Zuschauerraum ziehen Pippi und ihre Gefährten, der Affe Herr Nielson und das Pferd Kleiner Onkel, in die von Bühnenbildner Leif-Erik Heine mit Liebe zum Detail gestaltete Villa Kunterbunt ein. Viel Holz, das in Rot, Blau und Gelb gestrichen ist, bestimmt das Bild. Am Dachfürst hängt kurz nach dem Einzug auch das Schild mit der Aufschrift Villa Kunterbunt.
Selbst wenn im Verlauf des Stückes der Ort des Geschehens wechselt, bleibt die Villa erhalten und wird durch geschickten Einsatz von Stoff und herabsenkbaren Ausstattungsgegenständen in andere Schauplätze verwandelt oder sie werden ihr vorgelagert – etwa ein Klassenzimmer, eine Zirkusmanege oder ein Wohnzimmer.
Das Hochbett, in dem Pippi natürlich mit den Füßen auf dem Kopfkissen schläft, dient zum Beispiel auch als Boxring. Umbaupausen bleiben dem jungen Publikum damit erspart, vielmehr bringen die Schauspieler das notwendige Mobiliar und Requisiten für die jeweilige Szene gleich selbst mit auf die Bühne.
Pippi und ihre späteren Freunde Tommy und Annika lernen sich gleich zu Beginn des Stückes kennen. Die beiden kommen ebenfalls über den Zuschauerraum und im singenden Klassenverband, mit hellblauen Kniestrümpfen, beigefarbener Uniform und gelben T-Shirts gekleidet, sich an den Händen haltend, auf die Bühne und vergessen über das neue Schild an der Villa und die interessante Bewohnerin doch glatt, dass sie eigentlich zur Schule müssen.
Kostümbildnerin Henrike K. Fischer betont mit den spießigen Uniformen den Kontrast zur unangepassten Pippi mit ihrem bunten Kleidchen, langen Strümpfen und Stiefeln. Dennoch darf die Frage gestellt werden, ob etwas zeitgemäßere Kleidung für die Schüler nicht eher zur Erlebniswelt heutiger Kinder passen würde. Richtig ausgelebt hat sie sich bei der Kostümierung der Piratencrew, die wie einem Kinderbuch entsprungen scheinen und besser kaum hätten gekleidet sein können.
Was die Inszenierung von Grit Lukas auszeichnet ist, dass sie nicht nur die Hauptfiguren in Szene setzt, sondern auch vermeintlich kleine Rollen wie Frau Prysselius oder die Zwillingsschwestern Iris und Susi und die Polizei (Iris Albrecht und Burkhard Wolf) ausgestaltet und ihnen auf diese Weise nicht nur einen Charakter verleiht, sondern auch das Publikum zum Lachen bringt – Kinder wie Erwachsene. So versucht Frau Prysselius (Susi Wirth) zum Beispiel mit immer neuen Techniken, den Weg in die Villa Kunterbunt zu erklimmen – unter Gelächter und Szenenapplaus der Zuschauer.
Überhaupt tauchen viele aus dem Roman bekannte Szenen auf – wie Pippi zwei Langfingern das Handwerk legt oder in die Schule geht oder wie sie zu Gast beim Kaffeekränzchen ist oder sich auf dem Jahrmarkt mit dem stärksten Mann der Welt misst, und selbst die wilde Piratencrew ihres Vaters samt Schoner und Kapitän Langstrumpf hat ihren Auftritt. Schön, dass auch die sensitive Seite der Figur zum Tragen kommt – etwa in einer Traumszene, in der sie ihre Mutter und ihren Vater trifft.
Eine beeindruckende Leistung der beteiligten Schauspieler ist die Szene, in der Pippi Langstrumpf in den Boxring steigt und sich mit dem starken Adolph (Cornelius Gebert) misst. Statt einen schnellen Kampf darzustellen, verfallen sie hier in den Zeitlupe-Modus, der die Szene nicht gewaltätig und brutal, sondern tatsächlich lustig wirken lässt. Viele Schauspieler schlüpften zudem in gleich mehrere Rollen, die im Verlauf des Stückes immer wieder hin- und herwechselten.
Vor allem die Kinderrollen dürften für die Darsteller eine Herausforderung gewesen sein. Denn als Erwachsener ein Kind zu spielen, birgt die Gefahr, unbeholfen zu wirken. Pia-Micaela Barucki aber gelingt es erstaunlich gut, sich in die Pippi Langstrumpf einzufühlen und sie glaubhaft zu transportieren. Etwas übertrieben wirken dagegen Tommy (Marian Kindermann) und Annika (Maike Schroeter), deren Charaktere etwas überzeichnet wurden.
Geschickt eingebunden wurden Herr Nielson (Amadeus Köhli) und Kleiner Onkel (Cornelius Gebert), die für Musik auf der Bühne sorgten. Bei der Musikauswahl weicht Amadeus Köhli zwischenzeitlich von der sonst klassischen Inszenierung ab und setzt auf Modernes – so stellen sich Pippi und ihre tierischen Gefährten der Frau Prysselius zum Beispiel mit einem Rap vor. Auf dem Jahrmarkt gibt es den Sunshine-Reggae zu hören. Das Pippi-Langstrumpf-Lied erklang als krönender Abschluss des Stückes.
Wer sich die Vorstellung ansieht, bekommt eine Pippi Langstrumpf, wie man sie kennt und liebt, zu sehen.
Weitere Vorstellungen sind am
- Freitag, 20. Oktober, 18 Uhr,
- Donnerstag, 26. Oktober, 11 Uhr,
- Freitag, 27. Oktober, 11 Uhr,
- Freitag, 10. November, 11 Uhr,
- Freitag, 24. November, 19.30 Uhr und
- Donnerstag, 28. Dezember, 15 Uhr.