Schulausbau Falsches Spiel mit Magdeburger Grundschule
Das Nein zum Grundschulbau in Magdeburg-Ottersleben erhitzt die Gemüter. Im Blickpunkt steht ein falsches Zahlenspiel.
Magdeburg l Nein, so einfach wollte Ratsmitglied Jürgen Canehl (Die Grünen) die Entscheidung des Stadtrates Magdeburg nicht hinnehmen. Das Gremium hatte sich während seiner Sitzung am 19. Oktober 2017 knapp, aber mehrheitlich gegen das Bebauungsplanverfahren „Grundschule am Amtsgarten“ ausgesprochen.
Einigkeit herrschte in der Feststellung, dass in Magdeburg-Ottersleben besser heute als morgen das Platzproblem im bestehenden Bau an der Richard-Dembny-Straße gelöst werden müsse. Aber eben nicht ein Neubau auf dem 6100 Quadratmeter fassenden Kleingartenareal im dicht besiedelten Wohngebiet im Umfeld der Hängelsbreite.
Das Argument, dass das Areal zu klein sei für den Grundschulbau, ließ Canehl nicht gelten. Im Internet und in einer Presseerklärung gegenüber der Volksstimme legte der bildungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion nach und lag dennoch daneben.
„Die Situation der 1997 neu gebauten Grundschule ‚Am Grenzweg‘ zeigt eindrücklich, dass es geht, denn auf einem weniger als 2000 Quadratmeter großen Grundstück haben die Architekten einen einzigartigen Entwurf erstellt. Die Klassenräume umschließen zwei als Schulhöfe genutzte Innenhöfe. Das jetzt zur Diskussion stehende Grundstück ist mehr als dreimal so groß und das Argument scheint damit vorgeschoben“, ließ er die Öffentlichkeit wissen.
Allerdings: Auf Nachfrage bei der Stadt Magdeburg ist zu erfahren, dass das Schulgrundstück am Grenzweg mit Schule, Sporthalle und Sportplatz rund 11.600 Quadratmeter umfasst. Darauf angesprochen, räumt Canehl seinen Fehler ein. „Das ist peinlich“, merkt der erfahrene Immobilienexperte an.
Dass gerade ihm dieser Fauxpas unterlaufen ist, ist fast schon tragisch: Seit Jahren zählt Canehl zu den Stadträten, die sich um die Schulproblematik in Magdeburg bemühen und als Befürworter einer zweiten Grundschule für Ottersleben gelten. Er habe sich auf Angaben des Liegenschaftsamtes gestützt.
„Für eine drei- bis vierzügige Schule ist der Standort dann doch nicht geeignet. Fest steht aber, dass Ottersleben eine zweite Schule benötigt, die nicht außerhalb im Industriegebiet liegen darf“, so Canehl. Es gelte, möglichst rasch den Beschluss zum Neubau umzusetzen.
In der Zwischenzeit haben sich auch jene Bewohner des Wohngebiets an der Hängelsbreite mit einem offenen Brief zu einer Reaktion genötigt gefühlt, die sich im Vorfeld der Ratsentscheidung mit ihren Bedenken hinsichtlich des Grundschulvorhabens an die Räte und die Stadtverwaltung gewandt hatten. Auch ihnen spielte Canehl mit den Worten „Die Anwohner sollten sich eigentlich schämen“ den Schwarzen Peter zu.
„Für uns stellt sich die Frage, warum nach zehn Jahren der Suche für eine Lösung für das Platzproblem in der Grundschule mit dem Amtsgarten nur eine Notlösung präsentiert wurde“, so einer der Anwohner am Volksstimme-Telefon.
In diese Kerbe schlägt auch der Stadtelternrat. Vorstand Tim Liebe hatte in seiner Reaktion zum Stadtratsentscheid auch auf die Grundschule am Grenzweg verwiesen und deren Größe mit 2000 Quadratmetern beziffert. Vorstand Tim Liebe räumt den Irrtum ein. Man erlebe nun, dass sich die Stadt Magdeburg „von sich aus um Standorte bemüht und einige wenige Stadträte sich an der konstruktiven Standortsuche beteiligen“.
Die Fraktion der Gartenpartei bringt das Areal eines Nahversorgers an der Ecke Halberstädter Chaussee/Schwarzer Weg sowie eine landwirtschaftlich genutzte Fläche an der Halberstädter Chaussee nahe der Grenze zum benachbarten Stadtteil Sudenburg ins Gespräch. Allerdings: Beide Standorte wären nur mit Ankäufen realisierbar.
Für Rainer Buller ist eine Lösung in einer Segmentbauweise machbar, „um möglichst schnell eine Schule aufbauen zu können. Dadurch ist man auch flexibel und könnte den Platz je nach Bedarf verkleinern oder vergrößern.“
Nicht ganz so konkret gibt sich die SPD-Fraktion. Christian Hausmann verweist auf den großen Handlungsdruck, der sich angesichts der Schülerzahlen eingestellt hat: „Aus unserer Sicht ist es jedoch sinnvoller, dort eine neue Schule zu bauen, wo perspektivisch Familien mit Kindern hinziehen. Die Ansiedlung zwischen Ottersleben und Lemsdorf, wo zukünftig neue Eigenheimgebiete für Familien entstehen werden, halten wir daher für vielversprechender und vor allem zukunftssicherer gegenüber dem Standort Amtsgarten.“
Zudem wäre eine Schule dort auch für die Schüler aus Lemsdorf gut zu erreichen. Stadtrat Günther Kräuter spielt den Ball zurück zur Stadt Magdeburg. Man hätte sich gewünscht, „dass die Verwaltung neben dem Vorschlag Amtsgarten auch die erwähnten alternativen Grundstücke in der Drucksache bekanntgegeben hätte. Somit wäre man nicht nur auf einen Neubaustandort festgelegt worden, der eine verkehrlich ungünstige Situation aufweist.“
Wigbert Schwenke (CDU) aus Ottersleben hält nach wie vor daran fest, dass eine Erweiterung der Schule an der Richard-Dembny-Straße für den Stadtteil die beste Lösung sei. Dafür muss allerdings eine Einigung mit einer Erbengemeinschaft erzielt werden, um ein benachbartes Grundstück nutzen zu können. „Dann könnte die Raumsituation entzerrt werden, der Hort umziehen und die vierten Klassen, die schon über Jahre in der Schule in Frankefelde ausgelagert sind, endlich wieder zurückziehen“, so der Ottersleber.
Dadurch würde der gewachsene zentrale Standort weiterhin erhalten und Kinder in Ottersleben beim Gang zur Schule nicht getrennt werden. Dieser Tenor herrscht auch im Heimatverein Ottersleben (HVO), dem Bürgerverein „Bürger für Ottersleben“ (BfO) und der Gemeinwesenarbeitsgruppe (GWA) vor.
Ist der Anbau nicht machbar, soll die Stadt Magdeburg alternativ auch über Grundstücksankäufe eine zweite Grundschule an einem geeigneten Platz bauen. Ein interfraktioneller Antrag von SPD, CDU und Links für Magdeburg (LfM) findet sich auf der Tagesordnung des Stadtrates am 9. November 2017 wieder. Dieser zielt auf eine Standortsuche ab, die von der Stadt im nordöstlichen Bereich von Ottersleben und dem südwestlichen Bereich von Lemsdorf voranzutreiben sei.