Wohnen Streit um Häuslebau in Magdeburg

Magdeburg
An vielen Stellen Magdeburgs werden neue Baugebiete erschlossen. In den Randlagen geschieht dies vor allem für den Bau von Einfamilienhäusern. Bei den Flächen, die bislang nicht anderweitig bebaut waren, weht den Investoren regelmäßig Gegenwind entgegen.
Dies war auch im Falle der Erweiterung eines bereits vorhandenen Wohngebiets in Lüttgen-Salbke so. Zwar hat der Stadtrat der „Weiterführung des Bebauungsplanverfahrens und Erweiterung des Geltungsbereichs zum Bebauungsplan Iltisweg“ auf seiner Märzsitzung 2021 zugestimmt. Zuvor hatte der Bauausschuss jedoch nur mit denkbar knapper Mehrheit das Vorhaben befürwortet. Und der Umweltausschuss hatte es gar komplett abgelehnt.
Wohnwünsche und Flächenverbrauch
Der Grund für Kritiker, einem solchen Vorhaben nicht zuzustimmen: Mit Einfamilienhäusern wird Land verbraucht, das dann nicht mehr für den Ackerbau, als Grünland oder Waldfläche zur Verfügung steht. Durch versiegelte Flächen wird zudem verhindert, dass das Wasser in den Boden eindringt. Die Folge: Bei Regen fließt mehr Wasser ab, und angesichts trockener, heißer Sommer droht der Boden weiter auszudörren.
Auf der anderen Seite stehen die Befürworter des Häuslebaus. Sie argumentieren, dass inzwischen gesetzlich vorgeschrieben ist, dass das Regenwasser auf dem Grundstück bleibt: Sprich, dass die Hausbesitzer mit Versickerungsmöglichkeiten und Zisternen das Regenwasser an den Boden abgeben oder beispielsweise für die spätere Gartenbewässerung nutzbar machen müssen.
Wegzug ins Umland stoppen
Wenn sich Häuslebauern in Magdeburg nichts Geeignetes bietet, ziehen sie ins Umland - mit den Folgen, dass dort Boden versiegelt wird und zudem oft aufgrund weiterer Strecken zum Arbeitsort und zur Schule sogar noch zusätzlicher Verkehr produziert wird. Und die Steuern werden nicht mehr in Magdeburg gezahlt.
Diese Argumente sind in den vergangenen Jahren immer wieder ausgetauscht worden. In der Diskussion vor dem Beschluss spielte aber ein weiterer Aspekt eine Rolle. Future-Stadtrat Mirko Stage sagte: „Man muss für diesen Standort natürlich auch beachten, dass hier Lärm wegen zweier Bahntrassen zu einer Belastung führen kann.“ Hintergrund: Östlich des Geländes befindet sich die Strecke nach Halberstadt, westlich die nach Halle. Nur wenig weiter im Norden des neu zu bebauenden Gebiets treffen die beiden Bahnlinien aufeinander. Linke-Stadtrat René Hempel teilt die Sorgen: Die Deutsche Bahn investiert derzeit große Summen in den Ausbau eines Korridors für den Güterverkehr, der über Magdeburg führt. „Auch das sollte man bedenken“, so René Hempel.
Die Frage nach dem Bahnlärm sehen andere kaum als Problem. CDU-Stadtrat Frank Schuster sagte so: „Drum herum wohnen ja auch Menschen, die sich daran gewöhnt haben.“ Und Schusters Fraktionskollege Reinhard Stern sieht in der Nähe zur Bahn sogar einen Vorteil: „Die S-Bahn ist von hier aus jedenfalls sehr gut zu erreichen. Und außerdem wissen die Menschen ja genau, wo sie bauen. Dass da Züge fahren, sollte im Nachhinein doch niemanden überraschen.“
Lärm ist bereits ein Thema
Das Thema Lärm hat die Verwaltung jedenfalls schon registriert. Als Planungsziel für die Ausweisung von Bauland zur Errichtung von Wohnbebauung ist die „Berücksichtigung des maßgeblichen Außenlärmpegels“ in dem Beschluss benannt.
Was den Wegzug der Menschen in die Region angeht, sieht René Hempel derweil nicht unbedingt ein Problem: „Da sollte es keine Konkurrenz innerhalb der Region geben. Es ist auch sinnvoll, wenn Menschen im ländlichen Raum leben.“ Dem entgegnete der Magdeburger Baubeigeordnete Dieter Scheidemann: „Von einer Ausgewogenheit kann doch gar nicht die Rede sein. Denn mehr als die Hälfte der Menschen, die nach der Wende weggezogen sind, sind in die Randbereiche gezogen.“
Platz dürfte für 90 Häuser reichen
Bei dem Gebiet in Lüttgen-Salbke geht es um 45000 Quadratmeter. Diese dürften zum Bau von rund 90 Einfamilienhäusern reichen. Falls Doppelhaushälften oder Reihenhäuser errichtet werden, würde die Zahl sogar noch weiter steigen. Detaillierte Planungen, wie genau hier gebaut werden soll, liegen noch nicht vor.
Die öffentliche Grünfläche im Zentrum des Wohngebiets soll mit einer Muldenanlage und Wegeflächen gestaltet und naturnah bepflanzt werden. Sie soll dem Ausgleich des Eingriffs in die Natur, aber auch der Erholung der Menschen dienen. In der Muldenanlage soll das Regenwasser von den Straßen versickern.
Der Stadtteil Salbke bietet neben dem Gebiet am Iltisweg weiteres Potenzial für den Hausbau. Bereits seit längerem im Blick sind dabei Industriebrachen am früheren Reichsbahnausbesserungswerk sowie Flächen auf der elbzugewandten Seite der Hauptverkehrsstraße durch das Gebiet.