Tierquälerei Abgemagerten Hund in Magdeburg entdeckt
Einen völlig vernachlässigten und unterernährten Hund hat die Tierrettung in Magdeburg aufgelesen.Tierärzte päppeln ihn jetzt wieder auf.
Magdeburg l Tierarzt Helge Schulze kann noch immer nicht fassen, wozu manche Menschen fähig sind. „Sowas kann nur ein kranker Mensch machen“, sagt er kopfschüttelnd. Seit 29 Jahren ist Schulze als Tierarzt tätig, doch was ihm am 14. November 2019 gegen 21 Uhr die Mitarbeiter der Tierrettung in Magdeburg in seine Praxis in Stadtteil Neustädter See bringen, hat er noch nicht gesehen. Es ist ein Rüde, der in einem derart schlechten Zustand ist, dass es ihm die Sprache verschlägt.
Der Hund besteht nur noch aus Haut und Knochen, ist völlig vernachlässigt, wiegt gerade einmal zehn Kilogramm. „20 Kilogramm wäre das Gewicht, was er hätte haben müssen“, sagt Schulze. Ein Passant hatte das Tier am Abend in Sudenburg auf der Straße entdeckt und die Tierrettung der Landeshauptstadt alarmiert. Über Nacht behält der Tierarzt den unterkühlten und apathischen Hund zunächst bei sich, am Freitagmorgen bringt er ihn nach Absprache mit dem Veterinäramt und dem Tierheim in das tiermedizinische Versorgungszentrum zur intensivmedizinischen Betreuung.
Als Dr. Jana Leppelt und Dr. Katja Schneider das Tier sehen, schlagen auch sie die Hände über dem Kopf zusammen. „Das ist das Krasseste, was ich bisher gesehen habe“, sagt Tierärztin Leppelt. Über Wochen und Monate muss der Besitzer, den Hund vernachlässigt haben. So gut wie kein Futter und Wasser muss er bekommen haben. Außerdem ist er wohl in der Wohnung in einem Käfig gehalten worden. Denn als Tierarzt Schulze ihn in einer Transportbox zum Versorgungszentrum bringen wollte, sei der Hund völlig panisch gewesen, sagt er.
Die beiden Tierärztinnen kümmern sich sofort um das Tier, es wird eingehend untersucht und geröntgt. Dass der Hund irgendeine Krankheit hat, die den schlimmen Zustand erklären könnte, schließen sie aus. Es handelt sich tatsächlich um einen besonders schlimmen Fall von Vernachlässigung, sagen sie. Beim Röntgen erleben die beiden Tierärztinnen eine Überraschung. Anhand der Bilder der Knochen erkennen sie, der Hund ist etwa ein Jahr alt. „Als wir ihn gesehen haben, dachten wir erst, dass er sechs Monate als ist“, sagt Jana Leppelt.
Helge Schulze und seine Kolleginnen schließen zudem aus, dass der Hund auf der Straße gelebt hat. „Er ist definitiv in einer Wohnung gehalten worden. Das zeigen Pfoten und Fell“, sagt Schulze. Wäre der Hund nicht gefunden worden, er hätte die Nacht nicht überstanden.
Über das Wochenende bleibt er noch im Versorgungszentrum unter tierärztlicher Aufsicht, bekommt Infusionen, Futter und ganz viel Zuneigung. Jana Leppelt und ihre Kollegin Katja Schneider sind zuversichtlich, dass sie den Hund durchbringen können. „Er hat Lebenswillen. Und wichtig ist auch, dass er frisst und auch das Futter bei sich behält“, sagen sie. Erst, wenn er stabil genug ist, soll er ins Tierheim kommen. „Hoffentlich findet sich ein liebevolles Zuhause für ihn“, sagt Jana Leppelt.
Helge Schulze hat Anzeige erstattet. Doch ob der Besitzer ermittelt werden kann, ist fraglich. Der Hund ist nicht gechipt. Helge Schulze schimpft: „Wenn ich ein Tier halte, dann habe ich auch eine Verantwortung dafür.“ Die Tierärzte appellieren an die Magdeburger, nicht wegzuschauen und im Fall von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz sich zu melden. „Das Veterinäramt, die Tierrettung, das Tierheim, die Polizei und auch wir Tierärzte sind Ansprechpartner. Sowas muss nicht sein“, sagt Schulze mit Blick auf den ausgemergelten Hund vor ihm, der ihn mit großen, traurigen Augen anschaut.