Toilettenverbot Pipi-Skandal an Magdeburger Schule
Dürfen Lehrer den Toilettengang im Unterricht verbieten? Ein Vorfall an einer Magdeburger Schule lieferte jetzt den Grund zur Nachfrage.
Magdeburg l Eine Neuntklässlerin bittet ihre Lehrerin in einer Doppelstunde, sie zur Toilette gehen zu lassen. Diese verweigert ihr jedoch den Wunsch und beruft sich auf die Schulordnung. Das Mädchen geht dennoch, weil sie der Meinung ist, dass man ihr das nicht verbieten darf. Die Folge: ein Vermerk im Klassenbuch und ein Hinweis an die Eltern.
So weit die Vorgeschichte. Geschehen ist diese im April an der IGS „Willy Brandt“ in Magdeburg. Die Mutter des Mädchens wandte sich an die Volksstimme, weil sie mit der Behandlung ihrer Tochter nicht einverstanden ist. „Ich finde solche Erziehungsmethoden nicht gut. Niemandem darf der Toilettengang und zu keiner Zeit, auch nicht aus triftigen Gründen, untersagt werden“, sagt sie. Sie überlege, ob sie Strafanzeige gegen die Lehrerin stelle, so die Mutter.
Die Volksstimme fragte beim Landesschulamt nach, wie die Toilettenfrage in den Schulen Sachsen-Anhalts geregelt sei. Sprecherin Silke Stadör erklärt dazu: „Nach unserer Kenntnis gibt es keine Regelung zur Benutzung der Toiletten während des Unterrichts. Die Schulen regeln diese Problematik zumeist in den Hausordnungen.“
Ob das Verhalten der Lehrerin kritikwürdig ist, sei aber nicht so klar. „Der entscheidende Ausgangspunkt ist die Erfüllung der Schulpflicht und diese schließt auch die regelmäßige und ununterbrochene Teilnahme am Unterricht ein“, erklärt sie. Nur bei einem Ausnahmefall wie einer nachweislichen Blasenentzündung haben Schüler bis zur Genesung das Recht, auch während des Unterrichts die Toilette besuchen zu dürfen.
„Gesunden Schülern sollte es ohne weiteres möglich sein, während einer 45-minütigen Unterrichtsstunde auf den Toilettengang zu verzichten.“ Bei einer Doppelstunde sei das Bedürfnis sicher höher, so Silke Stadör, das individuelle Trinkverhalten sollte angepasst werden.
Hinzu komme, dass Lehrer Aufsichtspflicht über die Schüler haben, die sie im Fall des Toilettengangs nicht wahrnehmen können. „Pauschal kann das Verhalten deshalb nicht verurteilt werden“, sagt sie, da es immer eine Einzelfallentscheidung sei. Ähnliche Fälle kenne sie nicht. „Gelegentlich gibt es jedoch Anfragen von Eltern zur Thematik“, so die Schulamtssprecherin.
Die Rechtsprechung steht im Zweifel aber eher auf der Seite der Schüler. Die D.A.S.-Rechtsschutzversicherung informiert zu dem Thema: „Verbietet ein Lehrer den Gang zur Toilette, kann er sich unter Umständen sogar strafbar machen.“ Straftatbestände wie Misshandlung Schutzbefohlener, Körperverletzung im Amt oder Nötigung könnten dafür u. a. in Betracht kommen. „Ein generelles Toilettenverbot während des Unterrichts sollte auf keinen Fall Mittel der Wahl sein“, heißt es weiter.
Laut Schulordnung der IGS „Willy Brandt“ ist der Toilettengang auf die Pause zu legen. „Ein generelles Verbot gibt es aber nicht. In dem konkreten Fall ist es eine unglückliche Entscheidung gewesen“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Kerstin Schubert.
„Es gab mehrere Vorfälle, als Schüler bei solchen Gelegenheiten das Schulgelände verlassen haben“, begründet sie die besondere Sensibilität bei dem Thema. „Es ist schwierig, wo man die Grenzen setzen soll“, sagt sie. Sie betont, dass der Vorfall für die Schülerin keine Folgen habe, es auch keinen Eintrag in ihrer Schülerakte gebe.