Bauprojekte contra Naturschutz Zum Umzug gezwungen: So geht es Magdeburgs Elbe-Echsen
Wegen der Bauarbeiten rund um den Strombrückenzug mussten geschützte Zauneidechsen per Hand eingesammelt und umgesiedelt werden. Ob das aufwendige Projekt Erfolg hatte.

Magdeburg. - Etwa 20 Zentimeter misst eine Zauneidechse vom Kopf bis zur Schwanzspitze. Damit gehört sie eher zu den kleinen Wesen der Tierwelt. Was sie jedoch auslösen können, kann gigantische Ausmaße annehmen.
Denn soll dort gebaut werden, wo sie bereits wohnen, führt das schnell zu einem tierischen Baustopp. Der Grund: Die Zauneidechse – Lacerta agilis – zählt zu den geschützten Arten in Deutschland und ist auf spezielle Lebensräume angewiesen. Wer ihr Revier vereinnahmen will, muss für sie nicht nur ein neues Zuhause finden, sondern auch den Umzug sicherstellen. So geschehen beispielsweise bei „Stuttgart 21“ und beim Bau der Tesla-Gigafactory.
Auch beim Bau des neuen Strombrückenzuges über die Elbe galt es, die kleinen Reptilien umzusiedeln. Per Hand wurden sie eingesammelt und zum Umzug gezwungen.
41 Tiere wurden umgesiedelt
Inzwischen ist der Strombrückenzug – bestehend aus Kaiser-Otto- und Königin-Editha-Brücke – längst eingeweiht; der Verkehr rollt über die Elbe. Den Magdeburgern geht es gut damit. Doch es stellt sich die Frage: Wie geht es den Zauneidechsen nach ihrer Zwangsumsiedlung zugunsten der Infrastruktur? Wie viele haben ein neues Zuhause gefunden – und wo? Stephan Papenbreer (Tierschutzpartei) wollte es von der Stadtverwaltung ganz genau wissen.
Das könnte Sie auch interessieren:Wie Eidechsen eine notwendige Deichsanierung in Magdeburg verzögern
Tatsächlich wurden 41 Zauneidechsen eingefangen und umgesetzt – das war im Winter 2017/2018. Erst nachdem keine weiteren Tiere mehr im betroffenen Gebiet gesichtet wurden, erhielt das Bauprojekt aus artenschutzrechtlicher Sicht die Freigabe, erklärt Baubeigeordneter Jörg Rehbaum.
Als neues Habitat für die Tiere war die Steinwiese in Ostelbien in der Nähe der Furtlake ausgesucht und aufgewertet worden. Neben Steinhaufen und Vegetationsstrukturen wurden auch spezielle Maßnahmen zur Vermehrung der Tiere getroffen. Diese sollen nicht zuletzt langfristig zur Stabilisierung der Bestände im Naturraum beitragen.
Erfolgskontrolle ist fünf Jahre lang durchgeführt worden
Um zu prüfen, ob die Zauneidechsen ihren neuen Lebensraum annehmen, startete 2018 ein umfassendes Monitoring. Über fünf Jahre hinweg wurden die Tiere beobachtet – mit Erfolg, wie Rehbaum berichtet: 2022 wurde die Maßnahme abgeschlossen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Eidechsen die ausgewählte Fläche tatsächlich besiedelt haben, so dass die artenschutzrechtlichen Maßnahmen als erfolgreich gelten.
Langfristige Pflege und Erhalt im Fokus
Die Steinwiese unterliegt mehreren Schutzkategorien, darunter: Biosphärenreservat „Mittelelbe“, FFH-Gebiet „Elbaue zwischen Saalemündung und Magdeburg“ und gesetzlich geschütztes Biotop „Magerrasen Steinwiese“.
Pflege und der Erhalt der Fläche werden durch den Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde sichergestellt. Dazu gehört unter anderem eine drei- bis viermal jährlich durchgeführte Pflege der Bankette (Randstreifen).
Die erfolgreiche Umsetzung der Erhaltungsmaßnahme zeigt, dass sich Bauprojekte und Naturschutz nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Durch gezielte ökologische Maßnahmen können geschützte Arten erhalten bleiben, ohne dass die städtische Entwicklung komplett zum Stillstand kommt.