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Schützengilde Seehausen war Gastgeber der Deutschen Meisterschaft für Bögen ohne Visier / Volksbank und Kommune spendabel Spitzenergebnisse auch ohne "Kimme und Korn"

Von Ralf Franke 25.03.2013, 02:19

In einer sonst von klassischen Sportarten dominierten Region ging am Sonnabend in der Wischelandhalle Seehausen eine nicht alltägliche Veranstaltung über die Bühne. Die Schützengilde war Gastgeber der nationalen Meisterschaft des Deutschen Bogensport-Verbandes (DBSV) für Bögen ohne Visier.

Seehausen l Die Gilde und insbesondere die Bogenabteilung waren kurzfristig und quasi uneigennützig eingesprungen. Denn die Bogensportler, die sonst regelmäßig und immer wieder erfolgreich den Namen der Alandstadt bei diversen Wettkämpfen sowie Meisterschaften in die Welt hinaustragen, hatten selbst keinen eigenen Starter an der Schützenlinie. Die Seehäuser bevorzugen bekanntlich das Bogenschießen mit Zielvorrichtung. Allerdings hatte die relativ kleine Abteilung so auch genug Ruhe, sich auf die Logistik, die vom Aufbau der Scheiben, über das Wechseln der Zielauflagen oder das Bedienen der Wettkampfampeln bis zur Versorgung der knapp 200 Sportler plus Betreuer, Begleiter und Zaungäste reichte, zu konzentrieren. Und sie wurden dafür von der Volksbank Osterburg-Lüchow-Dannenberg mit 1000 Euro gesponsert, für die sie sicher Wettkampfutensilien anschaffen werden. Auch der neue Seehäuser Bürgermeister Detlef Neumann, der die Grüße von Verbandsgemeindebürgermeister Robert Reck an die Organisatoren um Gildemeister Wolfgang Bendisch überbrachte, kam nicht mit leeren Händen, sondern mit einem 200-Euro-Gutschein vorbei. Selbst das Innenministerium, seines Zeichens für den Sport zuständig, zeigte mit Abteilungsleiter Klaus-Dieter Liebau Flagge. Was übrigens auch für den neuen Stendaler Landrat Carsten Wulfänger galt.

Die Starter lobten die Wettkampfbedingungen ebenso wie die Kampfrichter und die DBSV-Offiziellen. "Es ist ideal hier", bekräftige der Präsident des Landesverbandes Sachsen-Anhalt, Werner Lubjinski, der es für das Publikum bedauerte, dass die einheimischen Schützen mit Teilnehmern aus Kuhfelde und Salzwedel zumindest in dieser Disziplin deutlich in der Minderheit waren.

Ansonsten präsentiere sich die Entwicklung des Sportes sehr erfreulich, so Lubjinski, der darauf verwies, dass die Zahl der Vereine im Land in fünf Jahren von 24 auf 36 gewwachsen und sich die Zahl der Mitglieder auf 720 sogar fast verdoppelt habe.

Wie gut geübte Schützen das Schießen ohne "Kimme und Korn" beherrschen, zeigen die kleinen Auflagen (40 Zentimeter bei einer Entfernung von 18 Metern) in der Blankbogenklasse. Da verwenden die Sportler allerdings in der Regel Hightech-Materialien wie Alu-Legierungen und Carbon, nur dass neben der Zielvorrichtung auch ausladende Stabilisatoren fehlen, die bei Präzisionsschützen sonst unvermeidlich sind.

Dass die Schützen kein Visier haben, heißt nicht, dass sie nicht treffen können. Abgesehen davon, dass Bögen und Pfeile in allen Klassen nach dem Tuning genau aufeinander abgestimmt sind, ist bei den Blankbögen (Recurve und Compound möglich) auf der Sehne das Greifen unter dem eingenockten Pfeil erlaubt. Was wiederum den Schaft näher vors Auge bring und ein genaueres Visieren ermöglicht.

Je einfacher die Sportgeräte werden, um so mehr müssen sich die Schützen indes auf ihre Intuition verlassen. Während in der Klasse der laminierten Jagdrecurves und Langbögen noch eine angedeutete Pfeilauflage vorhanden ist, müssen die Meister der aus einem Stück gefertigten Primitivbögen sogar darauf verzichten und den Pfeil auf der Bogenhand auflegen. Weil die einfachen Bögen ihre Pfeilgeschwindigkeit aus der Spannung des Holzes und nicht aus den geschwungenen Wurfarmen holen, ist der Kraftaufwand deutlich höher. Deshalb sind die Schießabläufe gestraft, langes Zielen ist unmöglich. Der Schütze muss also intuitiver als die technisch hochgerüstete Konkurrenz agieren. Aber genau das macht den Reiz für viele Sportler aus, die mit ihrer Kleindung gerne mal demonstrieren, dass sie es etwas naturnaher mögen.

Für Achtungszeichen sorgten in diesem Jahr die Minimalisten. So schaffte Bernd Schmidt aus Selzerbrunnen mit 529 von 600 möglichen Ringen in der Klasse Ü 55 mit dem Langbogen einen neuen Deutschen Rekord. Die höchste Ringzahl schoss mit 530 der Erfurter Martin Kaliner bei den Herren mit dem Jagdbogen.

Auch wenn die Bogensportler der Schützengilde Seehausen das Gelbe lieber mit technischer Unterstützung anvisieren, sind sie mit den anderen Disziplinen auch vertraut. Interessenten sind beim Training immer aufgefordert, einmal unverbindlich vorbeizuschauen.