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Leben Zu Silvester auf Klassenfahrt im Kreis Stendal

Frühere Abiturienten erinnern sich an eine unglaubliche Schulzeit vor 50 Jahren mit ihrem Klassenlehrer Dr. Hans Lehmann in Osterburg.

Von Astrid Mathis 22.08.2024, 10:14
Klassentreffen mit Dr. Hans Lehmann (2. von rechts), Kirsten Jahn, Conny und Ralf Zimmermann auf dem Hof der Musikmarkthalle in Osterburg.
Klassentreffen mit Dr. Hans Lehmann (2. von rechts), Kirsten Jahn, Conny und Ralf Zimmermann auf dem Hof der Musikmarkthalle in Osterburg. Foto: Astrid Mathis

Osterburg. - Die Musikmarkthalle verwandelte sich für mehrere Stunden in ein Klassenzimmer. Genau der richtige Ort für Ralf Zimmermann. Kurz zuvor war er hier mit der Gruppe PAST aufgetreten. Jetzt fand hier sein Klassentreffen statt. „Wir wurden vor 50 Jahren eingeschult“, sagt Ralf Zimmermann aus Osterburg. Dann muss er selber lachen. Er meint nicht die 1. Klasse, sondern die 9. Klasse an der Ernst-Schneller-Oberschule, wie das Markgraf-Albrecht-Gymnasium in Osterburg zu seiner Zeit hieß.

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Dr. Hans Lehmann war Klassenlehrer und blutjunge 25 Jahre alt. „Die Mädchen waren alle verrückt nach ihm. Am Frauentag schenkte er uns Schneeglöckchen. Und in Zislow waren wir gefühlt sechs Wochen mit ihm im Ferienlager. Zwölf-Mann-Zelt – unglaublich!“, platzt Heilpraktikerin Sigrid Gey aus Rostock heraus. An die Schulzeit kann sie sich erinnern, als wäre es gestern. Hans Lehmann übrigens auch. Einige seiner früheren Schüler traf er sogar täglich, denn sie wurden Kollegen. Kirsten Jahn, ehemals Dietrich, unterrichtete am Gymnasium Deutsch und Englisch. Hartmut Müller schlug, was die Fächer angeht, mehr in seine Richtung.

Mit 70 noch mal zurück in die Schule

Mathematik, Physik, Astronomie und Informatik sind Lehmanns Spezialgebiete. Ja, noch heute ist der Osterburger als Lehrer gefragt. 2019/20 holte ihn seine alte Schule für ein Jahr zurück. Astronomie durfte auf keinen Fall ausfallen. „Es funktioniert nur, wenn klar ist, wer hinten sitzt und vorne steht“, so seine Devise. Bis heute gebe er gerne in sämtlichen Klassenstufen Nachhilfe, bemerkt der 75-Jährige.

Aber zurück zu Ralf Zimmermann. Der 64-Jährige verrät nämlich: „Es gibt so viel zu erzählen. Allein schon die Klassenfahrten!“ Da wären zum Beispiel Dresden und Groß Breitenbach zu nennen. „Wenn ihr nicht anhalten könnt, benutzt die Textilbremse!“, hatte Lehmann seinen Schülern noch nachgerufen. Die Fahrt nach Groß Breitenbach in Thüringen fand nämlich – heute undenkbar – über Silvester 1975/76 statt. Und das hatte es in sich. Auf dieser Klassenfahrt wurden Ralf und Conny Zimmermann ein Paar. Und Hans Lehmann wusste von Anfang an, dass es einmal so kommen würde. „Die Ältesten waren gerade mal sieben Jahre jünger als ich“, blickt er lächelnd zurück.

Klasse gelingt gesalzener Aprilscherz

Und weil sie so ein gutes Verhältnis hatten, erlaubten sich seine Mädels einen Aprilscherz, der sich gewaschen hatte. „Wir bekommen Besuch aus unserer Partnerklasse in der Tschechei“, hatte eine rausgehauen. Sofort ließ Lehmann sein Mathebuch fallen und begann mit der Planung, was Anreise und Unterkünfte betrifft. Erst als die Stunde vorbei war, lüfteten sie das Geheimnis. „War der sauer!“, erinnert sich Cornelia Tramp, die trotz Pension heute für das Tourismusbüro Tangermünde Stadtführungen macht.

Auf dem Klassentreffen ihrer Oberschulzeit in Osterburg vor 50 Jahren plauderten die Lehrerinnen Annette Schlawin und Kirsten Jahn (rechts) aus dem Nähkästchen.
Auf dem Klassentreffen ihrer Oberschulzeit in Osterburg vor 50 Jahren plauderten die Lehrerinnen Annette Schlawin und Kirsten Jahn (rechts) aus dem Nähkästchen.
Foto: Astrid Mathis

Annette Schlawin aus Bismark geht in zwei Wochen in Rente. Für ihren Berufsweg macht sie Hans Lehmann verantwortlich. „Ich wollte so gern Russischlehrerin werden, aber er hat gesagt: Mach„ Mathe!“ So kam zu Geographie Mathematik dazu. Keine schlechte Entscheidung, findet sie im Nachhinein. Alle waren sich einig, dass er eine besonders gute Art hatte, Mathematik zu lehren.

Viele der Schüler hat es in andere Gegenden verschlagen. Michael Weißenburg ging nach München, aber auch aus Berlin und Freiburg reisten welche an. Nie wird er vergessen, wie sein Lehrer ihm abstrakte Kunst beibrachte: Weihnachtsbaum: eine Kerze, eine Kugel, ein Lametta. Lehmann eben. „Ich habe auch 50-Jähriges“, überrascht er auf einmal seine Klasse. „Vier Jahre war ich am Gymnasium Schüler und 46 Jahre Lehrer.“