Insektenstiche Gehäuft starke Schwellungen nach Insektenstichen im Altmarkkreis Salzwedel
Blutsaugende Insekten finden in diesem Jahr in der Westaltmark besonders gute Entwicklungsbedingungen vor und sie stechen, was das Zeug hält. Die Folge sind mehr Patienten, die wegen entzündeten Hautschwellungen Rat in der Arztpraxis suchen.
Salzwedel - Es ist immer das Gleiche: zuerst ein verräterisches Sirren, dann die verzweifelte Suche nach dem Quälgeist – zu spät, das Mückenweibchen hat sich seine Portion Blut geholt. In der Regel passiert danach nicht viel. Es juckt ein bisschen und nach einer Weile ist alles vergessen.
Entzündungen und Schwellungen häufen sich
Anders in diesem Jahr. Hausärzte bestätigen, dass mehr Patienten zu ihnen kommen, weil sich Hautpartien nach Insektenstichen entzünden. Das ist beispielsweise in der Praxis von Dr. Ramona Landsmann in Salzwedel festgestellt worden, wie eine Mitarbeiterin auf Anfrage mitteilte. Auch Dr. Uta Scheuch-Müller aus Salzwedel und Dr. Ilja Karl, Hausarzt in Arendsee, berichteten von verstärkten Reaktionen auf Stiche oder Bisse von Insekten.
„Die Schwellungen werden immer größer“, beschreibt Scheuch-Müller. Die Patienten würden heftige Reaktionen auf eigentlich „banale Sachen“ zeigen. Das beobachte sie seit etwa drei Jahren. Kürzlich sei sie selbst von einer Art getigerter Bremse in ihrem Garten attackiert worden, die sie vorher noch nie gesehen hätte.
Gnitzen nähern sich lautlos
Allergische Reaktionen mit großen Schwellungen können durch Gnitzenstiche hervorgerufen werden. Diese Mückenart ist nur ein bis drei Millimeter groß und sticht in der Dämmerung und nachts. Anders als von Mücken gewohnt, macht sie beim Anflug kein Geräusch. Auch die Stiche der Kriebelmücke können heftige Reaktionen bewirken. Diese Mückenart sieht wie eine kleine Fliege aus und sticht nicht, sondern beißt kleine Wunden in die Haut und saugt dann das hervortretende Blut ab. Zuvor gibt die Mücke ein gerinnungshemmendes Sekret ab. Die betroffenen Stellen jucken stark. Beim oft unbewussten Kratzen können Bakterien in die Bissstelle gelangen, die sich dann entzündet – keine Seltenheit in diesem Jahr.
Dass es in diesem Jahr so viele der fliegenden Blutsauger, wie auch verschiedene Bremsenarten und die bislang eher seltene Hirschlausfliege gibt, hat mit dem relativ regenreichen Frühjahr zu tun, wie der Biologe und Insektenfachmann vom Landesamt für Umweltschutz, Marcel Seyring, auf Anfrage der Volksstimme erklärt. In der an Grünland reichen Altmark mit Gräben und feuchten Arealen finden sie beste Brutstätten. „In den vergangenen Jahren war es trockener, deshalb konnten sie sich nicht so gut entwickeln“, sagt er. Dieses Mal gab es aus Sicht der Plagegeister zur richtigen Zeit genug Wasser, in dem sich die Larvenstadien entwickeln. Es gebe zwar aktuell noch keine Erhebungen zur Dichte der Bestände, aber gefühlt seien es erheblich mehr als in den Vorjahren. Das habe er bei Kartierungen im Grünland bei Salzwedel selbst schmerzlich erfahren müssen. Besondere Arten habe er dabei nicht entdeckt. Auch im heimischen Regenfass biete sich prächtiger Lebensraum für Mückenlarven. Aber alles habe zwei Seiten: „Die Altmark hat noch gut funktionierende Ökosysteme“.
West-Nil Virus in Tangerhütte
Neuartige oder gar gefährliche Mückenarten, die Krankheiten übertragen, sind in der Region seitens des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) noch nicht festgestellt worden, wie es auf Nachfrage mitteilt. Dieses Bundesforschungsinstitut beobachtet unter anderem die Verbreitung von Stechmücken und die von ihnen übertragenen Krankheiten. Ob sich hier in der Gegend Gnitzen oder Kriebelmücken stark vermehrt haben, konnte das FLI nicht beantworten. Zu Gnitzen lägen ihm keine Verbreitungsdaten vor, hieß es.
Derweil ist bei einem Kanarienvogel in Tangerhütte das West-Nil-Virus nachgewiesen worden, wie das Landesamt für Verbraucherschutz am Freitag mitteilte. Das aus Afrika stammende Virus kann laut Robert Koch-Institut (RKI) durch verschiedene Mückenarten auch auf Menschen übertragen werden – wenn die Mücken vorher einen infizierten Vogel gestochen haben.