Cannabis-Anbau Verdächtiger führt Polizisten zu Plantage
Weil er eine Plantage für Cannabis-Pflanzen betrieben hat, muss sich ein 57-Jähriger vor dem Amtsgericht Salzwedel verantworten.
Salzwedel l Wenn es im Gerichtssaal nach Alkohol riecht, schrillen nicht nur bei Dr. Klaus Hüttermann die Alarmglocken. Auf Hinweis der Staatsanwältin, Manfred S. (Name geändert) würde riechen, als ob er nicht nüchtern ist, wandte sich der Amtsgerichtsdirektor an den Angeklagten: „Haben Sie heute schon Alkohol getrunken?“. Manfred S. winkte ab. Er habe am Vortag lediglich drei Bier getrunken und fühle sich fit für den Prozess.
Der 57-Jährige muss sich seit gestern vor dem Schöffengericht des Salzwedeler Amtsgerichts wegen gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln und der Weitergabe von Drogen an Minderjährige verantworten.
„Ja, ich habe eine Plantage für Cannabis-Pflanzen im ehemaligen Deutschen Haus in Dähre gehabt. Da ich selbst zwischenzeitlich Cannabis konsumiert habe, kam mir die Idee, es selbst anzubauen“, gab Manfred S. unumwunden zu. Ausrüstung und Anleitungen habe er nach und nach aus dem Internet erworben, die notwendigen Samen für die Erstaufzucht aus Holland geholt. „Damit der hohe Stromverbrauch nicht auffällt, habe ich Magnete an den Stromzählern angebracht“, schilderte der 57-Jährige.
In Ben T. (Name geändert) habe er einen Erntehelfer gehabt, diesem aber nicht wie angeklagt drei Mal, sondern nur ein Mal einen Joint gegeben. „Er hat ein paar Mal gezogen und ist dann gleich aufs Klo gerannt“, erinnerte sich Manfred S. Er räumte ein, sechs bis sieben Abnehmer gehabt zu haben, die regelmäßig getrocknete Cannabis-Blüten bei ihm kauften.
„Das Ganze muss doch eine Menge gekostet haben. Woher hatten Sie das Geld?“, wollte Klaus Hüttermann von dem Hartz IV-Empfänger wissen. Er habe die Anlage Stück für Stück erweitert. Das Geld sei durch den Verkauf erwirtschaftet worden, sagte Manfred S.
Ein als Zeuge geladener Kriminalbeamter erzählte, wie es zur Aufdeckung der Indoor-Plantage gekommen war. „Wir erhielten den Anruf einer besorgten Mutter. Ihr Sohn sei auf die schiefe Bahn geraten und helfe beim Drogenanbau“, sagte der Polizist. Doch die daraufhin eingeleiteten Ermittlungen waren nicht erfolgreich. Erst ein Trink-Kumpan von Manfred S. führte die Polizei auf die richtige Spur. Diesem hatte der Angeklagte nach einem Trinkgelage seine Anlage präsentiert und ihm sogar Reste von Cannabis-Blättern mitgegeben. Doch der vermeintliche Freund bekam Angst und verständigte die Polizei.
„Als wir an der ehemaligen Gaststätte ankamen, war der Plantagen-Betreiber sehr entspannt. Er begrüßte uns mit den Worten ‚Kommt, ich zeige euch die Plantage. Schließlich verdiene ich damit mein Geld‘“, berichtete der Kriminalbeamte. Man habe insgesamt 120 Cannabis-Pflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien sowie 5,8 Kilogramm zum Verkauf bereite, getrocknete Blüten gefunden.
Der minderjährige Erntehelfer Ben T., der sich bald selbst vor dem Jugendschöffengericht verantworten muss, bestätigte seine Mittäterschaft. „Ich war so ein bis drei Mal die Woche da und hab mitgeschnippelt. Pro Beutel haben wir 20 bis 25 Gramm Blüten reingepackt“, sagte Ben T. Allerdings war bei ihm nach mehreren Nachfragen seitens des Richters nicht von einem, sondern von drei Joints die Rede, die er von Manfred S. bekommen habe.
Die Verhandlung wird in zwei Wochen, am Freitag, 11. März, fortgesetzt. Dann werden unter anderem zwei mutmaßliche Drogenkuriere aussagen. „Ich möchte Sie auffordern, absolut nüchtern zu erscheinen“, sagte Klaus Hüttermann in Richtung von Manfred S.