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Wie wenig den Hauseigentümer und die Denkmalpflege prägendes Stadtdetail interessiert Gut erhaltene Biedermeiertür sollte im Bauschuttcontainer landen

Von Thomas Linßner 01.10.2013, 03:08

Das Haus Breite 2 neben der Post soll heute abgerissen werden. Wie unsensibel der Besitzer Wohnungsbaugesellschaft Barby sowie der Aufsichtsrat mit dem Thema Denkmalpflege umgehen, zeigt nachfolgender Beitrag.

Barby l Im Auftrag der Wohnungsbaugesellschaft (WBG) sollen in den nächsten Tagen die Bagger anrücken. Dann wird die Elbestadt eine Baulücke mehr haben. Das Haus neben der Post war nicht mehr zu retten, Verkaufsangebote blieben jahrelang erfolglos.

Im Haus Breite 2 befindet sich eine doppelflüglige Holztür mit Messingzierrat. Sie stammt aus der Biedermeierzeit und ist rund 200 Jahre alt. Eine echte Antiquität, die restauriert einige hundert Euro wert ist.

Geschäftsführer sicherte Ausbau zu

Vor zwei Monaten wurde die Bitte an die Wohnungsbaugesellschaft heran getragen, wenigstens die Tür zu erhalten, weil es davon in der Elbestadt nur noch wenige gibt. In einem Volksstimme-Beitrag vom 14. August versprach Geschäftsführer Joachim Schlichter das zu tun.

Die Tür sollte im Bauhof der Stadt zwischengelagert und dann ins Landwirtschaftsmuseum im Kunsthof Augustusgabe überführt werden.

So weit die Vorgeschichte.

Doch jetzt, kurz vor dem Abriss, stellte es sich heraus, dass die Eichentür weg ist. Die Recherche ergab, dass die Bau- und Wohnungsgesellschaft mbH Zerbst/Anhalt - sie übernimmt die Geschäftsbesorgung für die WBG Barby - dem Barbyer Baustoff-Antiquitätenhändler Stefan Celba grünes Licht zum Ausbau gab.

Zuvor war die Eichentür in einer Aufsichtsratssitzung Thema gewesen. Wie durchsickerte, hatte man der Bitte zur Aufbewahrung allerdings wenig Wert beigemessen. Die Tür sei marode, niemals so alt und wohl kaum wert, erhalten zu werden. Sie sei auf der Rückseite mit "Pappe daran gehindert worden, dass sie aus den Angeln fällt".

Zwischenlagerung im Bauhof wäre möglich gewesen

Diese Sicht bestätigte WBG-Mitarbeiter Jens Kirchhoff. Das Unternehmen könne sich im Zuge des Abrisses nicht um Details wie diese Tür kümmern.

Außerdem hätte man keine Zeit, sie auszubauen. Laut Jens Kirchhoff hätte die Stadtverwaltung kein Interesse gezeigt, sich des Themas anzunehmen. (Vertreter der Einheitsgemeinde sitzen im Aufsichtsrat der WBG.) Konkret wurde Bauamtsleiter Holger Goldschmidt benannt, der abgelehnt haben soll, die alte Pforte im Bauhof einzulagern.

"Darüber hat man mit mir nicht gesprochen, eine solche Anfrage wurde nicht an mich heran getragen", sagte Goldschmidt, der sich gegenwärtig im Urlaub befindet. Die Nachfrage bei Bauhofchef Frank Holger Heinrich ergab ein ähnliches Bild: "Natürlich hätte die Tür bei uns eingelagert werden können", stellte er verwundert über die WBG-Aussage fest.

Das Wohnungsbauunternehmen berief sich auf das Zerbster Architekturbüro Karsten Gebhardt, der das Haus im Zuge der Abrissgenehmigung begutachtet hatte. Zur Qualität der Tür hätte er keine Stellungnahme abgegeben. "Es gab die Anfrage, dass sie jemand sichern möchte", erinnert sich Gebhardt. Das sei im Sommer gewesen und damit genügend Zeit, das zu tun.

Vor dem Abriss hatte die Denkmalpflege die übliche Auflage erteilt, den Zustand des Hauses zu dokumentieren. Daraufhin erfolgte die Freigabe für den Abriss. Eine Auflage, alte Bauteile sicher zu stellen und damit zu erhalten, erteilte das Landesamt für Denkmalpflege nicht.

Rückseite war nur mit Tapete beklebt

"Nebenbestimmungen zur Bergung und zum Erhalt von Ausstattungsbestandteilen wie Fenster und Türen sind in der denkmalrechtlichen Genehmigung nicht enthalten, so dass seitens der Denkmalpflege auch keine entsprechende Forderung besteht", teilte Jan Matthies von der Unteren Denkmalschutzbehörde auf Volksstimme-Anfrage mit.

Der Barbyer Stefan Celba - er arbeitet historische Baustoffe auf und handelt damit - bewertet den Zustand der zweiflügligen Eichentür mit "gut". Wie sich beim Pressetermin bestätigte, war die Rückseite lediglich mit Tapete beklebt. Die WBG-Aussage, "Pappe hindere am Auseinanderfallen" erwies sich als völlig falsch.

Auch das WBG-Argument, "keine Zeit für den Ausbau zu haben", stellt sich als haltlos heraus. Die beiden schweren Flügel konnten binnen weniger Minuten ausgehängt werden. Celba signalisiert, die Pforte nach deren Aufarbeitung in sein Barbyer Wohnhaus einbauen zu wollen. Hundertprozentig stehe das aber nicht fest.