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Sommerserie Schönebeck: Einen Tag in der Tischlerei Plake

Die Berufswelt ist vielfältig. Was verbirgt sich hinter welcher Tätigkeit? Volksstimme-Redakteure schnuppern in der Sommerserie „Einen Tag als ...“ in so manch interessanten Beruf hinein und geben Ihnen, liebe Leser, einen besonderen Einblick. Heute verbringt Volontär Louis Hantelmann einen Tag bei der Tischlerei Plake.

Von Louis Hantelmann 02.08.2023, 19:53
Nach wenigen Stunden ist das Tagesziel erreicht, und Daniel Althaus (links) und  Volontär Luis Hantelmann stehen vor dem imposanten Volksstimme-Schriftzug, den der Nachwuchs-Tischler nach Ablauf des Tages stolz in der Redaktion präsentieren darf.
Nach wenigen Stunden ist das Tagesziel erreicht, und Daniel Althaus (links) und Volontär Luis Hantelmann stehen vor dem imposanten Volksstimme-Schriftzug, den der Nachwuchs-Tischler nach Ablauf des Tages stolz in der Redaktion präsentieren darf. Foto: Tischlerei Plake

Schönebeck - Die ersten Mitarbeiter sind im Sommer bereits seit 5 Uhr morgens in der Tischlerei Plake, manche seit 6 Uhr, um den heißen Temperaturen bei der Arbeit mit den großen Maschinen etwas zu entgehen. Michael Plake gestattet mir großzügigerweise, meinen Tag als Tischler erst um 7 Uhr zu beginnen. Eine kleine Umstellung zum normalen Berufsalltag, der erst im Laufe des Vormittags beginnt, aber machbar. „Maschinen sind tabu“, heißt es zur Begrüßung. Damit kann ich leben. Zwar gab es in dieser Werkstatt seit Bezug 2004 keine schweren Unfälle, trotzdem kein Problem, hänge ich doch an meinen Fingern, und man kann ja nie wissen ...

Zu Beginn gibt es erstmal einen Kaffee im Büro, ganz wie in der Redaktion. Auf Michael Plakes Bildschirm prangt schon meine heutige Aufgabe: Die Skizze für einen großen Volksstimme Schriftzug, der mit Hilfe der neuen Kollegen in 3D mit Fuß entstehen soll.

Die Skizze wird in Form gebracht

Es folgt der erste von mehreren Arbeitsschritten. Die bereits programmierte Skizze wird einmal im Büro von Michael Plake und anschließend am Computer der Fräse von Maik Pfeiffer überprüft und bearbeitet, bis die Fräse auch die engsten Rundungen am „S“ schneiden kann und keine weiteren Fehlermeldungen mehr auftauchen. Anschließend schneidet Maik Pfeiffer das Rohmaterial in der passenden Größe auf der Formatkreissäge zurecht, aus dem später die Buchstaben des Logos entstehen.

Bevor es auf die große Fräse im Hintergrund geht, wird die Skizze am Computer von Maik Pfeiffer auf Fehler überprüft.
Bevor es auf die große Fräse im Hintergrund geht, wird die Skizze am Computer von Maik Pfeiffer auf Fehler überprüft.
Foto: Louis Hantelmann

Kurz darauf geht es weiter zur Bearbeitung an die CNC-Fräse, die den überschüssigen Kunststoff entfernt und schon sehr gut erkennen lässt, wie der fertige Schriftzug aussehen wird. „Jetzt nicht auf die Matte treten, sonst geht die Maschine aus“, erklärt mir Maik Pfeiffer die Sicherheitsfunktionen der großen Maschine. Nach ein paar Minuten ist die maschinelle Arbeit beendet. Hätte ich den Schriftzug per Hand aussägen müssen, säße ich da mit Sicherheit wesentlich länger daran, und die Buchstaben wären nicht ansatzweise so gerade und wohlgeformt. Aber zum Glück gibt es die Technik.

Ziehklinge rundet Modell ab

Im nächsten Arbeitsschritt darf ich endlich selber tätig werden und auch etwas zu dem Projekt beitragen. Zwar wurde der Schriftzug sehr detailliert zugeschnitten, etwas Feinarbeit ist aber dennoch nötig. Dafür geht es zu Daniel Althaus. Er hat seine Ausbildung bei der Tischlerei Plake absolviert und arbeitet seitdem dort. Mir werden einige Handgriffe und -kniffe gezeigt, wie sich der überstehende Kunststoff am besten entfernen lässt. Mit der Ziehklinge, einer kleinen und leicht geschärften Metallplatte, mache ich mich ans Werk.

Nach ein paar Minuten bekomme ich ein immer besseres Gefühl und bearbeite alle Seiten des 3D-Models mit der Unterstützung von Daniel Althaus. Die langen Seiten lassen sich dabei natürlich einfacher bearbeiten als die verschnörkelten Buchstaben. Gemeinsam ist auch diese Arbeit relativ zügig erledigt. Passenderweise fotografiert Daniel Althaus gerne, sodass ich Fotos bekomme, die meine Arbeit dokumentieren und auch er an diesem Tag einen kleinen Ausflug in einen anderen Beruf hat.

Damit der Schriftzug einen soliden Stand hat, bekommt er einen breiten Fuß. Dazu wird schnell ein passendes Brett aus dem umherstehenden Fundus organisiert. An der Kantenanleimmaschine darf ich mir eine Farbe aussuchen, in der die Kanten des Fußes gestaltet werden, was das ganze gleich viel eleganten wirken lässt.

Montage folgt auf die Färbung

Die Farbrolle – natürlich in einem ähnlichen blau der Volksstimme – wird in die Maschine gespannt, anschließend durchläuft jede Kante des Brettes einmal das Innenleben der Maschine. Es fehlt also nur noch die Montage vom Schriftzug auf dem Untergrund. Damit alles auch mittig steht, werden die entsprechenden Abstände zu den Kanten ausgemessen und angezeichnet. Die Löcher für Schrauben sind ebenfalls schnell gebohrt. Die Schutzfolie kann nun endlich abgezogen werden und nach einer kleinen Politur sind wir fertig. Das Resultat kann sich wirklich sehen lassen und überblickt seitdem vom Schrank aus mein Wohnzimmer.

Manch einem wird aufgefallen sein, dass bisher wenig von Holz die Rede ist. Bis auf einen reich verzierten Tisch und eine Radiohalterung an der Decke habe ich bisher ebenfalls noch keines gefunden. Um dies zu ändern, arbeite ich zum Abschluss meines Tages mit Tischlermeister Michael Hasse. Ziel ist es, eine klassische Zapfenverbindung zu bauen, wie sie seit langem von Tischlern und Zimmerern verwendet wird.

Die traditionellen Methoden des Tischlerhandwerkes bringen einen schon mal ins Schwitzen.
Die traditionellen Methoden des Tischlerhandwerkes bringen einen schon mal ins Schwitzen.
Foto: Daniel Althaus

Das Holz dafür muss zunächst auf die entsprechende Länge zurechtgeschnitten werden. Was zu Tagesbeginn in ein paar Sekunden an der Kreissäge erledigt wurde, darf ich nun mit einer Spannsäge fertigstellen. Nach relativ kurzer Zeit komme ich dabei gut ins Schwitzen. „Da merkt man einmal, was die Jungs früher geleistet haben, wenn man das den ganzen Tag gemacht hat“, sagt Michael Hasse. Da kann ich ihm nur beipflichten. Dennoch sind diese Techniken Grundlagen für das heutige Handwerk, denn präzises und geschicktes Arbeiten sind Voraussetzungen des Berufes.

Michael Hasse muss ein bis zwei Mal korrigieren, damit ich nicht zu schief werde. Anschließend hobel ich die etwas 50 Zenitmeter langen Stücke gerade. Je schiefer man dabei sägt, desto länger muss man im Anschluss hobeln. Die Messungen und Zeichnungen für die Verbindung übernimmt dann wieder Michael Hasse, ehe ich mich daran versuchen darf, den rechteckigen Vorsprung und den Hohlraum zuzusägen beziehungsweise auszuschlagen. Während des Prozesses erkennt man zwar, was der Meister und was der Redakteur gemacht hat, da die Verbindung aber auch nach knapp drei Wochen noch hält, kann es nicht so schlecht gewesen sein.

Historie der Firma

Um abschließend auf das fehlende Holz genauer einzugehen, muss die Firmengeschichte der Tischlerei Plake genauer betrachtet werden. Denn diese hat sich auf den Ausbau von Ambulanzmobilen spezialisiert.

1993 ist Franz Plake, Michael Plakes Vater, zufälligerweise in der Volksstimme auf eine Anzeige der Firma Ambulanzmobile gestoßen. Nach einem Probebau und einem Gespräch erhielt er den Zuschlag der Firma für den Ausbau. Seitdem ist die Tischlerei Plake der älteste beziehungsweise seit längstem aktive Zulieferer der Firma.

Anfangs seien für den Innenausbau noch Spanplatten verwendet worden, bereits 1994/95 erfolgte bereits die Umstellung auf Kunststoff. „Dieser ist leichter zu handhaben, bakteriell unempfindlicher und generell unempfindlicher gegen Feuchtigkeit“, erklärt Michael Plake.

Tischlerei Plake hat sich seit Jahren auf den Innenausbau von Ambulanzmobil-Fahrzeuge spezialisiert.
Tischlerei Plake hat sich seit Jahren auf den Innenausbau von Ambulanzmobil-Fahrzeuge spezialisiert.
Foto: Tischlerei Plake

Übernommen hatte sein Vater die Tischlerei 1966, von da an arbeitete dieser dort mit einem Gesellen und einem Auszubildenden. „Es hat immer genug Arbeit für drei Leute gegeben“, so Michael Plake. 2004 folgte der Umzug in die neugebaute Halle am aktuellen Standort in Schönebeck mit damals fünf Beschäftigten, momentan arbeiten 24 Leute in der Tischlerei. Nur seine rechte Hand, Pierre Müller, lerne ich auf Grund seines Urlaubs nicht kennen. Er sei das Bindeglied zwischen Tischlerei und Ambulanzmobile und teilt die Arbeit vor Ort ein, berichtet Michael Plake.

Betrieben fehlt der Nachwuchs

Aufträge seien ohne Ende vorhanden. Das Problem besteht seit längerem in der Gewinnung von Nachwuchs- und ausgebildeten Fachkräften. Und das, obwohl es immer weniger Tischlereien in Schönebeck gibt, wie Michael Plake berichtet.

Eine Statistik über die Zahl der unbesetzten Tischlerstellen führen die Handwerkskammern aus Magdeburg und Halle zwar nicht, dafür welche über die Anzahl der Betriebe und der Auszubildenden. Während es im nördlichen Bezirk 2022 noch 428 und damit 90 weniger Betriebe als vor zehn Jahren gibt, lässt sich für den südlichen Bezirk im gleichen Zeitraum derweil ein Anstieg um knapp 100 Betriebe auf 458 feststellen. Während im Süden die Anzahl der Auszubildenden über alle drei Lehrjahre sogar leicht von 134 auf 149 gestiegen ist, waren es im nördlichen Kammerbezirk 2012 mit 106 Auszubildenden im dritten Lehrjahr noch wesentlich mehr als mit 64 im vergangenen Jahr.

Der Fachkräftemangel ist ein Problem, welches viele Handwerksfirmen betrifft. „Ich kenne keinen Handwerker, der momentan nicht nach Mitarbeitern sucht“, erzählt Michael Plake, der einen allgemeinen Rückgang der Arbeiter im Handwerk feststellt. Dabei nutzt er schon neuere und moderne Kanäle für die Anwerbung junger Leute, was stellenweise auch zum Erfolg führt. Dennoch sieht er hier ein großes Problem für die Zukunft, da viele Schüler vorrangig studieren möchten und sich immer seltener junge Leute für das Handwerk entscheiden. Auf lange Sicht fehlen also ausgebildete Fachkräfte im Handwerk. Nicht nur die Tischlerei Plake hofft also auf Nachwuchs im Handwerk.