Ausbildung und Praktikum Egelner Schüler lernen Produktion praxisnah kennen
Schüler der Ganztagsschule in Egeln lernen mit Praxislerntagen Produktion und Arbeitsabläufe in 29 Betrieben und Einrichtungen kennen.
„Die Resonanz der Praktikanten als auch der Einrichtungen ist durchweg positiv und eine Weiterführung im zweiten Schulhalbjahr angedacht“, sagte die pädagogische Mitarbeiterin Antje Herzog, die die derzeit teilnehmenden 33 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 8a und 8b betreut. Sie hatten sich den Betrieb, das Unternehmen oder die soziale Einrichtung, die mitmachen, entsprechend ihren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen selbst ausgesucht. Dabei wurden sie von der Schule unterstützt.
Von Medizin bis Verwaltung, Handwerk und Landwirtschaft
„Aktuell beteiligen sich 29 Praxislernorte wie zum Beispiel medizinische und soziale Einrichtungen, Verwaltungen, Betriebe des Handwerks, der Landwirtschaft, Produktionsunternehmen oder der Versandhandel an dem Modellprojekt“, sagte Antje Herzog und fügte hinzu: „Die Praxislernorte sind größtenteils in der Region, aber auch weiter entfernt zum Beispiel in Magdeburg, Quedlinburg oder Gardelegen.“ Die Schüler hätten im zweiten Halbjahr die Möglichkeit, den Praktikumsort zu wechseln.
Die Praxislerntage fänden im 14-tägigen Rhythmus jeweils mittwochs statt. Im Mittelpunkt stünde hier die Weiterentwicklung des Unterrichts. Dabei würden allgemeinbildende, fächerverbindende und fächerübergreifende Unterrichtsinhalte mit der praktischen Tätigkeit verbunden.
Antje Herzog: „Die Schüler erhalten Praxisaufträge aus den einzelnen Fachbereichen, von den Fachlehrern konzipiert, die gemeinsam mit den Mentoren der Praxiseinrichtung zu erfüllen sind. Zudem führen die Schüler ein Berichtsheft.“
14-Jähriger: Nicht wie PC-Unterricht in der Schule
Der 14-jährige Levin Möller aus Groß Börnecke, der in der Klasse 8b lernt, hat sich als Praktikumsbetrieb die Egelner Firma Wermuth ausgesucht. Sie betreibt in der Bördestadt neben einem Geschäft auch einen Online-Handel. Dort ist Levin seit Ende November alle zwei Wochen mittwochs für maximal sieben Stunden in der Verwaltung im Breiteweg anzutreffen. „Ich überprüfe am Computer die Internet-Präsentation des Unternehmens, die Lagerbestände und ob die Pakete auch alles das enthalten, was die Kunden bestellt haben“, sagte der Schüler. „Das gefällt mir ganz gut, denn das hat viel mit Technik zu tun. Das ist nicht wie der PC-Unterricht an der Schule“, so Levin Möller.
Er wollte zuerst zum NP-Markt in Groß Börnecke, weil sich dieser in seinem Wohnort befindet. Zur Firma Wermuth ist es zwar etwas weiter, aber der Bus hält dort direkt vor der Tür.
Das Egelner Unternehmen, das insgesamt 65 Mitarbeiter an den Standorten Egeln, Bernburg, Lutherstadt Eisleben und Delitzsch beschäftigt, hat sich zur Teilnahme entschieden, um dieses Modellprojekt zu unterstützen, sagte Thomas Wermuth. „Ich finde es gut, dass die Ganztagsschule das macht“, sagte er. Denn dadurch bekämen die Jugendlichen einen Einblick in die praktische Arbeit. „Wir nehmen öfter Praktikanten, wenn es passt. Viele von ihnen haben dann anschließend bei uns eine Lehre begonnen“, sagte der Unternehmer.
Ein weiterer Einsatzort für die Praktikanten ist auch die Verwaltung der Verbandsgemeinde Egelner Mulde im Egelner Rathaus. Dort schauen eine Schülerin und ein Schüler seit Wochen hinter die Kulissen und informieren sich darüber, wie der Arbeitsalltag der dortigen Mitarbeiter aussieht, der beileibe nicht dem angestaubten und gängigen Klischee vom ständigen Kaffeetrinken entspricht. „Wir versuchen die Praktikanten in unseren Arbeitsalltag einzubeziehen. Die Außentermine gefallen ihnen am besten“, sagte die Hauptamtsleiterin Dagmar Witzke der Volksstimme.
Sie begrüßt die Initiative der Schulleitung, sich an diesem Modellprojekt des Landes Sachsen-Anhalt zu beteiligen. „Das ist ein guter Ansatz, um die Jugendlichen für die praktische Arbeit zu interessieren und ihre spätere Lehrstellenauswahl zu erleichtern“, sagte die Ressortchefin.
Schulleiter froh über praxisnahe Angebote
Schulleiter Philipp Spengler bedankt sich bei allen Unternehmen und Einrichtungen, dass sie ihre Mitarbeit bereit erklärt haben und dass sie den Schülern ein neues Blickfeld für ihre spätere berufliche Perspektive ermöglichen. „Wir sind froh, dass sich viele Firmen aus den verschiedensten Bereichen gefunden haben und dass es geklappt hat“, sagte er.
Von diesem praxisorientierten Unterricht verspricht sich der Schulleiter eine höhere Lernbereitschaft der Schüler. Das hätten auch seine Kollegen bestätigt, mit denen er sich darüber unterhalten habe, sagte er bei der Vorstellung der Pläne der Schule Mitte des vergangenen Jahres in der Aula des Schulzentrums.
Philipp Spengler hält es aufgrund des Fachkräftemangels für wichtig, dass Schule und Betriebe vor Ort zusammenarbeiten, um die Schüler bestmöglich auf das Berufsleben vorzubereiten. „Nur gemeinsam können wir es schaffen, die Schüler nach ihrem Schulabschluss als Auszubildende in der Region zu halten“, sagte er. Seinen Worten zufolge gebe es bei diesem Modellprojekt durchaus Parallelen zum Unterricht in der Produktion (UTP) in der DDR. Damals hätten sich die Schüler anders als heute den Betrieb jedoch nicht aussuchen können. Philipp Spengler stellte klar, dass dieses Modellprojekt nicht der Grund dafür sei, den Lehrermangel an den Schulen zu reduzieren.