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Bürgerresonanz zeigt Landesbeauftragten, dass noch immer Bedarf besteht / Heimkinder-Thema kommt hinzu Stasi-Akten auch 24 Jahre danach noch interessant

Von Falk Rockmann 14.03.2013, 02:12

Auch 24 Jahre nach der Wende ist das Interesse an Stasi-Akten offensichtlich noch groß. Den Beratungstermin, den der Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen der Ex-DDR in Güsten anbot, wurde gut besucht. Mittlerweile sind auch ehemalige Heimkinder richtig bei solchen Terminen, wenn hinter ihrem Schicksal eine politische Verfolgung steckt und sie um Rehabilitierung bemüht sind.

Güsten l "Ich bin einfach nur neugierig", begründet Carola Herrmann, warum sie so viele Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR noch Interesse an einer Akteneinsicht hat. Die Amesdorferin war eine von 28 Antragstellern, die den Termin am Dienstag in Güsten nutzten.

"Ich bin einfach nur neugierig"

Carola Herrmann, Antragstellerin aus Amesdorf

Dr. Wolfgang Laßleben, Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Sachsen-Anhalt, und Klaus Blaser, der die Beratungen seitens des Caritasverbands des Bistums Magdeburg e.V. unterstützt, zählten zwar nicht ganz so viele Besucher wie vor drei Jahren, aber dennoch hatten sie gut zu tun.

"Sowas ,wurmt\' die Leute auch nach Jahrzehnten noch"

Dr. Wolfgang Laßleben, Landesbeauftragter für die Unterlagen der Stasi

"Ab einem gewissen Alter beschäftigt sich der Mensch einfach mehr mit seiner Vergangenheit, interessiert sich für möglicherweise schicksalhafte Entwicklungen", hat Laßleben die Erfahrung gemacht, warum die Resonanz nicht abreißt.

Ein Anlass für eine Akteneinsicht sei zum Beispiel auch, wissen zu wollen, warum man keine Studienzulassung bekommen habe. "Auch wenn vielleicht keine Chance auf Rehabilitierung besteht. Sowas ,wurmt die Leute\' auch nach Jahrzehnten noch." Oder Bekannte hätten dazu ermuntert, in dem sie unkonkrete Hinweise gegeben hätten. Dann wollten die Antragsteller eben etwas Konkretes herausfinden.

2012 sei die Zahl der Antragstellungen bundesweit angestiegen gegenüber dem Vorjahr.

1760 Anträge auf Akteneinsicht bei 44 Vor-Ort-Terminen

Insgesamt gingen vergangenes Jahr rund 90 000 Anträge beim Bundesbeauftragten ein, 10 516 davon aus Sachsen-Anhalt. Bei den 44 Vor-Ort-Terminen wurden hier im Land 1760 Anträge zur Akteneinsicht gestellt.

Der Landesbeauftragte führt das unter anderem auch auf Neuentwicklungen zurück, wie beispielsweise das Thema Kinderheim, das in der Öffentlichkeit große Beachtung fand.

"Unsere Mitarbeiter wurden für das Kinderheim-Thema sensibilisiert"

Dr. Wolfgang Laßleben

"Das Thema spielte dadurch vielleicht in Familien erstmals eine Rolle, wo es zuvor tabu war. Ein Grund, die Akteneinsicht zu wollen, kann auch die Suche nach Familienangehörigen sein. Unsere Mitarbeiter wurden durch das Kinderheim-Thema für solche Fragen sensibilisiert", erklärt Wolfgang Laßleben. Seit Juli 2012 gibt es in Magdeburg eine extra geschaffene Anlaufstelle, die Beratungsstelle DDR-Heimkinderfonds Sachsen-Anhalt (siehe Info-Kasten). Wenn eine politische Verfolgung dahinter stecke, gebe es auch die Möglichkeit einer Rehabilitierung.

40-Millionen-Euro-Fonds für DDR-Heimkinder

Bund und Länder haben einen Fonds in Höhe von 40 Millionen Euro geschaffen für DDR-Heimkinder, die körperliche und seelische Gewalt erfahren mussten.

Der Landesbeauftragte plant in diesem Jahr wieder insgesamt 40 Beratungstermine. Dr. Laßleben ist sich sicher, dass das Interesse nicht abnehmen wird. Zumal die Fristen, wie zum Beispiel für Haftopfer für Rehabilitierungs- und Folgeanträge bis 31. Dezember 2019 verlängert wurden.

Anspruch auf strafrechtliche Rehabilitierung und soziale Ausgleichsleistungen haben übrigens nur Betroffene, wenn sie nicht gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben, heißt es im Rehabilitierungsgesetz. Die Beratungstermine helfen also auch bei Anträgen auf so genannte Opfer-Rente.

Interessenten können die Vor-Ort-Termine nutzen, auch wenn sie nicht in den jeweiligen Orten wohnen. Der Personalausweis ist vorzulegen.