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Sattler und Polsterei in Buch: Erst Max Freundt in der alten Dorfschule, später Gerhard Krüger Als in der Querstraße noch Handwerk lebte

Von Anke Hoffmeister 28.06.2012, 05:14

Alte Handwerkstraditionen geraten immer mehr in Vergessenheit. Was früher unerlässlich war und dringend gebraucht wurde, um den Alltag meistern zu können, wird heute oft gar nicht mehr oder nur noch selten benötigt. Polster und Sattler im herkömmlichen Sinne gibt es immer weniger.

Buch l "Sattler u. Polsterei Gerhard Krüger" ist noch schwach an einer Bucher Backsteinfassade zu lesen. Doch das Handwerk selbst lebt hinter diesen Mauern schon seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr. Das Haus in der Querstraße 24 wirkt verlassen. Zuletzt lebte der Handwerker Gerhard Krüger in diesem Objekt. Heute wohnt nach Aussage des Ortschronisten Fritz Beckmann noch dessen Frau hier allein.

Beckmann hat im Zuge seiner Forschungen herausgefunden, dass dieses Grundstück vor 1962 als Querstraße 86 oder 86 a im Straßenregister des Elbedorfes geführt wurde. Gebaut wurde an dieser Stelle im Jahre 1829. Damals ließ die Gemeinde hier eine Schule errichten, die noch im selben Jahr für die Kinder des Dorfes in Betrieb genommen wurde.

"Im Erdgeschoss wurde damals der Unterricht gegeben. Im Obergeschoss befand sich die Lehrerwohnung", so Beckmann. 1857 war im Ort ein Kantorat eingerichtet worden. Der Kantor war zugleich Lehrer und Schreiber der Bucher Chronik. Lehrer Felke steht in der Chronik von Beckmann und daraus geht auch hervor, dass dieser die Mädchen und Jungen von Klasse 5 bis 8 unterrichtete. 1914 und auch noch 1926 ist in den geschichtlichen Aufzeichnungen von Kantor Herrmann Müller zu lesen.

Als die Schule des Dorfes noch mehr Kinder fassen musste, wurde ein anderes Objekt gebaut. Das war 1933. Das Haus in der heutigen Querstraße 24 übernahm Georg Freund. Dieser war Sattler. Im einstigen Schulraum richtete er seine Werkstatt ein, baute das Haus auch ein wenig um. "Dabei entstand unter anderem dieses Schaufenster", erklärt Fritz Beckmann und zeigt auf dem Foto das Fenster im Hochformat, das heute hinter einem Bretterverschlag verschwunden ist. "Hier war zwischendurch auch mal eine kleine Verkaufsstelle. Doch nur für kurze Zeit von 1953 bis 1954", weiß der Bucher.

Während der Sohn von Freundt später eine eigene Sattlerei in der Kirchstraße des Dorfes betrieb, verkaufte Freundt selbst seine Werkstatt 1967 an Gerhard Krüger. "Von ihm standen hin und wieder Polsterstücke im Schaufenster", so Beckmann. Doch seinen Unterhalt verdiente Krüger mit der Aufarbeitung von Sitzen aus Militärfahrzeugen der NVA. Das Sattler- und Polsterhandwerk wurde mit der Einführung von Technik in die Landwirtschaft immer weniger für dieses Gebiet gebraucht. Solange die Pferde intensiv als Arbeitstiere genutzt werden mussten, war es unerlässlich, intaktes Zaumzeug, Leinen und Riemen zu haben. War etwas defekt, musste der Handwerker schnell für die Reparatur sorgen.

Zu DDR-Zeiten ging die Nachfrage danach jedoch immer mehr zurück. Deshalb spezialisierte sich Krüger auf die Fahrzeugsitze. "Er stellte aber auch schmucke Weidenkörbe her", erinnern sich Beckmann und dessen Frau. Wenige Jahre nach der Wende gab Gerhard Krüger sein Handwerk auf. Seitdem gibt es in Buch keinen Sattler und Polsterer mehr. Lediglich zwei Tischlerbetriebe sowie ein Ofen- und Kaminbauer sind hier noch ansässig. Dabei gibt es im Dorf jede Menge Pferde und sogar einen Reit- und Fahrverein, der seit vielen Jahren zu Pfingsten ein großes Reitturnier veranstaltet.