1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Behindertenparkplätze: Ersatz am Markt in Stendal ist da, aber ...

Stadtgeschehen Behindertenparkplätze: Ersatz am Markt in Stendal ist da, aber ...

Zwei Behindertenparkplätze in Stendal sind einer außengastronomischen Anlage gewichen. Ein Leidtragender ist enttäuscht von der Behindertenpolitik der Stadt.

Von Mike Kahnert Aktualisiert: 18.06.2021, 15:45
Vor dem Stadthaus 2 am Markt in Stendal wurde ein neuer Behindertenparkplatz ausgewiesen.
Vor dem Stadthaus 2 am Markt in Stendal wurde ein neuer Behindertenparkplatz ausgewiesen. Fotos: Mike Kahnert

Stendal - Hüftabwärts trägt er ein Stahlrohr als Prothese. Bernd Reinecke ist seit 18 Jahren auf diese Gehhilfe angewiesen. Wenn er mit seinem Auto parkt, benötigt der 56-Jährige viel Raum beim Aussteigen – idealerweise in Form von Behindertenparkplätzen. Am Markt in Stendal sind zwei dieser Stellflächen verschwunden. Die Stadt hat zwar für Ersatz gesorgt, aber die neuen Parkplätze sind zu schmal.

Jeweils auf der Nordseite des Marktes vor dem „Olivenbaum“ und auf der Westseite vor dem Stadthaus 2 an der Ecke zur Brüderstraße befinden sie sich. Ersterer war zuvor ein personenbezogener Parkplatz und wurde nun für die Öffentlichkeit freigegeben. Stadtsprecher Philipp Krüger zufolge war dies einfach umzusetzen, da die betroffene Person nicht mehr in Stendal lebt.

Die Parkplätze haben jedoch ein Problem: Sie entsprechen nicht der Straßenverkehrsordnung. Ein Behindertenparkplatz müsse mindestens 3,50 Meter breit sein. Die Fläche an der Nordseite ist rund 2,50 Meter breit und vor dem Stadthaus2 sogar nur 1,80 Meter. Setzt sich die Stadt Stendal über die Vorschrift hinweg?

Parkplätze am Markt in Stendal dürfen von Norm abweichen

Philipp Krüger zufolge ist alles in Ordnung. „Man kann das aber so machen“, behauptet er. Da sich der Parkplatz auf der nördlichen Seite am Rand befindet, gebe es noch genügend Platz, um seitlich auszusteigen. Der zweite Behindertenparkplatz müsse allerdings noch baulich angepasst werden, so Krüger. Auf ihn weist bisher nur ein provisorisches Schild hin. Durch den niedrigen Bordstein könne auch an dieser Stelle von der Norm abgewichen werden, um ein seitliches Aussteigen zu ermöglichen.

Die nächste Frage, die sich stellt, ist die Entfernung der Parkplätze zu den städtischen Einrichtungen. Behindertenparkplätze sollen nämlich kurze Wege ermöglichen. „Ich möchte nicht so weit laufen“, sagt Bernd Reinecke. Die bisherigen zwei Flächen am Markt waren in unmittelbarer Nähe zum Einwohnermeldeamt. Der 56-Jährige wünscht sich an der Stelle wenigstens einen Parkplatz wieder zurück. „Oder an den Fuße des Rolands“, schlägt er eine Alternative vor. Er sei von der Stadt enttäuscht. Außerdem kritisiert er die vielen Falschparker, die Behindertenparkplätze und andere Flächen zweckentfremden.

Die Behindertenparkplätze vor dem Bäcker, der Bank und dem neuen Restaurant am Markt in Stendal sind verschwunden. Der Platz, der übrig bleibt, wird dennoch von Falschparkern genutzt.
Die Behindertenparkplätze vor dem Bäcker, der Bank und dem neuen Restaurant am Markt in Stendal sind verschwunden. Der Platz, der übrig bleibt, wird dennoch von Falschparkern genutzt.
Foto: Mike Kahnert

Mit dieser Einschätzung liegt Bernd Reinecke nah an der Realität. Eine Stendalerin lässt sich am Mittwochabend von der Umzäunung des Restaurants am Markt nicht irritieren und hält auf der übrig gebliebenen Fläche dahinter an. Sie steigt aus und wird für einen Besuch bei der Bank zur Falschparkerin.

Stadtratsfraktion fordert, Behindertenparkplätze am Markt in Stendal wieder einzurichten

Ob die Behindertenparkplätze zurückkehren, ist noch fraglich. Fest stehe, dass die Sondernutzung des Restaurants am Markt bis zum 30. September genehmigt ist, teilt Philipp Krüger mit. Durch die befristete Nutzung bestehe auch kein Problem, was den Denkmalschutz betrifft. Ein Leser hat bei der Volksstimme Bedenken geäußert, dass die Schutzumzäunung des Restaurants das „mittelalterliche Gefühl“ des Marktes stören könne.

Bis zum 30. September möchte die Stadtratsfraktion SPD/FDP/Ortsteile jedoch nicht warten. Herbert Wollmann (SPD) schrieb stellvertretend für die Fraktion an Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU): „Wir fordern Sie auf, die Behindertenparkplätze an gleicher Stelle wieder einzurichten.“ Es genüge der Fraktion nicht, dass es einen Ersatz auf der anderen Seite des Marktplatzes gebe.

Ob die Sondernutzungsrechte für die Außengastronomie nach der Diskussion um die Flächen im nächsten Jahr noch genauso aussehen wie jetzt, sei fraglich, so Philipp Krüger. Vielleicht komme die Außengastronomie dann sogar auf den Marktplatz. Ein anderes Restaurant in der Marienkirchstraße besitze bereits ein Sondernutzungsrecht, um seine Außengastronomie auf der anderen Seite der Straße zu platzieren. Üblicherweise sei das nicht erlaubt, da um den Markt herum eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 20km/h gilt. Die beste Lösung wäre eine Spielstraße. Dann hätten es die Gastronomen einfacher, an ihr Recht zu kommen.

Dreiste Falschparker Die Dreistigkeit der Falschparker ist unübertroffen. Kaum weichen die Parkplätze vor Bank, Restaurant und Bäcker der Gastronomie, wird der schmale bepflasterte Streifen dahinter als Abstellmöglichkeit genutzt. Während sich Leidtragende zurecht darüber ärgern, dass es nicht genügend Behindertenparkplätze in Stendal gibt, werden sich viele Menschen eher daran stören, dass ihr luxuriöser Haltepunkt am Markt verschwunden ist. Damit das Falschparken ein Ende nimmt, muss da ein Poller hin, bevor Schlimmeres passiert. Kinder, die an der Umzäunung des Restaurants toben, könnten beispielsweise schnell von heraneilenden Autofahrern angefahren werden, die nur mal schnell zur ... wollten.

Kommentar von Mike Kahnert