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Weniger Gewalt gegen Beamte Bodycams: Polizisten in Stendal können Einsätze als erste filmen

125 Körperkameras sollen der Polizeiinspektion Stendal helfen, Gewalttäter von Straftaten abzuhalten oder sie zu dokumentieren. Der Datenschutz sei gewährleistet, heißt es.

Von Andreas König 16.12.2024, 16:28
Die neuen Bodycams, mit denen die Polizisten in Stendal seit Montag, 16. Dezember, arbeiten.
Die neuen Bodycams, mit denen die Polizisten in Stendal seit Montag, 16. Dezember, arbeiten. Foto: Mike Kahnert

Stendal - Achtung, Sie werden gefilmt – heißt es ab sofort bei Einsätzen der Polizei Stendal. Die ersten 125 von landesweit bis zu 800 Körperkameras (Bodycams) wurden am Montag, 16. Dezember 2024, der Polizeiinspektion Stendal übergeben. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) nahm symbolisch eines der Geräte entgegen.

Die Kameras sind etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel und sollen dabei helfen, ihre Träger zu sichern – sowohl physisch als auch rechtlich.

Polizisten entscheiden selbst, ob sie die Kamera einschalten

Polizisten können bei Einsätzen selbst entscheiden, ob sie die Kameras einschalten. Wenn sie das tun, werden standardmäßig die ersten 60 Sekunden des Einsatzes aufgezeichnet (Pre-Recording) und immer wieder überschrieben. Sollte der eigentliche Einsatz per Video dokumentiert werden, kann die Aufzeichnung der ersten Minute dem Videoprotokoll hinzugefügt werden.

Von der Einführung der zunächst 100.000 Euro teuren Technik versprechen sich das Innenministerium und die Polizeiführung vor allem mehr Sicherheit für die Beamten.

Geräte sollten vor einem Jahr ausgeliefert werden

Ursprünglich sollte die neue Technik bereits im dritten Quartal 2023 zur Verfügung stehen, doch das Projekt verzögerte sich immer wieder. Innenministerin Zieschang begründete die Verzögerung unter anderem damit, dass die Kameras in die bestehende Informationstechnik der Polizei integriert werden mussten. „Das braucht Zeit“, sagte sie. Zeit dürfte auch vergehen, bis alle 800 Bodycams in den Polizeidienststellen des Landes einsatzbereit zur Verfügung stehen. Das soll Anfang 2027 der Fall sein.

Zunächst eine Kamera pro Streifenwagen

Zunächst aber stehen die Geräte den Beamten der Polizeiinspektion und den dazugehörigen Revieren – Stendal, Salzwedel und Jerichower Land (Genthin) – zur Verfügung. Allerdings hat nicht jeder Polizist eine eigene Kamera. Es gibt einen Gerätepool für die Einsatzkräfte. Zunächst sei vorgesehen, jede Streifenwagenbesatzung mit mindestens einer Bodycam auszustatten, kündigte Polizeidirektor Andreas Krautwald an.

Chip schaltet Bodycam scharf

Mit Hilfe eines digitalen Chips, der auch zur Arbeitszeiterfassung dient, wird die Kamera vor der Übernahme personalisiert. Beamte, die sie tragen, entscheiden selbstständig darüber, ob sie die Kamera einschalten. Wenn sie das tun, müssen sie die potenziell Gefilmten darauf hinweisen. Innenministerium und Polizeiführung hoffen auf eine „deeskalierende Wirkung“, wie die Ministerin erläuterte. „Wenn ein potenzieller Straftäter weiß, dass seine Handlungen aufgezeichnet werden, hoffen wir ganz einfach, dass er sich besinnt“, sagte Tamara Zieschang.

Zahl der Übergriffe gegen Polizisten ist gestiegen

Solch ein Sinneswandel potenziell beleidigend oder gar gewalttätig auftretender Bürger wäre mehr als wünschenswert. Denn verbale Über- oder körperliche Angriffe hätten „in erschreckender Weise zugenommen “, beklagte die Ministerin.

Gab es im Jahr 2022 noch 1.192 bekannte Fälle von Gewalt gegen Polizisten, stieg dieser Wert im vergangenen Jahr auf 1.348.

Das korrekte Bedienen der neuen Technik erfordert Wissen und eine gewisse Einarbeitungszeit. 25 der 125 Bodycams wurden daher der Polizeifachschule in Aschersleben zur Verfügung gestellt, um dort sogenannte Multiplikatoren auszubilden. Sie sollen ihre Kollegen in den Dienststellen im Umgang mit den Kameras unterweisen. Sechs Stunden lang dauert die Unterweisung.

Signal ertönt zur Aufnahme

Als Multiplikatoren für die Polizeiinspektion Stendal fungieren die Polizeikommissare Anna Finke und Thomas Boguslawski. Sie durften demonstrieren, wie die Kameras eingesetzt werden. Zum Start der Aufnahme ertönt ein akustisches Signal, ebenso zum Ende. Herstellerfirma und die Polizei gehen davon aus, dass die Akkuleistung für eine zwölfstündige Schicht ausreicht, wie Thomas Richter von der Kriminalpolizei Stendal erklärte. Die Lebensdauer der Geräte gibt Axel Kukuk von der Herstellerfirma mit drei bis fünf Jahren an. Ein Wechsel der Akkus ist übrigens nicht vorgesehen.

Die Stendaler Polizeikommissare Anna Finke und Thomas Boguslawski demonstrieren die Bodycams, die sich mittig neben dem Kamerasymbol am Körper befinden.
Die Stendaler Polizeikommissare Anna Finke und Thomas Boguslawski demonstrieren die Bodycams, die sich mittig neben dem Kamerasymbol am Körper befinden.
Foto: Mike Kahnert

Die Bodycams sind übrigens nur der Anfang für neue Technik bei der Polizei. Als Nächstes könnten Elektroschockpistolen, sogenannte Taser, eingesetzt werden. Erstmals können die Polizisten mit Hilfe einer Umfrage entscheiden, ob sie die Einführung dieser neuen Technik wollen, sagte die Innenministerin.