Bildhauer Walter Green eröffnet eindrucksvolle Ausstellung in Marienkirche und ermutigt zum Nachmachen: "Nehmen Sie doch einfach links ein Eisen und rechts einen Hammer..."
"Skulpturen zum Befassen" stellt der im Dörfchen Klein Rünz in Mecklenburg-Vorpommern lebende Bildhauer Walter Green seit Sonntag in der Stendaler Marienkirche aus. Bis 21. Juli können die 19 hölzernen und zwei bronzenen Kunstwerke angeschaut und angefasst werden.
Stendal. Auch wenn er mit schelmischem Lächeln nur vom "schön glatt machen" redet (siehe das Gespräch rechts auf dieser Seite), kommt es Walter Green natürlich auf den Doppelsinn des Wortes "Befassen" an. Der Betrachter und Berührer seiner Werke kommt auch gar nicht umhin, sich gedanklich mit ihnen zu befassen. Man schaue sich nur die eindrucksvolle große Fünfergruppe der Figuren mit den gesenkten Köpfen an. Green hat ihr das Bibelzitat "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid" als Titel gegeben. In der Stendaler Ausstellung hat er ihr die einen schweren Balken auf den Schultern tragende Christusfigur gegenübergestellt und ihr die tröstenden Worte zugeordnet: "Mein Joch ist sanft, die Last ist leicht".
Diese Kombination, sagt Walter Green, ist seine persönliche Deutung. Jeder Betrachter ist aufgefordert, seine eigene zu finden. Er muss sich nur damit "befassen".
"Assistiert" von Pfarrer Joachim Kähler und Stadtgemeinderatsvorsitzendem Detlef Frobel, eröffnete Bildhauer Walter Green am Sonntag in der Marienkirche seine Ausstellung "Skulpturen zum Befassen". Sie zeigt 21 Werke, die auf den ersten Blick sehr ähnlich, auf den zweiten wunderbar individuell und vielgestaltig sind: menschliche Figuren, einzeln oder paarweise, die alt- oder neutestamentarischen Motiven zugeordnet sind.
Aus schlanken oder mächtigen uralten Balken, oft wurmstichig und durchlöchert, hat Green in der Regel nur die Büste, den Kopf-Schulter-Brustbereich, herausgearbeitet und glatt poliert. Auf individuelle Gesichtszüge verzichtet er. Und doch hat jede Figur durch die aufrechte, gesenkte oder geneigte Haltung des Kopfes, durch die geschickte Einbeziehung der Maserung des Holzes ihr eigenes Gesicht mit seinem spezifischen Ausdruck.
Er habe tausend Kilo alte Eichenbalken hierher geschafft, beschrieb Green bei der Ausstellungseröffnung mit nicht ganz ernst gemeinter Respektlosigkeit die in der Marienkirche gezeigte Auswahl aus seinem Werk. Und tatsächlich scheint er seine Kreativität und sein Schaffen nicht höher zu hängen als das anderer. "Diese Balken sind für mich ein bisschen Predigt", beschrieb er die christliche Botschaft seiner Werke. "Für den einen oder anderen ist es Kunst. Mir ist das nicht so wichtig." Für ihn seien die 21 Stücke "21 Schlüssel, um zu mir selbst zu finden".
In diesen Rahmen der Bescheidenheit passte durchaus, dass er seine Zuhörer ausdrücklich ermutigte, es selbst einmal zu versuchen: "Nehmen Sie links ein Eisen und rechts einen Hammer und hauen Sie drauflos! Ohne großen Plan. Ich weiß vorher auch nicht, dass am Ende das Hohelied dabei herauskommt." Damit bezog er sich auf die Zweiergruppe "Das Hohelied Salomos", neben der er gerade stand.
Neben den braunen Eichenbalken, deren Zapflöcher nicht selten an ihre bisherige Verwendung in Dachkonstruktionen verweisen, hat Green auch Gründungspfähle aus fast schwarzer Mooreiche verwendet und Bronzegüsse angefertigt. Der 1952 in Eckernförde geborene Künstler lebt seit 1999 in Nordwestmecklenburg.