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Tanzsport Nicht nur was für Mädchen

Der TV Popcorn Stendal feiert 25-jähriges Bestehen. Vor allem die Tanzgruppen rücken den Verein immer wieder ins öffentliche Bewusstsein.

Von Nora Knappe 15.06.2016, 01:01

Stendal l Für alle, die jetzt denken, es geht hier um die Glotze, sei gesagt: Nein, der TV Popcorn ist kein Fernsehsender. Denn TV – das steht für „Tanz- und Sportverein“ und ist seit 25 Jahren das Kürzel. Das nach so langer Zeit noch zu betonen, ist gar nicht so abwegig, denn genau so, als „Fernsehen Popcorn“, wurden die Tänzerinnen des Stendaler Vereins einmal bei einem Auftritt in einer Partnerstadt angekündigt. Das ist eine von vielen Anekdoten, die Elfi Baumann und Renate Lier in den Sinn kommen und sie zum „Weißt du noch?“-Lachen bringen.

Und natürlich wissen beide noch! Schließlich sind sie seit den Anfängen des Vereins und noch viel länger davor dabei. Was 1990 unter dem Namen TV Popcorn als einer der ersten Tanzsportvereine hierzulande gegründet und im April 1991 ins Vereinsregister eingetragen wurde, entstand aus einer Lehrersportgruppe und der Tanzarbeitsgemeinschaft „Rhythmische Sportgymnastik“, die teilweise schon seit den 70er Jahren aktiv waren.

Dass Vereinsvorsitzende Elfi Baumann und ihre Stellvertreterin Renate Lier über den Begriff „Rhythmische Sportgymnastik“ heute nur noch schmunzeln, ist nicht zeitgenössischer Überheblichkeit geschuldet, sondern der Tatsache, dass in den 16 Gruppen von TV Popcorn seit vielen Jahren ein beachtliches sportliches, kreatives und zuweilen akrobatisches Repertoire angeboten und umgesetzt wird. Über 300 Mitglieder verausgaben sich bei Tanz, Aerobic oder Hip-Hop, kräftigen und dehnen sich bei Rückenschule oder Frauensport. In den sechs Tanzgruppen sind teilweise schon Kinder ab 3 Jahre dabei, und dem Alter sind wohl auch nach oben keine Grenzen gesetzt: die Älteste im Verein ist 79 Jahre alt!

Eines möchten Baumann und Lier betonen: Es geht nicht darum, Tanzprofis auszubilden, sondern in erster Linie geht es bei den „Popcörnern“ um eine sportliche und gesunde Freizeitbeschäftigung. Um das Miteinander, den Spaß in der Gruppe, gemeinsame Unternehmungen außerhalb der Kurse. „Tanzen und Sport halten jung, außerdem hilft es, Stress abzubauen“, sagt Renate Lier. Elfi Baumann nickt und ergänzt lachend: „Man sieht ja auch, dass es was bringt, muskelmäßig und fürs biologische Alter.“ Aber letztlich geht es beim Sport im Verein doch noch um ein bisschen mehr: „Man sieht, wie die Mädchen zu jungen Erwachsenen werden, mit einer Persönlichkeit“, sagt Baumann. Und Lier ergänzt: „Da entwickelt sich Sozialkompetenz und Verantwortungsbewusstsein.“

Dass der TV Popcorn nun seit 25 Jahren mit Tanz und Sport vor allem Kinder und Jugendliche anzieht, ist aber nicht nur der bloßen Existenz des Vereins zu verdanken. „Die Gruppen stehen und fallen mit den Übungsleitern“, sagt Renate Lier, „sie sind zu hundert Prozent zuverlässig, übernehmen Auftritte in Eigenregie und bieten ein sehr breitgefächertes Angebot.“ Dass es unter den 15 Übungsleitern jedoch nur einen Mann gibt, ist keine Absicht. „Viele denken eben, Tanzen ist nur was für Mädchen“, versucht Elfi Baumann eine Erklärung, und Renate Lier führt den Gedanken fort: „Über Streetdance, Hip-Hop und Breakdance spricht man ja auch die männlichen Jugendlichen an.“ Theoretisch jedenfalls. Oftmals mangele es dann aber an der Trainingsdisziplin, die Teilnehmer kommen nur unregelmäßig ooder wortlos einfach gar nicht mehr. Aber das sind so kleine Sorgen, die die Geburtstagsfreude nicht trüben.

Gefeiert wird das Jubiläum am kommenden Sonnabend in geschlossener Gesellschaft mit Aktiven und Ehemaligen, Sponsoren und Ehrengästen – natürlich mit Tanzdarbietungen und der Gelegenheit zu vielen „Weißt du noch?“ Elfi Baumann und Renate Lier jedenfalls hätten da noch so einige Geschichten auf Lager: eine, die mit müffelnden Bauarbeiter-Schuhen und massenweise Silberfischschen im vermeintlichen Sporthotel zu tun hat, oder eine, in der „die Mädels“ wegen einer Zugverspätung spontan auf einem Berliner Bahnsteig tanzten – mitten in der Nacht.

Und dann ist da ja auch noch die Geschichte von der Kulturpreisverleihung 2008 – die dem TV Popcorn allerdings komplett entging, weil einfach niemand im Verein davon ausgegangen war, dass „Popcorn“ nochmals ausgezeichnet würde, schließlich gab es im Vorjahr bereits den Sport-Oskar.