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Wahlfälschung Gegen Kühnel wird wieder ermittelt

Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Stendaler CDU-Kreis-Chef Wolfgang Kühnel sind wieder aufgenommen worden.

Von Bernd-Volker Brahms 25.01.2019, 00:01

Magdeburg/Stendal l Ist Holger Gebhardt tatsächlich der alleinige Wahlfälscher der Kommunalwahl 2014 gewesen? Diese Frage schwingt bei den Befragungen der Zeugen im Untersuchungsausschuss des Landtages, der am Mittwoch zum 16. Mal tagte, immer mit. Holger Gebhardt selbst hat ehemalige CDU-Mitstreiter – allen voran den ehemaligen CDU-Kreis-Chef Wolfgang Kühnel – stark belastet.

Wie sich nun herausstellte, wird gegen den 64-jährigen Kühnel mittlerweile wieder ermittelt, nachdem das Verfahren gegen ihn 2016 vorläufig eingestellt worden war. Kühnel war – anders als der Landtagsabgeordnete Hardy Peter Güssau (CDU) – einer der zwölf Abholer, die für Holger Gebhardt Briefwahlunterlagen in höherer Zahl aus dem Wahllokal abgeholt haben. Als solcher war Kühnel als Beschuldigter ins Visier der Ermittler geraten, wie der zuständige Polizist Sven H. als Zeuge im Ausschuss aussagte. Kühnel habe sich von Anfang an anwaltlich vertreten lassen und habe keine Aussage gemacht. Auch später im Prozess und auch im Untersuchungsausschuss zog er es vor, zu schweigen.

Im Untersuchungsausschuss am Mittwoch wollte Wulf Gallert (Linke) es genauer wissen, warum in Sachen Kühnel nicht weiter ermittelt worden sei, obwohl es eine schriftliche Einlassung von November 2016 von Gebhardt zur angeblichen Rolle Kühnels bei der Wahlmanipulation gegeben habe. „In der Hauptverhandlung hat Herr Gebhardt auf Nachfrage den Namen nicht genannt“, sagte Staatsanwältin Annekatrin Kelm nun im Untersuchungsausschuss. Sie habe ausdrücklich nach den Namen von Helfern gefragt, sagte sie. Gebhardts Anwalt habe damals der Antwort seines Mandaten lediglich hinzugefügt: „Herr Gebhardt will ja noch länger in Stendal leben“.

Auch nach der Verurteilung sei Gebhardt angeboten worden, noch detaillierter auszusagen, so Kelm. Davon habe er zunächst keinen Gebrauch gemacht. Mitte vergangenen Jahres habe er dann aber doch Redebedarf angemeldet. Gleichzeitig hatte sein Anwalt auf Schadensersatzforderungen der Stadt Stendal reagiert und dort auch Wolfgang Kühnel als Anstifter Gebhardts bei den Wahlfälschungen benannt. Am 19. September 2018 sei Gebhardt von ihm in der JVA in Halle vernommen worden, berichtete der Stendaler Ermittler Sven H. Es kamen dort wieder deutliche Aussagen zu Wolfgang Kühnel, außerdem präsentierte Gebhardt E-Mail-Dokumente, die in der Ermittlungsakte nicht vertreten gewesen seien, obwohl sie nach der Durchsuchung seiner Wohnung im November 2014 und der Beschlagnahme von Datenträgern hätten dabei sein müssen.

Nach der polizeilichen Aussage von Holger Gebhardt sei das Ermittlungsverfahren gegen Wolfgang Kühnel vor einigen Wochen wieder eröffnet worden und dauere noch an, sagte Staatsanwältin Annekatrin Kelm. Die Staatsanwaltschaft hatte schon vor einiger Zeit beantragt, dass sie einige Protokolle des Untersuchungsausschusses ausgehändigt bekommen möchte. Dem stimmten die Ausschussmitglieder am Mittwoch zu. Ein weiteres Verfahren möchte die AfD-Fraktion des Landtags am liebsten gegen den ehemaligen Landtagspräsdenten Hardy Peter Güssau (CDU) eingeleitet sehen. Es werde eine Anzeige wegen Falschaussage im Untersuchungsausschuss erstattet, kündigte Matthias Lieschke (AfD) an, der Vorsitzender des Ausschusses ist.

Güssau hatte im September im Ausschuss bekräftigt, dass er sowohl die Vollmacht zur Briefwahl als auch den Wahlschein unterschrieben und die Stimmen für Stadtrats- und Kreistagswahl persönlich abgeben habe. Gebhardt hatte dagegen ausgesagt, dass er beide Unterschriften gefälscht habe. Nun sagte Kriminalpolizist Sven H. aus, dass der originale Wahlschein mit „nahezu hunderprozentiger Sicherheit“ nicht von Hardy Peter Güssau unterschrieben worden sei.

Für die Ermittlung habe der Widerspruch von den Aussagen Güssaus bei der Polizei und den Erkenntnissen keine Relevanz gehabt, da keine Straftat damit verbunden gewesen sei. „Es war nicht Ermittlungsgegenstand, ob Herr Güssau gewählt hat“, sagte der Polizist.

Wulf Gallert konnte dies nicht nachvollziehen, da sowohl Kühnel als auch Güssau Nutznießer der Fälschungen von Holger Gebhardt waren, indem sie viele der gefälschten Stimmen für die Kreistagswahl erhielten. „Selbst wenn er Mitwisser war, so war er noch lange kein Mittäter“, sagte der Kriminalpolizist. Er wies darauf hin, dass auch andere Zeugen widersprüchliche Aussagen bei der Polizei gemacht hätten. „Wir müssen das hinnehmen.“

Gallert wies nichtsdestotrotz darauf hin, dass später sowohl in der Anklageschrift als auch im Urteil gegen Holger Gebhardt steht, dass Güssau seinen Wahlschein von Gebhardt nicht zurückbekommen hatte. Stattdessen habe Gebhardt diesen unterschrieben und damit gewählt.