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Bräuche Welche Musik passt zu Ostern?

Zu Weihnachten fallen einem sofort ein paar Lieder ein, die jeder kennt. Doch was singt man eigentlich zu Ostern?

Von Nora Knappe 29.03.2018, 01:01

Stendal l Mit dem so leichtfertig dahingesprochenen Wort Ostern fängt das Erklären schon an. Denn strenggenommen, oder vielmehr korrekterweise, fängt die Osterzeit erst am Ostersonntag an. „Alles, was davor ist, ist Passionszeit, Leidenszeit“, erläutert Domkantor Johannes Schymalla im Gespräch mit der Volksstimme. Der Verrat und der Tod Jesu prägen die Karwoche.

Und das spiegelt sich auch in der musikalischen Literatur wider, das Geschehen rund um das letzte Abendmahl und die Kreuzigung bergen viel Stoff für Geschichten. „Diese Ereignisse waren für Komponisten einfach reizvoll, es stecken so viele Facetten darin“, meint Schymalla. Die Johannes-Passion wie auch die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach sind die bekanntesten Werke. Als „sehr anschaulich und gefühlsbeladen“, beschreibt sie der Kantor. Dieser Musik geben sich durchaus auch Nichtgläubige gern hin, gehen zu entsprechenden Aufführungen in die Kirche. „Es ist eine Möglichkeit, Trauer zuzulassen, und in Gemeinschaft tut das gut. Man kann sich ergreifen lassen, weinen... das ist wie eine Katharsis.“

Wenn Johannes Schymalla das sagt, bezieht er das vor allem auf die evangelische Kirche. Dort darf Musik auch an schweren Tagen eine Rolle spielen. In der katholischen Kirche hingegen wird am Gründonnerstag der Altar geleert, nur das Kreuz bleibt stehen. Die Orgel schweigt. Karfreitag, der Tag, an dem Jesus gekreuzigt wurde, gibt es auch kein Glockengeläut, nur A-cappella-Gesang. „Das ist eine bewusste Kargheit und gerade durch das Reduzierte sehr eindrücklich“, sagt der evangelische Kantor.

Dennoch verwundert es die Laiin, dass es dann nicht zum freudigen Ereignis der Wiederauferstehung entsprechend populäres Liedgut gibt. „Das Thema ist einfach zu theologisch, da fehlen die verständlichen Bilder“, ist Schymallas Vermutung. Da bietet Weihnachten mehr, Einfacheres, von vornherein Positiveres. „Ostern ist eher ernst, Anlass für Reflexion.“ Der Charakter sei nicht so leicht greifbar. Und eben sehr widersprüchlich.

Passions- und Ostermusik spiele sich eher im Kleinen ab, in den Gottesdiensten, wo Choräle wie „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ oder zur Auferstehung „Wir wollen alle fröhlich sein“ gesungen werden. Und was für Weihnachten das „Oh, du fröhliche“, ist für Ostern „Christ ist erstanden“. Ein Lied von 1160, in der Allgemeinheit eher nicht bekannt.

Das Bemerkenswerte dabei: „Früher war Ostern das eigentliche Hochfest, das eigentliche Ereignis ist der Tod und die Wiederauferstehung, darum war Karfreitag auch der Kirchen-geh-Tag“, sagt Schymalla. „Weihnachten wurde erst viel später gefeiert.“ Als kirchlicher Feiertag in Rom belegt ist der 25. Dezember seit dem 4. Jahrhundert.

Für den Kirchenmusiker und Kantor spielen die Passionszeit und Ostern trotzdem eine wichtige Rolle. „Gerade weil diese Zeit so facettenreich ist, ist die Musik dazu sehr intensiv. Wenn man merkt, dass der Komponist eine Tiefe erreicht hat, geht einem das durch und durch.“