Weltfriedenstag Kriege der Welt auf weißen Kreuzen
Weiße Kreuze haben eine starke Symbolkraft. Diese nutzte der Kreisverband Stendal der Linken für eine Mahn-Aktion.
Stendal l Mit seinem Eindruck, dass der 1. September als in Deutschland gültiger Weltfriedenstag „bei vielen unbekannt ist und leider untergeht“, lag Matthias Höhn wohl gar nicht so verkehrt. Wer in Geschichte aufgepasst hat, weiß, dass der 1. September 1939 der Beginn des Zweiten Weltkriegs war, mit all seinen verheerenden Geschehnissen und Folgen – in den meisten Kalendern findet sich an diesem Tag jedoch kein Hinweis auf den Weltfrieden.
So kam Höhns Wunsch, diesen Tag zu einem europäischen Feiertag zu machen, auch nicht von ungefähr. Er war vielmehr die Quintessenz des altmärkischen Linke-Bundestagsabgeordneten aus der vorangegangenen halben Stunde am Sonnabendvormittag vor dem Stendaler Landratsamt. Dort hatten sich etwa 50 Menschen versammelt, um sich in eine Kette des Mahnens und Erinnerns einzureihen. Auf weißen Kreuzen angebrachte Zettel wiesen auf die aktuellen, teils seit Jahren und Jahrzehnten lodernden Konflikte und Kriege in aller Welt hin.
Die Teilnehmer verlasen der Reihe nach Schauplatz, Dauer und Zahl der Todesopfer. Höhn sprach davon, dass man es heute nicht mit einem Weltkrieg zu tun habe, sondern mit vielen „stückweisen“ Weltkriegen: „Es scheint, als stünde der halbe Erdball in Flammen.“ Als verantwortungslos bezeichnete er die derzeit 13 Auslandseinsätze der Bundeswehr, die, Beispiel Afghanistan, nicht mal der dortigen Zivilbevölkerung Sicherheit brächten.
„Weltweit gibt es rund 30 große Kriege und bewaffnete Konflikte“, sagte Linke-Kreisvorsitzender Manfred Hain und erinnerte auch daran, dass Deutschland „Rüstungsgüter in Konfliktregionen liefert“, dass Wortgefechte und Drohgebärden zwischen USA und Nordkorea die Angst vor einem Atomkrieg „wieder ein Stück näherrücken“ lassen, dass – und er schaute dabei auf den Zettel am Kreuz in seiner Hand – „allein in diesem Jahr 1400 Menschen im Mittelmeer ertrunken“ sind. Er forderte die Anwesenden auf, ihren Protest dagegen deutlich zu machen, aufzustehen und anderen Mut zu machen, sich ebenfalls einzureihen.
Appelle an die Mitglieder des Kreisverbands folgten auch beim anschließenden Kreisparteitag im Landratsamt. Von den insgesamt 220 Mitgliedern hatten sich 51 hier eingefunden, um über den Entwurf des Wahlprogramms für die Kommunalwahl 2019 zu diskutieren. Sechs Schwerpunkte, die laut Vorstandsmitglied Mario Blasche nicht hierarchisch, sondern gleichwertig zu verstehen seien, sind darin detailliert untergliedert. Als „unser Markenzeichen“ hob Blasche Punkt 1 hervor: „Soziale Gerechtigkeit und ein solidarisches Miteinander“. Stichworte wie Sozialcard, öffentlicher Nahverkehr, Kampf gegen Kinderarmut finden sich darunter.
Weitere Schwerpunkte im Programm sind Ehrenamt/Engagement, Grundversorgung/Öffentliche Dienstleistung, Bildungschancen, Kultur und Sport sowie Wirtschaftskraft samt sozial-ökologischem Umbau. Die Linke erklärt im Entwurf, sich „für unseren ländlichen Raum“ einzusetzen, „für einen liebens- und lebenswerten Landkreis Stendal“.
Die stellvertretende Kreisvorsitzende Helga Paschke kommentierte das Programm in einer Mischung aus Desillusionierung und Zuversicht: „Wir wissen, dass die Wahlen 2019 im Zeichen eines gesellschaftlichen Rechtsrucks stehen, in Europa, weltweit und leider auch in einigen Gremien unseres Landkreises.“ Wenngleich ihr klar sei, dass man „im kommunalen Bereich die Welt nicht ändern“ könne, so könne man gleichwohl „diese Werte vor Ort verteidigen und leben“.
Aber nicht nur das Wahlprogramm stand zur Diskussion, auch ein Initiativantrag bezüglich des Vereins Miteinander und eine Resolution zum „Antikriegstag 2018“ von Mitglied Bernd Kloss forderten die Stimmabgabe der Versammelten. Ebenso die anschließende Wahl der Delegierten zum Landesparteitag – mit diesem Ergebnis: Anke Hain, Katrin Kunert, Helga Paschke, Stefanie Schulz, Christian Bayer, Mario Blasche, Jürgen Emanuel und Günter Rettig. Die Ersatzdelegierten sind Inge Harsdorf und Bodo Strube.