Naturschutz Ärger um radikalen Rückschnitt am Suenbach in Ilsenburg
Hat die Stadt Ilsenburg beim Rückschnitt von Bäumen Naturschutzrecht verletzt? Das beaklagen Einwohner, die Verwaltung verteidigt ihre Entscheidung.
Ilsenburg
„Methoden wie im Wilden Westen? Werden Naturschutzgesetz ignoriert?“ Diese Fragen stellt sich Marvin Minner, nachdem im Auftrag der Stadt Ilsenburg am Grundstück seiner Eltern am Suenbach mehrere Eschen gekappt wurden. Für die Pflegearbeiten am Gewässerrandstreifen sei der Rückschnitt einiger überragender Äste abgesprochen gewesen. Das Ergebnis habe Minners schockiert: Bäume und Gehölze wurden auf Stock gesetzt, also abgeholzt - obwohl sie erst wenige Jahre alt seien und weder durch Krankheit noch Fäulnis geschwächt.
„Ist das die Arbeitsweise, die sich ein Luftkurort auf die Fahne schreiben möchte?“, heißt es in einem Brief der Familie an Bürgermeister Denis Loeffke (CDU). Sie prangern an, mit dem Eingriff Mitte April sei die seit Anfang März geltende Brut- und Setzzeit verletzt worden, in der Baumfällungen verboten sind. Zumal an besagter Stelle Eichhörnchen und Amseln ein Quartier gefunden hätten. Weder Gespräche mit dem Bauamtsleiter noch mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Harz seien zielführend gewesen.
Arbeiten verzögerten sich wegen langen Winters
Die Stadt habe sich an geltende Gesetze gehalten, entgegnet der Verwaltungschef auf Volksstimme-Anfrage. Ein Fachmann für Baumpflege habe die Eschen am Suenbach Ende 2020 begutachtet - und festgestellt, dass Handlungsbedarf bestehe. Wegen des ungeahnt starken Wintereinbruchs und hoher Auftragslage habe der Eingriff jedoch weit nach hinten verschoben werden müssen.
Bei Beginn der Arbeiten habe der beauftragte Experte bemerkt, dass der Eingriff größer als geplant ausfallen müsse. Der letzte große Rückschnitt an dieser Stelle liege bereits sieben bis zehn Jahre zurück, seitdem seien die Bäume wild ineinander verwachsen - und so zu einem „sehr guten Windfang“ mutiert. Deshalb konnten sie nur im Verband runtergeschnitten werden, so Loeffke.
Bürgermeister verweist auf Gefahrenabwehr
Damit sei im Zuge der Gefahrenabwehr gehandelt worden. „Wären nur einzelne Äste entfernt worden, wäre eine größere Bewegungsfreiheit für die Eschen gegeben“, antwortet der Bürgermeister auf Minners Vorwürfe. Mit dem aufgelockerten Ufer hätte das ein großes Risiko bedeutet, das nichts mit dem Zustand der Bäume zu tun habe.
Auch das Argument der Entfernung von Nistquartieren will Loeffke nicht gelten lassen: Wie bei jedem Rückschnitt habe die beauftragte Firma eine Nestschau vorgenommen. Dabei sei an nur einem Baum ein Amselnest entdeckt worden. Dieser sei entsprechend des Bundesnaturschutzgesetzes stehengeblieben.
„Ich nehme für mich und die Verwaltung in Anspruch, Themen nach Wichtigkeit und Relevanz zu bearbeiten“, ergänzt Ilsenburgs Bürgermeister. „In Zeiten wie diesen, in welchen die Personaldecke extrem dünn ist, hat ein gestutzter wildwachsender - und wieder nachwachsender - Baum keine Priorität.“