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Ehrung Rautenbach: „Ich bin Wernigeröder“

Unternehmer Harald Rautenbach hat Wernigerodes Wirtschaftsentwicklung geprägt. Der 80-Jährige hat sich ins Goldene Buch eingetragen.

Von Katrin Schröder 03.04.2017, 01:01

Wernigerode l Unternehmer, Kunstmäzen, Gartenliebhaber: Auf Harald Rautenbach trifft alles zu. Der 80-jährige Wahlharzer hat viel für Wernigerode getan. Dafür wurde er mit einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt im Wernigeröder Rathaus geehrt.

Geboren wurde Rautenbach 1936 in Solingen. Er stammte aus einer Unternehmerfamilie, die seit dem 19. Jahrhundert im bergischen Land ansässig war, heißt es zum 80. Geburtstag Rautenbachs im September 2016 im Solinger Tageblatt. Großvater Rudolf hatte die Leichtmetallgießerei gegründet. In Wernigerode hat das Unternehmen von 1934 bis 1936 eine Gießerei aufgebaut, die technologisch und architektonisch auf der Höhe der Zeit war, berichtete Ludwig Hoffmann in seiner Laudatio im Wernigeröder Rathaus. Das Unternehmen belieferte in der NS-Zeit die Rüstungsindustrie und beschäftigte Zwangsarbeiter. Deshalb hat die Rautenbach AG sich finanziell in die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ eingebracht, die Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter geleistet hat. 1945 wurde der Betrieb enteignet und demontiert, ein Teil wurde als VEB Metallgusswerk Wernigerode weiter betrieben.

Harald Rautenbachs Vater Harry führte das Unternehmen in Solingen weiter – und sein Sohn sollte ihm nachfolgen. Zwar wäre Harald Rautenbach lieber Gartenarchitekt geworden, folgte aber der Verpflichtung. Dazu absolvierte er eine Fachschule, lernte in der führenden Leichtmetallgießerei Englands und studierte in Österreich das Niederdruck-Verfahren, das er nach Solingen holte. Mit 25 Jahren wurde er Assistent der Geschäftsleitung, zwei Jahre später Prokurist und übernahm nach dem Tod seines Vaters 1966 die Geschäftsführung.

1972 fusionierte Rautenbach mit dem Konkurrenten Honsel, damals unter anderem führend im Druck-Guss. 1982 stiegen die Solinger wieder aus, Rautenbach gelang mit der Übernahme anderer Firmen ein Neustart. Dann kam die Wende, und Harald Rautenbach kaufte der Treuhand den einstigen Familienbesitz ab. „Das zeigt ihren unternehmerischen Geist, ihren Mut und ihre Tatkraft“, betonte Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) bei der Ehrung.

Die Rautenbach AG produzierte in Wernigerode Zylinderköpfe für fast alle großen deutschen Autohersteller. Bis 2004 investierte das Unternehmen rund 100 Millionen Euro in den Standort, berichtete seinerzeit die Volksstimme. 500 feste Mitarbeiter sowie 130 bis 150 Zeitarbeiter waren bei Rautenbach beschäftigt, als sich der Chef entschloss, an den mexikanischen Nemak-Konzern, einen der größten Zylinderkopfhersteller weltweit, zu verkaufen. „Wir haben gesehen, dass die Zeiten für Familienunternehmen sehr schwierig wurden“, sagte Harald Rautenbach bei der Feierstunde im Rathaus.

Wernigerode blieb Rautenbach auch nach dem Verkauf erhalten. In jungen Jahren bis 1945 hat er viel Zeit in der Stadt verbracht. „Dabei muss seine tiefe Heimatverbundenheit entstanden sein“, sagte Ludwig Hoffmann. Rautenbach engagierte sich für Kunst und Kultur, unterstützte das Schloss Wernigerode wie das Philharmonische Kammerorchester und entwarf für die Landesgartenschau 2006 einen Metallgarten. Die Stadtwächter an den Ortseingängen hat er ebenso gestiftet wie die „Windhexen“, eine Skulptur auf dem Kreisel am Veckenstedter Weg. Für sein Lebenswerk erhielt Rautenbach bereits 2005 den Bundesverdienstorden.

Für die wirtschaftliche Entwicklung habe Rautenbach starke Impulse gegeben, sagte Gaffert. „Dazu, dass es Wernigerode gut geht, haben Sie einen erheblichen Beitrag geleistet.“ Der Unternehmer revanchierte sich für das Lob. „Zehn Jahre Wernigerode waren die besten Jahre meines Lebens“, sagte er und fügte hinzu: „Ich bin Wernigeröder.“ Obwohl er sein zweites Zuhause in Darlingerode gefunden hat, wo er seiner Leidenschaft nachgeht – dem Gartenbau. Jeder sei eingeladen, seinen Garten zu besichtigen, sagte Rautenbach. „Ich bin sicher, das ist das Beste, das ich anbieten kann – besser als alle meine unternehmerischen Aktivitäten.“