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Kirche Harz Wie Wernigerodes neuer Pfarrer zu seiner Berufung fand

Frank Freudenberg ist der neue Pfarrer in Wernigerode. Wie will er das Gemeindeleben prägen? Woher kommt er? Und was zog ihn in den Harz?

Von Sandra Reulecke 07.10.2023, 22:51
Frank Freudenberg übernimmt die Pfarrstelle in der Neuen Evangelischen Kirchengemeinde Wernigerode. Sein Einführungsgottesdienst findet am Sonntag, 8. Oktober, in der Johanniskirche statt.
Frank Freudenberg übernimmt die Pfarrstelle in der Neuen Evangelischen Kirchengemeinde Wernigerode. Sein Einführungsgottesdienst findet am Sonntag, 8. Oktober, in der Johanniskirche statt. Foto: Sandra Reulecke

Wernigerode - Neue Stadt, neue Arbeitsstelle, neue Kollegen: Wenige Monate vor seinem 50. Geburtstag wagt Frank Freudenberg diesen Umbruch. Er tritt am Sonntag, 8. Oktober, eine Pfarrstelle in der Neuen Evangelischen Kirchengemeinde Wernigerode an.

Die Stadt, in der er künftig rund 2500 Gemeindeglieder betreut, habe ihm vom ersten Moment an gefallen. Auf Einladung von Juliane Schlenzig, ebenfalls Pfarrerin der Wernigeröder Gemeinde, habe er sie vor einigen Monaten besucht. „Eine Stadt, die so viele Urlauber lockt, heißt andere willkommen, die Einwohner sind offen und machen ihre Türen für Gäste auf. Das ist eine tolle Haltung“, sagt der 49-Jährige.

Ende Juni ist die Entscheidung gefallen: Gemeinsam mit der Familie geht es in den Harz. Dafür musste alles ganz schnell gehen: Haus finden, Schul- und Kita-Plätze ebenso, Kisten packen, verabschieden. „Wir wollten den Umzug für die Kinder so angenehm wie möglich gestalten und deshalb vor dem neuen Schuljahr herziehen“, erläutert er.

Erinnerungen an die Heimat aus Kindertagen geweckt

Nicht nur den Kindern – zwölf, neun und fünf Jahre alt– sei der Abschied schwergefallen gefallen. Zwölf Jahre lang waren sie im thüringischen Schlotheim zu Hause. Freudenberg war Gemeindepfarrer, seine Frau Katharina – ebenfalls Pfarrerin – arbeitete an einem Forschungsprojekt über das Kloster Volkenroda. „Wir haben in der Zeit viel in der Gemeinde vorangebracht. Die Menschen sind uns sehr ans Herz gewachsen“, sagt Frank Freudenberg. „Aber wir haben immer gewusst, dass Schlotheim nicht unsere letzte Etappe bleibt. Und nun war es Zeit für einen Wechsel, dafür etwas Neues zu beginnen.“

Die freie Stelle in Wernigerode sei zur rechten Zeit gekommen – zumal die Stadt Parallelen zu seinem Geburtsort aufweise. „Kleinteilig, Berge und Wälder drumherum – das ist wohl ganz tief in mir verankert.“ Geboren wurde er 1974 im Vogtland. „Im sogenannten Musikerviertel – da war es quasi Pflicht, dass ich Klavier- und Gitarrespielen lernte“, ergänzt er augenzwinkernd. Eine Fähigkeit, von der er als Pfarrer sehr profitiere. „Musik macht vieles leichter, sie verbindet.“ Ob über politische Grenzen oder andere Barrieren hinweg.

Dienst an der Waffe als Christ?

Sein heutiger Beruf sei ihm dagegen nicht in die Wiege gelegt worden. „Ich bin in einem semi-religiösen Elternhaus aufgewachsen.“ In seiner Zeit in der jungen Gemeinde sei die Idee entstanden, Pfarrer zu werden. „Die Zeit hat mich sehr geprägt und die Menschen haben mich mit ihrer Haltung überzeugt.“

Dennoch schlug er zunächst eine andere Richtung ein. Nach der politischen Wende zog die Familie nach Jena, Freudenberg legte das Abitur ab und ging als Sanitäter zur Armee. „Die Entscheidung hat mich viele schlaflose Nächte gekostet“, gesteht er. Kann er als Christ Dienst an der Waffe leisten? „In der Zeit gab es in Afrika eine Krise. Ich habe in den Nachrichten gesehen, wie Konvois mit Hilfsgütern überfallen wurden und nie bei denen ankamen, die sie benötigten. Da wusste ich, dass ich es im Notfall kann.“

Erster Beruf: Krankenhaus statt Kirche

Es folgte eine Ausbildung zum Krankenpfleger. „Es war 1995, keiner wusste damals, wohin sich die Gesellschaft und die Kirche entwickeln, also habe ich etwas Bodenständiges gelernt.“ Der Job habe ihm sehr gefallen. Dennoch gab er ihn nach einigen Jahren auf, zumindest fast. Mit Nachtschichten im Krankenhaus finanzierte er zeitweise sein Theologiestudium. „Ich dachte mir, wenn ich noch Pfarrer werden will, dann jetzt. Der Wunsch schlummerte immer in mir.“

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Nach dem Studium in Jena, Tübingen und London trat er sein Vikariat in Magdala (Thüringen) an. Gleichzeitig betreute er ein Studentenwohnheim in Jena. „Und in dieser Zeit habe ich geheiratet.“

Seine Frau arbeitet mittlerweile als Referentin für die Kirche Kunterbunt in der Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und parallel dazu an der Uni Halle. Verknappt gesagt, beschäftigt sie sich damit, wie Kirche zukunftsfähig werden kann.

Mehr Kirchenaustritte als je zuvor

Eine große Herausforderung: Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat einen Abwärtstrend zu verzeichnen. Im vorigen Jahr erklärten rund 380.000 Mitglieder ihren Austritt – mehr als jemals zuvor. Hinzukommt, dass mehr als doppelt so viele Kirchenmitglieder sterben als durch Taufe in die Kirche aufgenommen werden. Die Mitgliederzahl sank damit auf 19,15 Millionen.

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Dass dieser Trend gebremst wird, benötige Umbrüche, die Öffnung für Veränderung, so Frank Freudenberg. Kirche müsse Begegnungsräume schaffen, die Menschen ansprechen, die sich von Gottesdiensten allein nicht angesprochen fühlen. Die Corona-Pandemie habe dies jedoch erschwert. Das Gemeindeleben habe unter Abstandsregeln und Kontaktverboten gelitten. Keine Veranstaltungen, kaum Jugendarbeit, kaum Treffen zugelassen. Er wünsche sich, dass wieder mehr Beisammensein stattfinde – nicht nur für Gemeindeglieder, sondern durchaus auch für Touristen. „Ich denke, Menschen sind im Urlaub offener als sonst für spirituelle Fragen, Fragen des Lebens.“ Das wolle er aufgreifen.

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„Es ist mein Anliegen, Menschen zusammenzubringen und Gräben zu überwinden.“ Etwa in gesellschaftlichen und politischen Fragen. „Man muss trotz aller Kontroversen miteinander im Gespräch bleiben“, betont er. „Das ist mir in Schlotheim gelungen, auch wenn es nicht immer leicht war, und das möchte ich hier fortsetzen.“

Wunsch: Pfadfindergruppe in Wernigerode gründen

Ideen habe er einige für Veranstaltungsformate und Aktionen. „Ich war immer ein begeisterter Pfadfinder und das würde ich hier gern etablieren.“ Doch er wolle nicht in Aktionismus verfallen, sondern erst einmal ein Gefühl für die Stadt bekommen, dafür, was gewollt ist, wo die Kirche im Stadtgefüge steht.

Er wisse, dass er als Nachfolger von Heide Liebold-Bier in große Fußstapfen trete. „Meine Vorgängerin hat viel aufgebaut und ins Leben gerufen, sie ist sehr beliebt“, sagt Freudenberg. „Das ist ein großer Schatz, daran möchte ich anknüpfen.“