Biomüll Biomüll wird in Wolmirstedt getestet
Nicht alles, was in den Biotonnen landet, gehört dort auch hinein. Nun beschäftigen sich Studenten mit den sogenannten Störstoffen. Das Ergebnis wird in der nächsten Gebührenkalkulation spürbar sein.
Wolmirstedt - Breit liegt der Inhalt brauner Biotonnen auf dem Sortiertisch. Schon auf den ersten Blick wird deutlich, nicht alles, was sich dort auftürmt, wird in nächster Zeit verrotten. Plastik, Metall und Steine haben darin nichts zu suchen, werden aussortiert. Wieviele solcher Störstoffe im Biomüll des Landkreises Börde aufzufinden sind, ermitteln derzeit Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal, der Studienrichtung Recycling und Entsorgung. Sie verbringen ihre Tage derzeit beim Kommunalservice Börde, bei der Abfallentsorgung in Elbeu. Das Ergebnis ihrer Studie fließt in die nächste Gebührenkalkulation mit ein.
Grundsätzlich ist Biomüll für Bürger kostenlos
Grundsätzlich müssen Bürger für die Entsorgung des Bioabfalls nichts bezahlen. Die Abfälle aus Küche und Garten werden entweder kompostiert oder in Biomassevergärungsanlagen zu Gas. Doch das kostenlose Prinzip funktioniert nur, wenn in den Biotonnen keine Fremdstoffe enthalten sind. Sowohl die Kompostierungsanlage, als auch die Biomassevergärung brauchen reine Biowertstoffe.
Deshalb wird Biomüll von den Betreibern der Kompostierungs- und Biomassevergärungsanlagen vor der Weiterverarbeitung kontrolliert. Schließlich sollen mit dem Kompost keine Plastikteile auf den Acker gelangen, auch nicht als geschreddertes Material, das sich als Mikroplastik untermischt. Steine machen Aufbereitungsanlagen kaputt.
Die aussortierten Metalle, Plastik oder Steine wandern also unter anderem in den Restmüll oder in die Müllverbrennungsanlage. Diese Art Entsorgung ist nicht kostenlos zu haben und wird dem Kommunalservice Börde in Rechnung gestellt. Der wiederum legt das auf die Gebühren um, für falsch befüllte Biotonnen müssen alle Bürger zahlen.
Für Störstoffe müssen Bürger zahlen
Nun werden die Leistungen neu ausgeschrieben, deshalb müssen die Vorstände Matthias Voigt und Dr. Dennis Gruber wissen, wie hoch der Anteil fremder Stoffe ist. Die anschließende Gebührenkalkulation gilt für drei Jahre. Sollte sich herausstellen, dass der Anteil der Störstoffe unangemessen hoch ist, erwägt der Kommunalservice Börde, einen Scanner an das entsprechende Fahrzeug zu montieren, der den Tonneninhalt erkennt. So ein Gerät kosten gut 40000 Euro. Sollte es soweit kommen, werden auch diese Kosten auf die Gebühren für die Bürger umgelegt.
Jana Neumann und Karl Nowack gehören zu den Studenten, die sich Schutzmasken aufgesetzt und Gummihandschuhe angezogen haben. „Ich wollte einen Einblick bekommen und wissen, wie alles entsorgt wird“, sagt die 23-Jährige. Nach dem ersten Tag am Sortiertisch zeigte sie sich enttäuscht, weil längst nicht alles so sortiert wird, wie es sein sollte. Angesichts der Fremdstoffe sorgt sie sich um Pflanzen und Tiere. „Ich sehe allein hier auf der Annahmestelle in Elbeu viele Vögel, die Futter suchen.“ Dabei werden Plastikteile mitverschluckt. Auch deshalb sieht sie Menschen in der Verantwortung: „Vögel können nicht sortieren.“
Im ländlichen Raum wird besser sortiert, als in Städten
Karl Nowack wollte sehen, wie so eine Anlage funktioniert. Dabei hat er erfahren: „Im ländlichen Raum wird besser sortiert, als in den Städten.“ Diese Erfahrung bestätigt Dozent. Carsten Cuhls. Der Professor für Abfallaufbereitungstechnik weiß aus langjähriger Erfahrung: „Beim Biomüll, der aus großen Plattenbausiedlungen kommt, hat man oft den Eindruck, die Bürger stecken ihren Müll in die Tonne, die noch Platz bietet.“
In einem großen Mietshaus wohnt auch Karl Nowack in einer Wohngemeinschaft (WG). „Dort wird schlecht sortiert“, hat der 22-Jährige beobachtet. Dabei steht gerade die junge Generation und ihre Fridays-for-Future-Bewegung im Ruf, sehr umweltbewusst zu sein. „Nein“, widerspricht Karl Nowack, „nicht alle jungen Leute sind überall umweltbewusst. Manche fahren Zug, weil es grüner ist, aber trennen keinen Müll.“ Trotzdem will er eine Lanze brechen: „Manchmal weiß man einfach nicht, was wohin gehört.“
Studenten schnuppern Praxisluft
Umso wichtiger erscheint es Professor Carsten Cuhls, die junge Generation Praxisluft schnuppern zu lassen. Die riecht bei der Müllsortierung sehr unangenehm. „Der erste Tag war für die Studenten ein Schock“, hat er beobachtet, „sie finden im Biomüll Batterien, aber auch tote Haustiere.“
Während die Studenten nach einer Woche wieder weg sind, arbeitet Ramona Gmell immer auf der Annahmestelle, fährt sortierten Müll mit dem Radlader zur Sammelstation. Ihr macht die Arbeit Freude, sie mag es, die großen Maschinen zu beherrschen. Aber Müll ? Ramona Gmell zuckt mit den Schultern. „Wir produzieren doch den Müll, jemand muss sich darum kümmern.“
Ende Juni liegen die Rohdaten aus der Studentenanalyse vor, die Auswertung erfolgt im September. Für Jana Neumann ist schon jetzt klar: „Müll sortieren ist wichtig, denn ich möchte noch ein bisschen auf diesem Planeten leben.“