Schottergärten Der lasche Kampf gegen Steinwüsten
Graue Wüste, statt grüner Rasen. Das Anlegen von Schottergärten ist in Sachsen-Anhalt seit dem 2021 verboten. Doch wird das Verbot auch durchgesetzt? Wie sieht es in Barleben und der Niederen Börde aus?

Groß Ammensleben/Barleben - Über Geschmack lässt sich trefflich streiten. Vor allem wenn es um Schottergärten geht. Für die einen bedeuten sie einen niedrigen Pflegeaufwand. Die anderen finden sie abgrundtief hässlich, schließlich erinnern sie an lebensfeindliche Mondlandschaften. Und genau deshalb, nämlich wegen des Umwelt- und Naturschutzes, dürfen die Steinwüsten in Sachsen-Anhalt seit März 2021 nicht mehr neu angelegt werden. So sieht es die geänderte Bauordnung des Landes vor.
Zwar kommt das Wort „Schottergärten“ in dem Gesetzestext nicht vor. Doch im Paragraf 8, Absatz 2, heißt es, dass Außenflächen „wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen" sowie "zu begrünen oder zu bepflanzen" sind. Doch weil bei Schottergärten wasser- und lichtundurchlässige Folien und Fliese eingebaut werden, lesen Fachleute ein Verbot der Schottergärten heraus. Schließlich verhindern die eingebauten Materialien wirkungsvoll die Entwicklung von Pflanzen und Tieren.
So sieht das auch Ina Stimpel, Fachdienstleiterin „Gemeindeentwicklung“ der Niederen Börde. Sie verweist auf eine Mitteilung ihrer Abteilung, die bereits vor zwei Jahren im Amtsblatt der Gemeinde veröffentlicht wurde. Darin sind hatte die Verwaltung Hausbesitzer dazu aufgerufen, ihre Vorgärten nicht mit Schotter oder Kies zuschütten zu lassen. „Die Gründe sind vielfältig. In jedem Fall gibt es bessere Alternativen als einen Schottergarten. Denn Schotter hat sehr viele Nachteile“, war dort zu lesen.
Tiere finden keine Nahrung
So sei ein Schottergarten nicht nur teuer in der Anschaffung, „Vögel und andere Gartentiere finden weder Nahrung noch Lebensraum“, hieß es weiter. Zudem heizten sich die Steine immer Sommer stark auf. Tatsächlich kann der Temperaturunterschied im Gegensatz beispielsweise zu Rasen bei bis zu 40 Grad Celsius liegen. Das ist schlecht fürs Mikroklima. „Auch aus diesem Grund ist das Verbot erlassen worden“, erklärt die Fachdienstleiterin gegenüber der Volksstimme. Doch auch für die Hausbesitzer ergibt sich damit ein entscheidender Nachteil: Weil die Steine in der Nacht ihre Wärme nur nach und nach abgeben, wird es schnell auch in den eigenen vier Wänden heiß.
Zudem werde ein Schottergarten nach spätestens zwei bis fünf Jahren durch Algen und Pflanzenaufwuchs unansehnlich, hatte die Verwaltung vor zwei Jahren weiter mitgeteilt Tatsächlich tragen nämlich Vögel und Wind tragen Samen ein, die Pflanzen ausbilden. Somit sei regelmäßiges und aufwendiges Reinigen nötig. Hierfür kämen oft laute Laubbläser und Hochdruckreiniger zum Einsatz, deren Energieverbrauch Geld kostet und Kleinlebewesen schädige.
Oftmals würden auch Pestizide verwendet, die Lebewesen töten. Zudem werde im Gegensatz zu Pflanzenbewuchs kein Feinstaub gefiltert. Damit steige die Staubbelastung. Auch Lärm werde nicht geschluckt sowie der Boden verdichtet und versiegelt. Somit kann kein Wasser versickern und Hochwassersituationen etwa bei starken Regenfällen begünstigt. Zu guter Letzt wirkten Schottergärten monoton.
Hier werden wir ganz genau hinschauen und das Schottergartenverbot durchsetzen.
Fachdienstleiterin Ina Stimpel
Doch wie wird das Schottergartenverbot des Landes überhaupt durchgesetzt? Verantwortlich ist der Landkreis als Genehmigungsbehörde. „Dem Bauordnungsamt des Landkreis Börde liegen keine Verstöße gegen das Anlegen von Schottergärten vor“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage schriftlich mit. Die Behörde sei auf entsprechende Meldungen aus den Gemeinden angewiesen. Erst dann könne der Landkreis tätig werden.
So hat beispielsweise auch Barleben bisher keine illegalen Schottergärten gemeldet. Und das habe einen Grund, wie aus dem Rathaus zu erfahren ist. Weil der Landkreis nämlich für Baugenehmigungen zuständig ist, obliege ihm auch die Kontrolle, ist aus dem Rathaus zu erfahren.
Gemeinde kann Kontrollen nicht stemmen
Für Ina Stimpel von der Niederen Börde ist indes klar, dass die Gemeinde Kontrollen nicht stemmen kann – nicht nur aus personeller Hinsicht. Auch sie meint, der Landkreis ist für Kontrollen zuständig. „Natürlich würden wir verbotene Schottergärten weiterleiten. Doch es ist schwer festzustellen, wann diese angelegt wurden“, erklärt die Fachdienstleiterin. Vor März 2021 gebaute Steinwüsten sind nämlich von dem Verbot nicht betroffen, haben sozusagen Bestandsschutz. Außerdem seien seit Inkrafttreten der neuen Bauordnung keine weiteren Wohnbaugebiete in der Niederen Börde entwickelt worden, die entsprechende Kontrollen notwendig gemacht hätten.
Anders sieht es bei den Wohngebieten aus, wie sie gerade im Nordosten Groß Ammenslebens oder demnächst im Süden von Jersleben entstehen. „Das sind Gebiete, die nach einem Bebauungsplan der Gemeinde entstehen“, sagt Ina Stimpel. Somit sei hier die Niedere Börde die zuständige Kontrollbehörde. „Hier werden wir ganz genau hinschauen und das Schottergartenverbot durchsetzen“, verspricht die Amtsleiterin.