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Antrag beim Landkreis eingereicht - Ameos-Gruppe wird als Nachfolgerin genannt - Kreis prüft Rechtmäßigkeit Sana will sich vom Ohre-Klinikum trennen

Von Ivar Lüthe 16.05.2013, 03:15

Die Sana Kliniken AG will sich vom Haldensleber Ohre-Klinikum trennen. Mit einem Schreiben hat Sana den Landkreis um Einwilligung gebeten, das Ohre-Klinikum an die Ameos-Gruppe übertragen zu dürfen. Die Kreisverwaltung prüft nun die Rechtmäßigkeit des Antrages.

Haldensleben l Die Liebe war schnell vorbei: Nach sechs Jahren will sich Sana vom Ohre-Klinikum Haldensleben scheiden lassen - und ein neuer Bräutigam ist schon gefunden. Was monatelang als Gerücht kursierte, ist nun Gewissheit geworden: Die Sana Kliniken AG hat den Landkreis Börde in einem Schreiben um Erlaubnis gebeten, das Sana Ohre-Klinikum an die Ameos-Gruppe übertragen zu dürfen. Das hat Kreis-Sprecher Uwe Baumgart auf Nachfrage bestätigt.

Die "vorherige schriftliche Einwilligung" für einen Verkauf des Klinikums hatte sich der Landkreis im Privatisierungsvertrag vom 15. Dezember 2006 festgeschrieben. Ohne das Okay des Landkreises könne Sana das Ohre-Klinikum nicht einfach so verkaufen. An die "Erlaubnis" sind zudem Bedingungen geknüpft. So muss der neue Träger beispielsweise erklären, dass er die Regelungen des Privatisierungsvertrages übernimmt. Zielstellung sei, "den Akut- standort Haldensleben als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung uneingeschränkt zu sichern". Auch, dass das Krankenhaus als eigenständige Gesellschaft mit den jetzigen Fachabteilungen erhalten bleibt, sei "ein Aspekt, der in der juristischen Vorbetrachtung zur Abgabe der Einwilligung des Landkreises mit Blick auf die künftige Strategie eines neuen Trägers zu klären ist", so der Pressesprecher.

Eine Einwilligung zum Verkauf hat es noch nicht gegeben. Zunächst würden alle rechtlichen Aspekte geprüft. Unter anderem wird sich am heutigen Donnerstag der "Arbeitskreis Krankenhausversorgung des Kreistages Börde" in nichtöffentlicher Sitzung mit der Thematik beschäftigen. Dem Vernehmen nach war es bereits am Mittwoch in der Sitzung des Kreisausschusses nichtöffentlich Thema - und wird es auch im kommenden Kreistag am 22. Mai sein.

Die Unruhe und Unsicherheit unter den Beschäftigten des Ohre-Klinikums ist weiter hoch, sagt Betriebsratschef Frank Senkel. Er und seine Betriebsratskollegen hatten wochenlang vergeblich versucht, Klarheit in die Gerüchteküche zu bekommen. Doch Sana hüllte sich in Schweigen. Selbst ein Termin über die Einigungsstelle brachte keine Informationen. In einem offenen Brief an Landrat Hans Walker (CDU) und die Mitglieder des Kreistages klagt der Betriebsrat im Namen der Mitarbeiter über die aktuell unsichere Situation - und hofft auf politischen Beistand.

In dem Brief heißt es unter anderem: "Die Mitarbeiter des Sana Ohre-Klinikums können es nicht verstehen, warum sie schon wieder verkauft werden sollen". Im Zuge der Privatisierung des Krankenhauses habe man den Mitarbeitern erklärt, dass sie mit der Sana AG einen starken Partner in schwierigen Zeiten bekommen. "Die Zeiten im Gesundheitssektor sind nicht einfacher geworden und nun will uns der ,starke Partner\' möglicherweise weiterverkaufen. Die Mitarbeiter machen sich große Sorgen um ihre Zukunft. Was wird mit ihren Arbeitsplätzen?", schreibt der Betriebsrat.

Er erinnert auch an die bisher schon erfolgten Umbrüche, die die Mitarbeiter erleben mussten: Standortschließung 2007 in Wolmirstedt, Zusammenlegung der beiden Krankenhäuser, "verbunden mit einem erheblichen Personalabbau". Trotz aller Veränderungen der vergangenen Jahre sei es den Beschäftigten jedoch wichtig gewesen, die Patienten bestmöglich zu versorgen - und das wollten sie auch weiterhin.

"Wieder machen sich unter den Mitarbeitern Unsicherheiten breit. Stehen wieder neue Strukturveränderungen an? Müssen die Mitarbeiter einen erheblichen Lohnverzicht hinnehmen?", fragen Frank Senkel und seine Betriebsratskollegen. Sie bitten Landrat Walker und die Kreistagsmitglieder, "sich für die Interessen des Krankenhauses und der Mitarbeiter im Zuge eines möglichen Betreiberwechsels einzusetzen".

Sana-Konzern hält sich auch jetzt noch sehr bedeckt

"Wir möchten nicht zu einer Ware im Gesundheitsmarkt werden, die ständig weiter verkauft wird", so Frank Senkel. Viele Beschäftigte des Klinikums sehen es so, dass mit dem Trägerwechsel die kommunalpolitische Verantwortung des Landkreises nicht beendet ist.

Die Sana Kliniken AG hält sich auch jetzt noch sehr bedeckt. Auf Nachfrage der Volksstimme bestätigte Konzernsprecherin Susanne Heintzmann am Mittwoch lediglich, "dass derzeit neue Konzepte und Wege zur langfristigen Standortsicherung in Haldensleben gesucht werden, die sowohl die medizinische Versorgung der Bevölkerung als auch ökonomische Überlegungen widerspiegeln". Kein Wort von der eingereichten Verkaufsabsicht, dafür Verweise auf die Bevölkerungsentwicklung. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist es schlicht zu früh, Überlegungen in welche Richtung auch immer zu kommunizieren und zu kommentieren", so die Konzernsprecherin.

Die als Nachfolgerin genannte Ameos-Gruppe, die nur einen Steinwurf vom Ohre-Klinikum das Fachkrankenhaus betreibt, will sich derzeit zum Trägerwechsel ebenfalls nicht äußern. Auf Nachfrage sagte Markus Eugster, Sprecher der Ameos-Gruppe in Zürich: "Ja, grundsätzlich haben wir Interesse am Ohre-Klinikum in Haldensleben. Aber wir werden uns zum laufenden Verfahren nicht äußern. Sobald es etwas Definitives gibt, sind wir dazu sehr gern bereit." Die Ameos-Gruppe betreibt in Haldensleben, Oschersleben, Halberstadt und im Salzlandkreis Kliniken beziehungsweise Außenstellen.

Interesse an einer Übernahme des Ohre-Klinikums haben auch die Johanniter bekundet. Sie hatten sich bereits vor sechs Jahren um das Klinikum beworben. Johanniter-Sprecherin Regina Villavicencio sagte am Mittwoch auf Volksstimme-Anfrage: "Wir haben Interesse am Klinikum Haldensleben und haben auch ein Angebot an Sana abgegeben". Eine Antwort von Sana liege ihres Wissens nach aber noch nicht vor.

Der Betriebsrat des Ohre-Klinikums sieht schon jetzt, dass das Klinikum in Haldensleben Schaden genommen hat. "Die Sana AG und die Sana Ohre-Klinikum Haldensleben GmbH haben verabsäumt, sich zu den Gerüchten klar zu positionieren. Das Vertrauen der Bevölkerung, der Patienten und der Mitarbeiter in die bisher erreichte Qualität der medizinischen Versorgung und die Zukunftsfähigkeit des Klinikums schwindet. So muss man sich dann nicht wundern, wenn sich hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen."