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Gemälde von Lucas Cranach soll nach Restauration zurückkehren Ein Meisterwerk für Sankt Bartholomäi

07.04.2015, 01:33

Die Reformation hat vor knapp 500 Jahren die Welt verändert. Einer der bedeutensten reformatischen Maler ist Lucas Cranach. Ein lange vergessenes Gemälde des Künstlers steht nun wieder im Mittelpunkt des Geschehens.

Zerbst/Dessau l Die Kirche Sankt Bartolomäi in Zerbst brennt. So war es 1945. "Damals brannte das Gebäude vollkommen aus", weiß Albrecht Lindemann, heutiger Pfarrer in St. Bartholomäi. Die meisten Menschen hätten damals gedacht, das Gemälde "Gnadenstuhl mit den Portraits der Fürsten Wolfgang und Joachim von Anhalt" sei bei dem Brand zerstört wurden. Dabei ist das Bild von Lucas Cranach gar nicht den Flammen zum Opfer gefallen.

Vielmehr fand es den Weg nach Halle in das Landesarchiv. Wann genau könne man nicht mehr sagen, erklärt Lindemann: "Auch Aufnahmen aus den Zeiten vor dem Brand zeigen das Bild nicht im Inneren der Kirche."

Am Ende wusste fast niemand mehr, dass es überhaupt noch existiert. Denn auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Werkes fand bisher nicht statt.

In den 1950er Jahren wurde es schließlich wieder gefunden und als Gemälde Cranachs identifiziert. Denn das scheinbar Offensichtliche war alles andere als offensichtlich.

Seitdem der Maler das Bild ungefähr um das Jahr 1565 geschaffen hatte, wurde es mehrfach übermalt. Die Originalvariante zeigte die Heilige Dreifaltigkeit bestehend aus Gottvater, Jesus Christus und dem Heiligen Geist.

"In Auftrag gegeben wurde es wahrscheinlich von Wolfgang von Anhalt, dem damaligen Fürsten", erklärt Nadine Willing-Stritzke. Sie ist Ausstellungsassistentin der Landesschau "Cranach in Anhalt".

Im Rahmen dieser Ausstellung soll auch das Gemälde "Gnadenstuhl" gezeigt werden, weswegen es in diesen Tagen und Wochen aufwendig restauriert wird. Dabei legt Grit Jemrich keineswegs das einstige Original frei, wie es vor den Übermalungen war, sondern bessert Schäden aus oder verstärkt Farben. "Die Farbe wurde zum Teil auch abgekratzt, damit man eine neue Grundierung auftragen und es abermals bemalen kann", erklärt Nadine Willing-Stritzke.

Wer sich nun fragt, warum ein Gemälde aus einer Kirche übermalt wird, der findet genau auch da seine Antwort.

In der damaligen Zeit haben die kirchlichen Kunstwerke auch immer die Konfession des jeweiligen Landesfürsten dargestellt. Da mit der Reformation neben dem Katholizismus auch noch eine andere große Konfession entstanden war, wechselten auch die Kunstwerke ihre "Glaubensrichtung".

Vielmehr noch gab es in Zerbst auch einst eine calvinistische Tradition. In den Augen eines Kunstliebhabers ist genau das die Wurzel des schändlichen Übermalens. Ist es in der lutherisch geprägten reformatorischen Bewegung nicht unüblich Gott darzustellen, ist es bei den calvinistischen Strömungen verpönt. Gott könne man nicht darstellen, sagen die Calvinisten.

Als dann wiederum Zerbst dem Calvinismus abschwor, wagte sich der Hofmaler Beck an das Cranach-Gemälde. Er stellte 1853 einen Altar mit leerem Kreuz, Abendmahlsgerät und eine Bibel ins Zentrum des Bildes. Seitdem wurde es nicht mehr verändert.

Albrecht Lindemann: "Dieses Gemälde wird man wohl nie als `schön` in dem Sinne bezeichnen, wie man ein Werk betiteln würde", sagt der Pfarrer aus Zerbst und präzisiert: "Aber es erzählt die anhaltinische Konfessionsgeschichte wie wohl kaum ein anderes."

Nach der Ausstellung soll das Gemälde wieder nach Zerbst in die Bartholomäi-Kirche zurückkehren. "Ich freue mich schon sehr darauf", gibt Albrecht Lindemann mit stolzer Stimme zu.